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In der Nacht (German Edition)

In der Nacht (German Edition)

Titel: In der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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zum Hörer griff und darauf wartete, verbunden zu werden.
    Joe rauchte, während Smith auf Spanisch in den Hörer sprach. Dion übersetzte ein bisschen, und schließlich hängte Smith auf.
    »Er hat uns einen Tisch für neun Uhr reserviert«, sagte Dion.
    »Ich habe Ihnen einen Tisch für neun Uhr reserviert«, sagte Smith.
    »Besten Dank.« Joe schlug die Beine übereinander. »Die beiden sind Geschwister, richtig?«
    Smith nickte. »Ja. Esteban und Ivelia Suarez.«
    »Sagen Sie mal, Gary –«, begann Joe und riss einen losen Faden von seiner Socke ab. »Kriegen Sie Ihre Anweisungen direkt von Albert White?« Er ließ den Faden zwischen seinen Fingern baumeln und dann auf Gary L. Smiths Teppich fallen. »Oder gibt’s da einen Mittelsmann, den wir noch nicht kennen?«
    »Was?«
    »Wir haben Ihre Flaschen markiert, Smith.«
    »Wie bitte?«
    »Alle Flaschen, die von Ihren Leuten abgefüllt worden sind«, sagte Dion. »Vor ein paar Monaten haben wir damit angefangen. Kleine Punkte in der oberen rechten Ecke des Etiketts.«
    Gary lächelte Joe an, als könne er sich nichts Abstruseres vorstellen.
    »Tja, die ganzen Lieferungen, die nicht angekommen sind«, sagte Joe. »Fast alle Flaschen sind in einem von Albert Whites Speakeasys gelandet.« Er schnippte seine Zigarettenasche auf den Schreibtisch. »Haben Sie eine Erklärung dafür?«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Tatsächlich nicht?«
    »Nein. Ich –«
    Joe griff nach seiner Waffe. »Und ob Sie verstehen.«
    Gary lächelte, ehe sein Lächeln plötzlich wie weggewischt war. Dann lächelte er doch wieder. »Sie irren sich. Und jetzt mal ganz mit der Ruhe.«
    »Sie haben Albert White über unsere Lieferungen und Schmuggelrouten im Nordosten informiert.« Joe leerte das Magazin der 32er und ließ die Patronen in seine Handfläche gleiten.
    »Hey, hey«, sagte Gary.
    Joe spähte mit einem Auge den Lauf entlang. »Da ist noch eine in der Kammer«, sagte er zu Dion.
    »Sollte man grundsätzlich so halten. Nur für den Fall.«
    »Was für ’nen Fall?« Joe ließ die Patrone aus der Kammer springen, fing sie auf und legte sie auf den Schreibtisch – so, dass die Spitze auf Gary zeigte.
    »Keine Ahnung«, sagte Dion. »Den Fall der Fälle eben.«
    Joe rammte das Magazin zurück in den Griff, drückte eine Patrone in die Kammer und legte die Waffe in seinen Schoß. »Auf dem Weg hierher habe ich mir von Dion Ihr Haus zeigen lassen. Hübsch da draußen. Die Gegend heißt Hyde Park, stimmt’s?«
    »Äh, ja.«
    »Komisch.«
    »Was?«
    »Bei uns in Boston gibt’s auch einen Hyde Park.«
    »Oh. Das ist wirklich komisch.«
    »Jedenfalls ein interessanter Zufall.«
    »Ja.«
    »Und hübsch verputzt.«
    »Was?«
    »Na ja, Ihr Haus. Ein wahres Schmuckstück. Gefällt’s Ihnen dort?«
    »Bitte?«
    »In Ihrem Prachtbau. Gefällt’s Ihnen dort?«
    »Nun ja, inzwischen ist es ein bisschen groß für mich und meine Frau, nachdem die Kinder…«
    »Was?«
    »Sie sind erwachsen. Sie wohnen nicht mehr bei uns.«
    Joe kratzte sich mit dem Lauf der 32er am Hinterkopf. »Sie werden das Haus jedenfalls umgehend räumen.«
    »Ich –«
    »Oder Sie beauftragen ein Umzugsunternehmen.« Joe zog die Augenbrauen hoch und sah zum Telefon. »Die können Ihren Kram dann ja an Ihre neue Adresse schicken.«
    Smith versuchte die Illusion aufrechtzuerhalten, dass er nach wie vor Herr der Lage war. »Neue Adresse? Sie kriegen mich hier nicht weg.«
    Joe stand auf und griff in die Innentasche seines Jacketts. »Vögeln Sie die Kleine?«
    »Was? Wen?«
    Joe deutete mit dem Daumen auf die Tür hinter sich. »Miss Roe.«
    »Was?« , platzte Smith heraus.
    Joe sah zu Dion. »Er vögelt sie.«
    Dion erhob sich ebenfalls. »Jede Wette.«
    Joe förderte zwei Zugfahrkarten zutage. »Ein echtes Kunstwerk, die Frau. Wer in ihr einschläft, kommt dem Himmel bestimmt ziemlich nahe. Was soll einen danach noch kratzen?«
    Er legte die Tickets auf den Schreibtisch.
    »Mir ist egal, wer Sie begleitet – Ihre Frau, Miss Roe, von mir aus auch beide oder keine. Jedenfalls werden Sie den Zug um elf nehmen. Und zwar heute Abend, Gary.«
    Smith gab ein kurzes, trockenes Lachen von sich. »Sie haben offenbar nicht den blassesten Schimmer, was –«
    Joe schlug Gary so hart ins Gesicht, dass er von seinem Stuhl fiel und mit dem Kopf gegen die Wand knallte.
    Sie warteten, bis er sich wieder aufgerappelt hatte. Smith rückte den Stuhl zurecht und setzte sich wieder. Alles Blut war aus seinem Gesicht gewichen, auch wenn ein

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