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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition)
Autoren: Dennis Lehane
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und einen Arm hochschnellen sah, doch dann ging ihm schlagartig ein Licht auf. »Kopf runter«, rief er, und Dion und Paolo gingen sofort in Deckung. Der Arm bewegte sich erneut, dann nochmals, und im selben Augenblick regnete Glas auf die Straße, als der Außenspiegel zersplitterte.
    Joe lenkte den Wagen auf die East Street, fand die Gasse, die sie letzte Woche ausgespäht hatten, bog scharf links ab und trat das Gaspedal durch. Mehrere Häuserblocks lang fuhr er parallel zu den Bahngleisen, die hinter den Fabriken verliefen. Inzwischen konnten sie davon ausgehen, dass die Polizei informiert worden war; zwar hatten sie in der kurzen Zeit sicher noch keine Straßensperren errichtet, aber wahrscheinlich überprüften sie bereits die Reifenspuren vor der Bank und wussten, in welche Richtung sie geflüchtet waren.
    Am Morgen hatten sie drei Wagen gestohlen, alle in Chicopee, einem Nest, das etwa sechzig Meilen südlich lag – den Auburn, in dem sie jetzt unterwegs waren, sowie einen schwarzen Cole mit abgefahrenen Reifen und einen 24er Essex Coach mit rasselndem Motor.
    Joe überquerte die Schienen und fuhr eine weitere Meile am Silver Lake entlang, bis sie eine alte Gießerei erreicht hatten, die vor ein paar Jahren ausgebrannt war; leicht nach rechts geneigt, stand die kohlschwarze Ruine inmitten eines von Unkraut und Rohrkolben überwucherten Felds. Dort warteten die beiden anderen Wagen auf sie. Joe näherte sich der Rückseite des Gebäudes – die Wand dort war schon vor Ewigkeiten eingestürzt – und fuhr hinein. Sie parkten neben dem Cole und stiegen aus.
    Dion packte Joe am Revers seiner Jacke und stieß ihn gegen den Kotflügel. »Was, zum Teufel, ist bloß los mit dir?«
    »Ich habe einen Fehler gemacht«, sagte Joe.
    »Ja, letzte Woche«, schnauzte Dion. »Da war’s noch ’ne Ausnahme, aber jetzt wird’s allmählich zur Masche.«
    Das ließ sich nicht wegdiskutieren. Trotzdem sagte Joe: »Nimm die Finger weg.«
    Dion ließ ihn los. Schwer durch die Nase atmend, richtete er den ausgestreckten Zeigefinger auf Joe. »Du hast alles vermasselt!«
    Joe kramte ihre Hüte, die Halstücher und die Pistolen zusammen und verstaute sie in der Tasche mit der Beute. Dann beförderte er die Tasche auf den Rücksitz des Essex. »Das weiß ich selber.«
    Dion breitete die feisten Hände aus. »Wir sind Partner, seit wir Hose und Hemd an einem Stück getragen haben. Aber das hier ist eine Katastrophe.«
    »Wohl wahr.« Joe stimmte ihm bei, da sich das Offensichtliche schlecht von der Hand weisen ließ.
    Und dann waren sie auch schon da. Die Streifenwagen – vier waren es insgesamt – brachen durch eine Wand brauner Büsche am anderen Ende des Felds.
    Joe sprang hinter das Steuer des Essex und raste aus der Gießerei. Die Bartolos überholten ihn in ihrem Cole, dessen Heck hin und her schlingerte, als sie über einen Streifen roten Lehms bretterten. Der Dreck spritzte über Joes Windschutzscheibe, verkleisterte sie so, dass er nichts mehr sehen konnte. Er lehnte sich aus dem Fenster und wischte den Lehm weg, während er mit der Rechten lenkte, so gut es ging. Der Essex machte einen Satz über das unebene Terrain, und urplötzlich verspürte Joe etwas wie einen Biss am linken Ohr. Als er den Kopf blitzartig einzog, hatte er zwar wieder entschieden bessere Sicht, aber von seinem Ohr troff Blut, lief ihm in den Kragen und die Brust hinunter.
    Ein Klingklong-Stakkato – es klang, als würde jemand Münzen auf ein Blechdach werfen – ging auf das Rückfenster nieder, und dann zerbarst das Fenster in tausend Stücke, eine Kugel prallte vom Armaturenbrett ab. Ein Streifenwagen zog linker Hand auf gleiche Höhe, dann schloss der nächste rechts auf. Auf dem Rücksitz des Wagens zu seiner Rechten saß ein Cop, der eine Thompson-Maschinenpistole durchs Fenster schob und das Feuer auf ihn eröffnete. Joe stieg so hart auf die Bremse, dass sich die Stahlfedern des Sitzes brutal in sein Rückgrat bohrten. Das Beifahrerfenster zersplitterte, dann explodierte die Windschutzscheibe. Teile des Armaturenbretts prasselten auf Joe und den Beifahrersitz herab.
    Der Streifenwagen zu seiner Rechten kam ihm gefährlich nahe und versuchte zu bremsen, um einer Kollision zu entgehen. Die Hinterräder hoben vom Boden ab, als wäre das Heck von einem Windstoß erfasst worden. Joe sah gerade noch, wie der Wagen abschmierte und auf die Seite kippte, ehe der andere Streifenwagen den Essex rammte und vor ihm ein Fels aus dem Gestrüpp
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