Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
Vom Netzwerk:
er die Stimme kannte. Der Junge im Schlafzimmer hatte ihm Süßigkeiten angeboten und sich für den Dreck entschuldigt. Aamir hatte nichts von ihm angenommen, weil es vergiftet hätte sein können, aber ihn hatte beeindruckt, dass der Junge seinen religiös begründeten Einwand verstanden und respektiert hatte.
    Aamir betrachtete die Schnittwunde an seinem Handgelenk. Kaum noch Blut zu sehen. Kaum Spuren, nur ein Streifen getrocknetes Blut am Handgelenk, wie ein aufgezeichneter Armreif.
    Vorsichtig, langsam, sank Aamir auf die Knie. Lange Zeit blieb er so, bis seine Knie so steif waren, dass er kaum noch aufstehen konnte, bis der Schmerz ihm in die Hüfte schoss und die Prellungen auf seinem Rücken pochten. Doch selbst da blieb er noch still sitzen.
    Hinter der Tür ging die Sonne unter. Die Dunkelheit kroch wieder herein und schluckte den Tag. Es war Zeit zu beten, doch Aamir konnte nicht. Er konnte sich Gott nicht zu erkennen geben. Er hielt die Augen geschlossen, tastete sich mit den Füßen voran und orientierte sich am eigenen
Wimmern, schlurfte in die verhasste Dunkelheit am Ende der Röhre und erwartete sein Schicksal.

    Das Foto brachte sie zum Lachen. Morrow und Bannerman saßen in ihrem Büro und sahen die angeforderte Akte durch. Zum einen war es einfach nur die Erleichterung darüber, dass sie endlich Fortschritte machten, zum anderen lag es aber auch daran, dass Malki Tait aussah, als täte er sich selbst fürchterlich leid.
    Er hatte sich schwer in Schale geworfen. Obwohl er vom Typ her eher schottisch wirkte - blasse Haut, Augenbrauen und Wimpern greller als eine polierte Orange - hatte sich Malki die Haare schwarz gefärbt und sich einen akribischen Topfschnitt verpasst. Das Schwarz war so gleichmäßig, so üppig und gepflegt, dass seine Haare wie eine Damenperücke aussahen. Er trug eine graue Jacke mit Schulterstücken und eine Art Krawatte. Laut Bericht war er draußen vor dem Rooftops-Nachtclub verhaftet worden, die Tasche voller Pillen, zu viele, um sie alle alleine zu nehmen, aber zum Dealen auch wieder nicht genug. Was sie allerdings wirklich zum Lachen brachte war sein Gesichtsausdruck. Malki fühlte sich offensichtlich äußerst ungerecht behandelt. Seine Mundwinkel zeigten nach unten, die Augenbrauen hatte er hochgezogen wie ein unterernährtes Kind, das gehänselt wird.
    »Sieh mal.« Sie zeigte auf die Liste seiner Vorstrafen: Autodiebstahl. Er hat früher schon Wagen ausbrennen lassen, zu Beginn seiner Karriere.
    »Und er ist ein Tait«, sagte Bannerman lächelnd.
    Morrow nickte. Das konnte kein Zufall sein. Das bedeutete, sie waren ganz dicht an irgendwas dran. Sie stand auf.

    »Ich sag’s MacKechnie …«
    »Nein.« Bannerman sprang so schnell auf, dass sein Stuhl kippte und er ihn festhalten musste, damit er nicht umfiel. »Nein, ich sag’s ihm.« Er wollte unbedingt der Überbringer der guten Nachricht sein. Als er sein Jackett von der Stuhllehne zog und hineinschlüpfte vermied er es, sie anzusehen, zog sich die Krawatte fest.
    Morrow setzte sich wieder, beobachtete ihn mit versteinerter Miene, ließ ihn schwitzen. Sie wartete bis er angezogen war und vor ihr stand.
    »Gute Arbeit heute, Morrow.« Er wollte nicht, dass sie mitkam und sich mit ihm in ihrem gemeinsamen Ruhm sonnte, aber so direkt konnte er ihr das nicht sagen.
    Sie blieb, wo sie war. »Ja, danke.«
    Verlegen sah Bannerman auf die Uhr. »Viertel nach vier.«
    »Ja.« Sie stand auf. »Wir sollten Omar abholen.«
    »Nein, ich nehme jemanden vom Einsatzkommando mit.« Bannerman sah mit Augenzucken auf seinen Schreibtisch. Als er sie wieder ansah, war alle Freundlichkeit verschwunden. »Wenn du die Festplatte aus dem Schuppen durchsehen könntest … vielleicht findest du noch was, womit wir den Haftantrag begründen können. Er trat einen Schritt zurück, hangelte sich zur Tür und ermahnte sie noch einmal, sich um die Aufgaben zu kümmern, die er ihr zugewiesen hatte.
    Morrow zog verächtlich die Lippe hoch und trat zur Tür. Sie öffnete sie, warf ihm einen bösen Blick zu und ging.
    Auf dem Weg durch den Gang richtete Bannerman seine Krawatte, hielt vor MacKechnies Bürotür kurz inne, um sich zu räuspern und klopfte zweimal. Nachdem »Herein« gerufen worden war, öffnete er sie und blieb im Türrahmen stehen, genau so wie sie wusste, dass er es tun würde. Er hatte es
eilig, gute Arbeit zu machen, er konnte sich nicht aufhalten lassen, war nur kurz vorbeigekommen, um die guten Nachrichten von seinen Entdeckungen

Weitere Kostenlose Bücher