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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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vergisst, dass du suspendiert bist. Ich hätte nie und nimmer Befehle von dir annehmen dürfen.«
    Heinzmanns Lachen fror ein.
    Regazzoni zog an seiner Krawatte. Es war ihm im gekühlten Institut deutlich zu heiß geworden. Er atmete immer schwerer, riss den Medizinerkittel auf. »Ich bekomme Hitzewallungen.« Er schnappte nach Luft.
    Andi Baumer wollte einen Versuch wagen, ihn aufzumuntern, aber als er ansetzte, fehlten ihm schlicht die Worte. Also versuchte er, den Mediziner einfach nur zu umarmen.
    Regazzoni wehrte den Kommissar reflexartig mit hochschnellenden Armen und irren Schlagbewegungen seiner Hände ab, als wolle er einen Schwarm Wespen verscheuchen.
    Baumer gab seinen Versuch sogleich auf.
    Der Gerichtsmediziner beruhigte sich aber nicht mehr. »Ich bin …«, er hyperventilierte beinahe, »… doch ein wenig aufgewühlt.« Er versuchte, seine Schultern auszuschütteln. »Also, meine Herren, mit Ihrer Erlaubnis … werde ich jetzt ins Labor arbeiten gehen. Das wird mich ablenken.« Er versuchte ein Lächeln. Es missriet gründlich.
    Ja, arbeiten, dachte Baumer. Das war das Beste, was man tun konnte in solch einer Situation. Arbeiten, ohne Pause. Außerdem machte es glücklich, wusste er und sogleich sah er seine Großmutter aus dem Oberbaselbiet wieder, wie sie im Hof ihres kleinen Anwesens Holzscheite kleinhackte, und er hörte sie reden: »Schau immer, Andi ...«, KRACK, »… dass du etwas arbeiten kannst.« KRWACK. »Sonst wirst du unglücklich.« KWRACK. KRACK. »So, das ist genug Holz.« Und die Großmutter legte sich die paar Scheite in den Arm, stapfte in ihren klobigen Filzschuhen wieder zurück in die Küche, wo sie die Stücke neben dem Küchenofen stapelte. Sie öffnete das Türchen zum Feuer. Das schien erloschen. Mit einem Eisen stieß die Rentnerin in die graue Asche. Orangerote Glut erschien sogleich. Sie nährte sich an der frischen Luft, glimmte heller auf. Schnell legte die Großmutter kleine Holzspäne hinein, und Flammen züngelten auf. Behutsam, vorsichtig, legte die alte Frau ihre Scheite hinzu. Die Flammen sprangen von Holz zu Holz, entwickelten sich zum Feuer, das schließlich lichterloh brannte.
    »Ja. Großmutter«, murmelte Andi. »Auch wenn das Feuer aus ist, hat es immer noch Glut.«
    »Gibt es denn noch Glut in diesem Fall, Andi?«, fragte sie.
    »Ja, Glut, die gibt es«, sagte Baumer laut.
    Als er schließlich aus seinem Tagtraum fiel, blicke er direkt in die Augen seines Freundes Heinzmann, der nur wenige Zentimeter vor ihm stand und ihn schüttelte.
    »Von welcher Glut sprichst du, Andi?«

13
    Beat Rötheli schlug dem Rockertypen, der in der Verhörzelle des Basler Untersuchungsgefängnisses Waaghof auf einem kalten Metallstuhl saß, mit der flachen Hand von hinten an den Kopf. Strähnige Haare flogen auf.
    »Arrh«, jaulte der mit Handschellen gefesselte 30-Jährige auf.
    »Schnauze!«, brüllte Rötheli und gab dem mittelgroßen Drögeler gleich noch einen Schlag auf den Hinterkopf. Der Rocker biss die Zähne zusammen, sagte nichts mehr, schaute nur wütend unter seinen schwarzen Girlanden hervor.
    Rötheli bewegte sich wieder auf die andere Seite des Tisches. Er setzte sich, lehnte sich weit nach vorne und schob seinem Gefangenen das spitze Kinn ins Gesicht.
    Der beugte sich zurück, wollte seinen Kopf wegdrehen.
    Der Chef der Zivilpolizei schlug ihm sofort auf die rechte Wange. »Schau mich an, wenn ich mit dir rede!«
    Der Rocker schaute.
    »So ist’s gut.« Rötheli lehnte sich wieder nach hinten, lächelte süffisant.
    Der eher hagere Untersuchungshäftling konnte das Lächeln nicht erwidern.
    »Willst du immer noch leugnen?«
    Der Kleindealer kannte das Spiel. Er war schon mehrfach wegen Drogendelikten kassiert worden. Er wusste, dass leugnen zwecklos war. Früher oder später erfuhren die Bullen doch, was sie wollten. So hatte er früh gelernt, ihnen zu geben, was sie wollten. Meist beließen es die Typen dann bei den Dingen, die man von sich aus sofort zugab. Die weniger offensichtlichen Missetaten, die sie nur ahnen konnten, erließen einem die Bullen dann gnädigerweise, denn die hätten sowieso nur intensive Ermittlungsarbeit notwendig gemacht. Davor scheuten die meisten jedoch zurück, hatten sie doch eh zu viele Überstunden auf dem Tacho und konnten sich langwierige Untersuchungen mit vager Erfolgsaussicht nicht leisten. Wenn man ihnen die Arbeit aber extra schwer machte, wusste der schwarzhaarige Rocker nur zu gut, würden die Bullen noch den letzten

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