In der Mitte des Lebens
anderer, vom Ehrenamt, von der Sorge für andere gefordert ist,
braucht Ruhephasen, und in der Mitte des Lebens immer deutlicher. Elias Geschichte hat viel mit denen zu tun, die von der Anstrengung und den
Anforderungen erschöpft sind, und zeigt, wo neue Kraftquellen sind.
47 Psalm 27,1.
48 Vgl. Petra Gerster, Reifeprüfung. Die Frau von 50
Jahren, Berlin 2007.
49 Ebd., S.112.
50 Der folgende Textabschnitt ist teilweise übereinstimmend mit meiner Bibelarbeit beim
Katholikentag in Ulm am 17.6.04 zu 1.Könige 19,9-13.
51 Zum Folgenden vgl.:
Frank Crüsemann, Elia – die Entdeckung der Einheit Gottes:
eine Lektüre der Erzählungen über Elia und seine Zeit (1. Kön. 17 – 2. Kön. 2), Gütersloh 1997; Roland Gradwohl, Bibelauslegungen aus jüdischen
Quellen, Band 4, Stuttgart 1989; Hartmut Schmid, Das erste Buch der Könige, Wuppertal 2000; Claus Westermann (Hg.), Verkündigung des Kommenden, München
1958; Rudolf Weth (Hg.), Was hat die Kirche heute zu sagen, Neukirchen-Vluyn 1998.
Ängste überwinden
»Wer Krankheit und Angst nicht kennt, spricht über das Leben wie einer, der über die Welt spricht und nie gereist ist«: Ich weiß nicht
mehr, woher diese Weisheit stammt, aber sie hat mir sehr eingeleuchtet. Tiefe des Lebens jedenfalls erfahren wir immer durch Brüche und Krisen, denke
ich. Und die kommen früher oder später – in der Mitte des Lebens sind wir in der Regel schon einmal damit konfrontiert worden …
Krankheit kennen
Als ich die Diagnose »Brustkrebs« erhielt, habe ich von Anfang an Notizen gemacht, weil ich dachte: Es ist wichtig, diese Tage bewusst
zu erleben. Es folgen in Auszügen die Notizen der ersten drei Tage …
25. August 2006. Houston, wir haben ein Problem! Diagnose Brustkrebs. Merkwürdig, ich realisiere das bisher kaum. Es ist jetzt 15:45. Um 11 Uhr
war ich bei der Gynäkologin, Routineuntersuchung. Sie tastet meine Brust ab und sagt, sie würde gern einen Ultraschall machen. Danach meint sie, es wäre
gut, eine Mammografie durchzuführen, da sei Gewebe, das nicht normal sei. »Okay«, sage ich, »nächste Woche ist voll, aber Anfang September …« Sie
erwidert: »Frau Käßmann, ich möchte, dass Sie da jetzt, heute noch, hingehen.« Ich kenne die Ärztin seit sieben Jahren, sie neigt nicht dazu, mich zu
irgendetwas zu drängen. Sie bittet die Sprechstundenhilfezu schauen, bis wann die Radiologie geöffnet hat. Sie schließen um 13 Uhr am
Freitag, wenn ich also bis 12:30 Uhr da wäre …
Was soll’s, ich setze mich aufs Fahrrad, kaufe noch etwas ein, bringe die Tüte nach Hause, sage in der Kanzlei Bescheid und radle zur Radiologie. Tolle
hochmoderne Praxis! Die Bilder werden entwickelt auf einen Schirm gehängt. Ein Arzt kommt: »Mein Name ist Dr. P. Ihr Gesicht kommt mir ja gleich bekannt
vor!« Er zeigt mir am Bildschirm, wo das Gewebe nicht normal ist. Ein merkwürdiger Kreis, so ein bisschen wie ein Tornadowirbel, finde ich. Auch er will
noch einmal Ultraschall machen. Danach gehen wir in den ersten Raum zurück zu den Bildern. »Das ist also ein Tumor«, sagt er, »und der muss entfernt
werden.« »Meinen Sie Krebs?«, frage ich. »Ja, sagt er, nach meinen Erfahrungen ist das bösartig, aber ich bin nur der Radiologe.« »Und was heißt das?«,
frage ich. Er sagt: »Vielleicht nehmen sie noch eine Gewebeprobe, aber auf jeden Fall muss das operiert werden. Wo und bei wem, das klären Sie besser mit
Ihrer Gynäkologin.« »Und danach?«, frage ich, »Chemo oder sowas?« – »Das werden Sie dann entscheiden müssen«, meint er.
Dieses Gespräch läuft in vollkommener Sachlichkeit und Ruhe ab. Dr. P. bittet mich, noch Platz zu behalten, er wolle das kurz diktieren, ich könne die Unterlagen dann mitnehmen. Nach zehn Minuten kommt er heraus und sagt: »Ich habe Ihre Gynäkologin angerufen, sie wartet darauf, dass Sie gleich jetzt noch einmal vorbeikommen.«
Ich verabschiede mich, nehme meinen Umschlag und rufe die Praxis an. Ich wusste doch, meine Ärztin wollte um 13 Uhr nach Hause gehen. Aber nein, mir wird ausgerichtet, sie warte auf mich. Also radle ich mit Tempo zur Praxis. Sie schaut sich die Unterlagen ernst an und erklärt mir, der Tumor sei etwas mehr als einen Zentimeter im Durchmesser groß, daher könne brusterhaltend operiert werden, aber es sollte so schnell wie möglich sein. Sie schlägt ein Krankenhaus vor. »Eigentlich habe ich echt keine Zeit«, sage ich. »Wie lange dauert das?« Sie erklärt: »In einerWoche
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