In der Oase
aber mein eigenes Lachen klingt traurig, seit Apophis dich mitgenommen hat. Ist dein Gelächter pflichtbewusste Täuschung wie meines? Ich bin da. Spürst du meine Anwesenheit nicht? Ich könnte dich hier von diesen mächtigen Säulen her anrufen. Würdest du meine Stimme erkennen? Als könnte er Gedanken lesen, legte ihm Kethuna warnend die Hand auf den Arm, und in diesem Augenblick verbeugte sich Peremuah vor Tani und ging rasch fort. Ramose sah, wie sie ungeduldig nach hinten winkte, und eine Schar Dienerinnen tauchte auf und folgte ihr, als sie aus seinem Gesichtsfeld schlenderte. Eine davon war Heket, eine Dienerin, an die sich Ramose noch vage von seinen Besuchen in Waset erinnerte.
Etwas an Tanis herrischer Geste und der Reaktion der Dienerinnen machte Ramose stutzig, aber er bemühte sich nach besten Kräften, diese Unsicherheit zu unterdrücken, ehe er sich wieder Apophis’ durchdringendem Blick stellte. Er brauchte seinen ganzen Verstand für den nächsten Aufzug dieser schwierigen Vorstellung. Kummer und Verwirrung musste er jedoch nicht mehr vortäuschen, als er sich erneut dem Tisch näherte.
Dieses Mal forderte Apophis ihn zum Sitzen auf. »Nun, Sohn des Teti«, sagte Apophis honigsüß. »Was meinst du?«
»Sie ist unvergleichlich schön«, antwortete Ramose mit belegter Stimme.
»Ja, das ist sie, und sie ist noch immer so feurig wie ihre südliche Wüste und bei Hofe sehr beliebt.« Er beobachtete Ramose eingehend. »Würdest du gern mit ihr sprechen?« O ihr Götter, dachte Ramose verzweifelt. Ich muss gar nicht mehr spielen, ich muss mich nicht verstecken. Selbst wenn ich tatsächlich mit Kamoses strenger Ermahnung nach Auaris gekommen wäre, dem Feind nichts zu verraten, jetzt würde ich meine Ehre verlieren. Er befeuchtete die trockenen Lippen.
»Zu welchen Bedingungen?«, krächzte er.
»Keine Bedingungen«, sagte Apophis mit Nachdruck. »Du beantwortest jede Frage, die ich oder meine Generäle dir stellen. Wenn ich den Eindruck gewinne, dass du mir alles gesagt hast, sorge ich dafür, dass du Tani allein und ungestört triffst. Einverstanden?« Alles gesagt. Die Worte hallten hohl durch Ramoses Kopf. Alles gesagt. Dann will ich alles sagen, wie es Kamose gewollt hat, denn ich bin jetzt nur noch eine Hülle, die nichts mehr enthält als meine Liebe zu Tani und die Mittel zu deinem Sturz, gemeiner Setiu. Alles andere ist fort. Er musste den Augenblick, ehe er nachgab, nicht in die Länge ziehen, doch er tat es, damit Apophis sehen konnte, wie er mit sich kämpfte. Dann ließ er Kopf und Schultern hängen.
»Einverstanden«, sagte er. Sofort schlug Apophis auf einen Gong und Nehmen trat ein.
»Lass Essen bringen, etwas Warmes«, wies Apophis ihn an. »Danach halte alle von dieser Tür fern.« Er winkte Ramose. »Komm und sieh dir diese Landkarte an«, befahl er. »Itju, bist du bereit, die Worte niederzuschreiben?« Der Schreiber auf dem Fußboden nickte zustimmend. »Gut«, fuhr Apophis fort. »Und jetzt, Ramose, wie viele Soldaten befinden sich in der Oase?« Ramose stand auf und stellte sich neben ihn.
»Vierzigtausend Mann«, log er.
»Unter wessen Befehl? Unter welchen Fürsten?«
»Unter seinem General Hor-Aha aus Wawat, dem die Fürsten Intef, Iasen, Mesehti, Machu und Anchmahor unterstellt sind.«
»An den General aus Wawat erinnere ich mich.« Die tiefe Stimme gehörte Pezedchu. »Er hat mit Seqenenre bei Qes gekämpft. Er hat die Medjai-Bogenschützen unter seinem schwarzen Daumen. Wo sind die Medjai, Ramose?«
»Die hat Kamose während des Hochwassers mit nach Waset genommen«, antwortete Ramose. »Sie sind mit ihm nach Norden zurückgekehrt und haben sich mit der Flotte in Het nefer Apu vereint.«
»Von den Soldaten in Het nefer Apu wissen wir«, fuhr Pezedchu nachdenklich fort. »Dann versucht Kamose also, Bootsleute auszubilden, ja? Unter wem?«
»Paheri und Baba Abana aus Necheb.« Ramose sah, wie der Finger des Generals eine Linie von Het nefer Apu durch die Wüste nach Uah-ta-Meh zog.
»Was hat Kamose mit diesen vierzigtausend Mann vor?«, fragte Apophis.
»Eine neuerliche Belagerung, Majestät«, ging es Ramose glatt von den Lippen. »Er will sie mit den Truppen in Het nefer Apu vereinen und erneut Auaris umzingeln, doch dieses Mal mit Schiffen und einer kämpfenden Bootstruppe und dazu die Fußsoldaten. Er glaubt, dass er dieses Jahr Erfolg hat, weil er mit seinen Schiffen die Kanäle um die Stadt abriegeln kann.« Apophis lachte freudlos.
»Der Narr! Auaris
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