In der Hitze der Stadt
Stein umkehren, um einen so lange wie möglich einzubuchten.
Der Rocker zog die Hände zu sich. Die Handgelenke schmerzten. Er versuchte die Handschellen ein wenig zu bewegen, an andere Hautstellen hinzuschieben, die gerade nicht wehtaten. Es war Zeit, dass er die Dinger abbekam. Er schaute auf, blickte in das kantige Gesicht des Zivilbullen. Dieser Hund war ein ganz spezielles Kaliber. Der würde einen fertigmachen, bei dem gab es kein Mitleid.
Dennoch.
Er musste hier so viel herausholen, wie es nur ging. Er hatte genug Dreck am Stecken, da machte er sich selbst nichts vor. Er könnte für lange Zeit eingebuchtet werden, das ging hier Ruck Zuck. Aber zwei oder drei Jahre mehr oder weniger im Knast, das machte schon einen gewaltigen Unterschied. Er musste sein Spiel durchziehen. »Ich habe nichts getan«, betonte er jedes Wort.
Rötheli sprang nach vorne, griff über den Tisch und drückte den Drögeler rabiat an seinen Haaren nach unten. Wuchtig knallte der Kopf des Rockers auf den Tisch.
Der Angegriffene schrie laut auf. Niemand hörte ihn.
Rötheli drückte den Kopf des Langhaarigen immer noch auf den Tisch. »Lüg mich nicht an, du Sauhund«, spuckte er.
Der Rocker wimmerte.
»Ja, heul dich nur aus«, knirschte der Zivilpolizist und ließ den Gefangenen endlich los. »Wir sind hier ganz alleine. Tu dir nur keinen Zwang an.« Er nahm ein Taschentuch, wischte sich das Fett von der Hand, das er von den strähnigen Haaren des Rockers abbekommen hatte.
Der Kleinkriminelle hatte aufgehört zu stöhnen. Er hielt den Kopf nach hinten, weil seine Nase blutete. Immer wieder strich er sich das mit Schleim vermischte Blut unter der Nase weg.
Beat Rötheli warf ihm ein Handtuch hin. »Putz dich, du Schwein.«
Der Rocker nahm das Tuch, presste es unter seine Nase.
Der Chef der Zivilen blickte angewidert. Je mehr er sein Gegenüber plagte, umso mehr verlor er den Respekt vor ihm. Der Mann widerte ihn nur noch an.
Jonas Winter – so hieß der kleinkriminelle Rocker – musste schwer atmen. Blut tropfte immer noch aus der Nase, durch die er nur mit Mühe Luft bekam. Wütend warf er seine Haare aus dem Gesicht, blickte mit Hass auf den Bullen vor ihm. Der war ein harter Hund, das hatte er sofort gespürt, als der allein mit ihm sein wollte und gleich zu Beginn die Verhörzelle von innen abgesperrt hatte. Fenster gab es keine in diesem Raum, auch kein Doppelspiegel, hinter dem sich andere Bullen an diesem Schauspiel hier aufgeilten. Er war ganz allein mit diesem Wicht, der sein mickriges Selbstbewusstsein hinter umso größerer Brutalität versteckte.
Aber dieses Bullenschwein hat mich einmal zu viel gedemütigt, sprach der drogenabhängige 30-Jährige zu sich. Dieser Arsch meint, dass er so herausfindet, was ich getan habe. Der Rocker lachte. Da täuscht er sich gewaltig. Der wird nie erfahren, was wirklich geschehen ist. Der ist zu dumm, um zu schnallen, worum es wirklich geht. Nie kommt der dahinter. Nie. Da müsste schon ein echter Kommissar kommen und mich in die Mangel nehmen.
*
Daniel Schneider saß an seinem Schreibtisch im größten Büro, das der Spiegelhof hergab. Er war die Ruhe selbst. Soeben hatte er ein Telefongespräch geführt. Nun legte er den Hörer des Telefons zurück auf die Gabel. Schneider war von einem stadtbekannten Anwalt aus der linksradikalen Szene angerufen worden. Er kannte den Anwalt, weil dieser ständig in den Medien präsent war. Er war so etwas wie eine Basler Ikone. Jedes Mal, wenn er auf dem Bildschirm auftauchte, wusste der Zuschauer sofort, dass es in der Sendung um irgendeine Polizeibrutalität oder die Missachtung von Asylgesetzen oder so was in der Art gehen musste.
Der junge Chef der baselstädtischen Kriminalpolizei war nach dem Gespräch wider Erwarten entspannt, obschon der Jurist aus dem extremen linken Lager dafür berüchtigt war, harte Kritik an der Polizei zu üben. Doch er hatte ihn nicht persönlich angegriffen. Er hatte ihn darüber informiert, dass sich im Polizeikorps etwas ereignet hatte, das nicht ganz legal schien. Dabei hatte er für einmal auf seine übliche Rhetorik verzichtet. Die sparte er sich wohl für die Abendnachrichten bei Telebasel auf.
Der Chef der Kriminalpolizei hatte trotz der happigen Vorwürfe gegenüber seiner Behörde keinerlei Grund sich zu sorgen. Er saß entspannt an seinem Schreibtisch, die Hände vor sich auf dem Tisch. Er schwitzte nicht, ja lächelte sogar ein klein wenig. Eine interessante Geschichte hatte ihm dieser Anwalt
Weitere Kostenlose Bücher