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In der Oase

In der Oase

Titel: In der Oase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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Wunden versorgten, ihren Durst löschten und an Beute verstauten, was sie in ihren Ledertaschen unterbringen konnten. Viele waren in den Fluss getaucht, um sich den Dreck des Kampfes abzuwaschen, und spritzten rot funkelnde Tropfen in die Luft, als hätten sie mit dem Blut, das an ihren Körpern klebte, das Wasser verfärbt. Doch zwischen den erleichterten Männern zog sich ein dunklerer Strom dahin. Die Frauen und Kinder von Chemmenu standen da und starrten benommen auf das Leben und Treiben. Kamose, der schon seit Stunden auf den Beinen war, merkte, dass sie trotz des Wirrwarrs um sie herum nicht geschubst oder verhöhnt wurden.
    Endlich tauchte Hor-Aha, umgeben von seinen jüngeren Hauptleuten, auf. Kamose sah, wie er stehen blieb, sich rasch mit ihnen beriet und dann in das wartende Boot stieg. Kurze Zeit später verbeugte er sich vor den Brüdern und brachte Brandgeruch und den üblen, kupferartigen Gestank nach frischem Blut mit. »Es ist nur wenig übrig geblieben, Majestät«, sagte er als Antwort auf Kamoses knappe Frage. »Die meisten Männer sind tot, wie du es befohlen hast. Die Brände waren leider nicht zu vermeiden. Wir haben auch Ställe gefunden, aber sie waren leer und die Streitwagen fort. Nach Neferusi vermutlich. Ich habe Männer zum Verbrennen der Leichen abgeordnet, aber das wird lange dauern. Chemmenu war nicht Daschlut.« Er fuhr sich mit einem kräftigen Handgelenk über die Wange und ließ eine Schmutzspur zurück und Kamose fröstelte, denn er hatte sehr wohl gemerkt, dass der General in der Vergangenheit gesprochen hatte. Chemmenu war.
    »Wie ist es dir mit den Fürsten ergangen, Hor-Aha?« Der Mann lächelte matt.
    »Ich habe ihnen keine Zeit gelassen, sich über meine Befehle mit mir zu streiten, und hinterher wäre es sinnlos gewesen«, sagte er trocken. »Sie kümmern sich um ihre Männer.«
    »Gut. Jetzt geh und kümmere dich um dich selbst, dann lass die Fußsoldaten antreten und zum Westufer übersetzen. Ich habe vor, flussabwärts zu fahren und die Schlinge um Neferusi noch heute Abend zuzuziehen. Gib dem Heer nicht mehr als zwei Stunden Ruhe, danach führst du es dorthin. Du bist entlassen.« Als der General gegangen war, ergriff Kamose den Arm seines Bruders. »Ich möchte beten«, sagte er. »Komm mit, Ahmose.«
    »Beten?«, wiederholte Ahmose. »Wo? In dem Tempel hier? Bist du wahnsinnig?«
    »Ich habe das Versprechen vergessen, das ich Aahotep gegeben habe«, sagte Kamose leise. »Ich brauche die Nachsicht dieses Gottes. Ich habe seine Stadt fast dem Erdboden gleichgemacht und muss ihm erklären, warum. Wir nehmen Anchmahor und eine Abteilung Getreuer mit. Wir sind gut geschützt.«
    »Vor Speeren und Dolchen vielleicht, aber nicht vor dem anklagenden Blick der Frauen und Priester«, entgegnete Ahmose düster. »Ich bin müde und hungrig und mir ist übel, Kamose.« Doch er folgte Kamose über das Deck und stieg mit ihm in das Boot, das sie über die kurze Entfernung ans Ufer trug.
    Die Sonne ging bereits hinter den westlichen Hügeln unter, beglänzte jedoch mit ihren letzten Strahlen die weiß getünchten Mauern von Chemmenu und flüchtig und warm die lärmenden Soldatenscharen, die sich zu den Schiffen drängelten, die Leichen, die verstreut im Sand lagen, die Grüppchen von Frauen, die sich noch immer ziellos zusammendrängten. Kamose und Ahmose näherten sich, umringt von den Getreuen des Königs, dem Stadttor, und eine Welle von Schweigen ging ihnen voraus, als man sie erkannte und einen Fußfall machte. Hinter ihnen erhob sich wieder Stimmengewirr, während sie durch die zerstörte Stadt schritten.
    Abgesehen von den Männern, die dabei waren, die Leichen zum Ufer zu schleifen, lagen die Straßen verlassen. Keine abendlichen Fackeln leuchteten in den zunehmend dunkel gähnenden Toreingängen, aus denen sich der Inhalt der Räume dahinter auf den festgetretenen Lehm der Straßen ergossen hatte. Töpfe, schmutzige Wäsche, grober Zierrat, Kochutensilien, hölzernes Spielzeug, alles war durchwühlt und, da für die Soldaten nutzlos, nach draußen geworfen worden. Hier und da erhellten Feuer das Dunkel, doch sie trugen auch den erstickenden Rauch von brennendem Fleisch und kokelndem Holz heran. Die dunklen Lachen unter ihren Füßen, die Ahmose für Eselurin hielt, schimmerten im aufflackernden Licht stellenweise leuchtend rot, und mit einem Ausruf des Ekels schwenkte er ab, stand jedoch nur etliche Zoll entfernt von einem Haus, dessen Wände mit der gleichen, widerlichen

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