In der Hitze jener Nacht
Trotzdem wollen wir es mit dem Gras versuchen. Und wenn es noch vor dem Winter wächst …“ Er zuckte mit den Schultern, sah sie prüfend an und lächelte plötzlich. „Du willst mich von meinem Bein ablenken, oder?“
„Na ja“, erwiderte sie und genoss das breite Lächeln, das er ihr schenkte. „Ja, stimmt. Und? Funktioniert es?“
„Ja.“ Er nickte. „Aber ich werde den Vortrag trotzdem lieber beenden, bevor du vor Langeweile einschläfst.“
„Ich finde es interessant“, entgegnete sie.
„Sicher. Deswegen sind deine Augen auch so glasig geworden.“
Maggie seufzte. „Okay, ich gebe es zu. Über Weideland zu sprechen ist etwas anstrengend. Aber wenn es um die Ranch geht, vergisst du wenigstens dein Bein.“
Er blieb stehen und rieb sich den Oberschenkel, als hätte die bloße Erwähnung den Schmerz neu entfacht. Dann hob Justice den Kopf und blickte in den weiten blauen Himmel, an dem dichte weiße Wolken vorüberzogen. „Ich habe es satt, über mein Bein nachzudenken. Ich habe diesen Gehstock satt. Und ich habe es satt, im Haus zu sitzen, statt auf der Ranch zu sein.“
„Justice …“
„Schon gut, Maggie.“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Ich bin einfach nur ungeduldig, das ist alles.“
Sie nickte verständnisvoll. Natürlich kannte sie diese Reaktion auch von Frauen, aber bei Männern beobachtete sie dieses Verhalten häufiger. Die meisten von ihnen hatten das Gefühl, in ein schwarzes Loch zu fallen, wenn sie gezwungen waren loszulassen. Denn bis zu diesem Moment waren sie diejenigen gewesen, die die Verantwortung für das Geschäft, das Haus oder die Familie trugen. Maggies Erfahrung nach fiel es Männern besonders schwer zu akzeptieren, dass sie Hilfe brauchten. Sie bildeten sich dann ein, sie wären ersetzbar. Dass es meist nur vorübergehend war, spielte dabei keine Rolle.
„Der Garten sieht gut aus“, sagte sie plötzlich.
Justice hob den Blick und sah sich um. „Ja. Die Rosen, die Mom gepflanzt hat, stehen kurz vor der Blüte.“
Sie ging über den breiten staubigen Weg, der rechts und links von hellen Steinen gesäumt war. Der betörende Duft der Rosen lud sie dazu ein, ihn tief in sich aufzunehmen.
Der Rosengarten lag direkt hinter dem Ranchhaus. Die große steinerne Terrasse führte in die Küche und das geräumige Wohnzimmer. Wie oft hatte Maggie frühmorgens am Küchentisch gesessen, ihren Kaffee genossen und in den Garten geschaut, den Justices Mutter so geliebt hatte! Die kreisförmigen Beete waren mit ganz unterschiedlichen Rosenarten bepflanzt. Justices Mutter hatte diesen Teil der Ranch in ein wunderbares Frühlings- und Sommerwunder verwandelt. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, und die ganze Pracht würde wieder duften und erblühen.
Als Maggie hörte, wie er hinter sie trat, drehte sie sich um. Das Sonnenlicht reflektierte auf den Fenstern des Hauses. Rechts neben ihnen stand immer noch die Steinbank, und aus der Nähe hörte Maggie das Plätschern des Springbrunnens, der vor langer Zeit in der Mitte des Gartens errichtet worden war.
Justice sah sie eindringlich an. Es war nicht das erste Mal, dass sie sich fragte, was er wohl dachte. Was sah er in ihr? Bedauerte er ihr schwieriges Verhältnis genauso sehr wie sie? Sie überlegte, ob er sie als ein Teil dieses Lebens betrachtete, ob sie zu seiner Geschichte gehörte. Oder hätte er die gemeinsame Zeit mittlerweile am liebsten aus seinem Gedächtnis verstrichen?
Dieser Gedanke war so deprimierend, dass Maggie ihn schnell vergessen wollte. Doch stattdessen sah sie Justice aufmerksam an und fragte: „Erinnerst du dich noch an den Sommersturm?“
Nach einem kurzen Moment nickte er lächelnd. „Wie könnte ich den vergessen?“ Er warf einen Blick auf die ordentlichen Rosenbeete und stieß dann mit der Fußspitze gegen einen der Steine. „Das war der Grund, warum wir diese Steine gelegt haben, weißt du noch?“
Eine leichte Brise wehte durch ihr Haar. Maggie lächelte. „Natürlich. Der Regen war so stark, dass die Wurzeln der Rosen aus der Erde geschwemmt worden sind.“ Nachdenklich schaute sie sich um und dachte an jene Nacht zurück. „Der Boden war völlig aufgeweicht, und sogar die Wurzeln der Büsche sind aus der Erde gerissen.“ Sie und Justice waren damals aus dem Haus gerannt, um den Garten seiner Mutter vor der völligen Zerstörung zu bewahren. „Wir haben bestimmt zwei Stunden hier draußen im Regen und Matsch gearbeitet, um die Pflanzen zu retten.“
„Wir haben’s
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