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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition)
Autoren: Dennis Lehane
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Globe)
    DREI POLIZEIBEAMTE GRAUSAM HINGERICHTET
    (The Evening Standard)
    BLUTBAD IN WEST-MASSACHUSETTS
    (The Herald American)
    Die beiden Männer, die Joe in dem Teich entdeckt hatte, hießen Donald Belinski und Virgil Orten. Beide waren verheiratet gewesen. Orten hinterließ zwei Kinder. Nachdem er eine Zeitlang ihre Fotos betrachtet hatte, kam Joe zu dem Schluss, dass Orten hinter dem Steuer des Wagens gesessen hatte und Belinski derjenige gewesen war, der aus dem Wasser auf ihn gezeigt hatte.
    Er kannte den wahren Grund, warum sie tot waren: weil einer ihrer Kollegen blöd genug gewesen war, auf derart unebenem Terrain mit seiner verdammten Maschinenpistole wild aus einem fahrenden Wagen zu ballern. Und er selbst war Hickeys Termite gewesen; Donald und Virgil hätten sich niemals auf jenes Feld verirrt, wären er und die Bartolos nicht in ihre kleine Stadt gekommen, um eine ihrer kleinen Banken auszurauben.
    Der dritte tote Cop, Jacob Zobe, war ein Streifenpolizist gewesen, der am Rand des October Mountain State Forest einen Wagen angehalten hatte. Die erste Kugel hatte ihn in den Bauch getroffen, und als er sich vornübergekrümmt hatte, die zweite in die Stirn. Zudem hatten sie dem Toten noch den Knöchel gebrochen, als sie mit quietschenden Reifen die Flucht ergriffen hatten.
    Das klang nach Dion. Bei Schlägereien machte er es genauso – verpasste seinem Gegner erst mal einen satten Hieb in die Magengrube und bearbeitete dann so lange den Kopf, bis der andere endgültig am Boden lag. Soweit Joe bekannt, hatte Dion noch nie jemanden getötet, aber ein paarmal war er ziemlich nah dran gewesen, und außerdem hasste er die Bullen.
    Die Identität der Verdächtigen stand noch nicht fest, war zumindest noch nicht publik gemacht worden. Zwei der Gesuchten wurden als »gedrungen« und »von fremdländischer Herkunft und ebensolchem Geruch« beschrieben, während der Dritte – vermutlich ebenfalls ein Ausländer – von einer Kugel im Gesicht erwischt worden war. Joe betrachtete sich im Rückspiegel. Technisch gesehen konnte man das durchgehen lassen; im weiteren Sinne gehörte ein Ohrläppchen ja schließlich zum Gesicht. Nun ja, hatte es gehört.
    Obwohl die Cops bezüglich ihrer Namen offenbar noch im Dunkeln tappten, hatte ein Zeichner bereits Phantombilder von ihnen angefertigt. Unterhalb der Faltlinie der Zeitungen befanden sich Fotos der drei toten Polizisten, darüber die Zeichnungen von Dion, Paolo und Joe. Dion und Paolo wirkten feister als in Wirklichkeit, und Joe nahm sich vor, Emma zu fragen, ob er tatsächlich so hager und wölfisch aussah, doch davon abgesehen hatte man sie bemerkenswert gut getroffen.
    Sie waren in vier Bundesstaaten zur Fahndung ausgeschrieben. Zudem hatten die Behörden das FBI eingeschaltet, das sich anscheinend ebenfalls an der Verfolgung der Täter beteiligen wollte.
    Mittlerweile hatte garantiert auch sein Vater die Zeitungen zu Gesicht bekommen. Sein Vater, Thomas Coughlin, seines Zeichens stellvertretender Polizeichef von Boston.
    Sein Sohn, wegen Polizistenmordes gesucht.
    Seit dem Tod von Joes Mutter vor zwei Jahren arbeitete sein Vater sechs Tage die Woche bis zur totalen Erschöpfung. Angesichts einer Großfahndung nach seinem eigenen Sohn würde er sich eine Pritsche ins Büro stellen lassen und wahrscheinlich nicht mehr nach Hause kommen, ehe sie den Fall abgeschlossen hatten.
    Hier war er aufgewachsen, in diesem dreistöckigen Haus, einem imposanten Backsteingebäude mit Erkerfassade und geschwungenen Sitzbänken in den Fensternischen. Innen gab es Mahagonitreppen und Parkettböden, sechs Zimmer, zwei Badezimmer, beide mit fließend Wasser, und einen Speisesalon, der jedem englischen Schloss zur Ehre gereicht hätte.
    Als eine Frau Joe einmal gefragt hatte, wie es kam, dass er aus besten Verhältnissen, aus bestem Hause stammte und trotzdem zum Gangster geworden war, hatte er ihr darauf zwei Antworten gegeben: Erstens sei er kein Gangster, sondern ein Gesetzloser. Und zweitens komme er zwar aus besten Verhältnissen, aber deshalb noch lange nicht aus einem intakten Zuhause.
    Vom Telefon in der Küche rief Joe bei den Goulds an, aber niemand hob ab. In der Tasche, die er mit ins Haus genommen hatte, befanden sich zweiundsechzigtausend Dollar. Selbst durch drei geteilt blieb genug übrig, um einen einigermaßen sparsamen Mann zehn, möglicherweise fünfzehn Jahre lang über die Runden zu bringen. Joe war nicht besonders sparsam, weshalb er davon ausging, dass ihm die
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