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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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und rückwärts an die Rampe heranfuhr. Jack riss die Hecktür auf und warf einen ersten Blick auf die Patientin – eine junge Frau, deren Kopf und Hals mit einer Halskrawatte ruhig gestellt waren, das Haar von Blut verfilzt. Als sie sie aus dem Rettungswagen zogen und er ihr Gesicht genauer erkennen konnte, durchfuhr Jack plötzlich ein fröstelndes Gefühl. Er kannte sie.
    »Debbie«, sagte er.
    Sie blickte zu ihm auf, ohne ihn dabei wirklich anzusehen; offensichtlich wusste sie nicht, wer er war.
    »Ich bin’s, Jack McCallum«, sagte er.
    »Oh, Jack.« Sie schloss die Augen und stöhnte. »Mein Kopf tut weh.«
    Er tätschelte ihr beruhigend die Schulter. »Wir werden uns gut um dich kümmern, meine Liebe. Mach dir keine Sorgen.«
    Sie schoben sie durch die Türen der Notaufnahme in den Traumaraum.
    »Sie kennen sie?«, fragte Anna ihn.
    »Sie ist die Frau von Bill Haning. Dem Astronauten.«
    »Sie meinen, er ist einer von den Jungs da oben in der Raumstation?« Anna lachte. »Also, das wird wirklich ein Ferngespräch.«
    »Es ist kein Problem, ihn zu erreichen, wenn es sein muss. Das JSC kann einen Anruf direkt durchstellen.«
    »Möchten Sie, dass ich die Patientin übernehme?« Das war durchaus keine abwegige Frage. Normalerweise vermieden Ärzte es, Freunde und Verwandte zu behandeln; man kann nicht objektiv bleiben, wenn der Patient, der mit einem Herzstillstand vor einem auf dem Tisch liegt, jemand ist, den man kennt und mag. Obwohl er und Debbie sich eine Zeit lang öfter bei gesellschaftlichen Anlässen begegnet waren, betrachtete Jack sie jedoch lediglich als Bekannte und nicht als Freundin, weshalb es ihm auch nichts ausmachte, sie zu verarzten.
    »Ich übernehme sie«, sagte er und folgte der fahrbaren Trage in den Traumaraum. Im Geiste nahm er schon die Schritte vorweg, die unternommen werden mussten. Ihre einzige sichtbare Verletzung waren die Abschürfungen am Kopf; da sie aber offensichtlich ein Schädeltrauma hatte, musste er zunächst Schädel- oder Halswirbelfrakturen ausschließen.
    Während die Schwestern Blut für das Labor abnahmen und vorsichtig Debbies restliche Kleidung entfernten, machte der Rettungssanitäter Jack rasch mit der Vorgeschichte vertraut.
    »Ihr Wagen war ungefähr der Fünfte in der Karambolage. Soweit wir das feststellen konnten, ist ihr einer hinten reingefahren, dann wurde ihr Wagen zur Seite geschleudert, und dann ist noch einer in sie reingerauscht, auf der Fahrerseite. Die Tür war eingedrückt.«
    »War sie bei Bewusstsein, als Sie bei ihr ankamen?«
    »Sie war ein paar Minuten bewusstlos. Ist aufgewacht, während wir den Zugang gelegt haben. Wir haben gleich ihr Rückgrat immobilisiert. Blutdruck und Herzrhythmus waren die ganze Zeit stabil. Sie hatte noch Glück.« Der Sanitäter schüttelte den Kopf. »Sie hätten mal den Typ hinter ihr sehen sollen.«
    Jack trat an die Trage, um die Patientin zu untersuchen. Debbies Pupillen reagierten beide auf Lichteinstrahlung, die extraokularen Bewegungen waren normal. Sie konnte ihren Namen sagen und wusste, wo sie war, konnte aber nicht sagen, welcher Tag es war. Nur zweifach orientiert, dachte er. Grund genug, sie stationär aufzunehmen, wenn auch nur zur Beobachtung für eine Nacht.
    »Debbie, ich schicke Sie zum Röntgen«, sagte er. »Wir wollen sichergehen, dass Sie sich nichts gebrochen haben.« Er wandte sich an die Krankenschwester. »Sofort CT von Schädel und CWirbel machen lassen. Und …« Er brach ab und horchte.
    Eine weitere Krankenwagensirene näherte sich.
    »Sehen Sie zu, dass die Aufnahmen gemacht werden«, befahl er. Dann trabte er zur Rampe zurück, wo sein Team sich schon wieder versammelte.
    Ein weiteres, schwächeres Sirenengeräusch hatte sich zu dem Ersten gesellt. Jack und Anna sahen sich besorgt an. Waren da etwa zwei Ambulanzen auf dem Weg zu ihnen?
    »Das wird wieder einer von diesen Tagen«, murmelte er.
    »Ist der Traumaraum frei?«, fragte Anna.
    »Die Patientin ist unterwegs zum Röntgen.« Er trat zu dem ersten Rettungswagen, der an die Rampe heranfuhr. Sobald der Wagen stand, riss er die Tür auf.
    Diesmal war es ein übergewichtiger Mann mittleren Alters, dessen Haut blass und feucht war.
Anzeichen von Schock
war Jacks erste Einschätzung, doch er sah kein Blut, keine Spur einer Verletzung.
    »Sein Wagen hatte nur einen leichten Blechschaden«, sagte der Rettungssanitäter, während sie den Mann in den Behandlungsraum rollten. »Bekam plötzlich Brustschmerzen, als wir ihn rauszogen.

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