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In der Stille der Nacht - Thriller

In der Stille der Nacht - Thriller

Titel: In der Stille der Nacht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Mina
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»Wenn das stimmt, dann war es nicht die falsche Adresse. Die Gangster hatten es auf die Anwars abgesehen, ganz besonders auf Omar. Jetzt müssen wir herausbekommen, weshalb jemand auf die Idee kommt, dass dort zwei Millionen zu holen sind.« Er legte seine Hand auf die Türklinke zum Flur und hielt inne. »Gut gemacht, Morrow«, sagte er, öffnete die Tür und ging.
    Grant hatte leicht gerötete Wangen. »Ja, gut gemacht«, sagte er, anständiger als sie selbst es im umgekehrten Fall hinbekommen hätte.

16
    Shugie hockte trotzig im Wohnzimmer auf dem pissnassen Sofa und blätterte in einer Zeitung vom Juli.
    Eddy saß in der Küche auf einem Hocker, Pat auf einer wackligen Holzkiste mit der Aufschrift »zerbrechlich« an der Seite. Sie saßen einander abgewandt, jeder für sich wie verschollene Boote auf ruhiger See. Jemand, allerdings bestimmt nicht Shugie, hatte Laminat verlegt, doch die Bretter hatten sich nach einer Überschwemmung irgendwann vor langer Zeit verzogen. Sie wellten sich an den Kanten, was den Boden uneben und wacklig machte. Durch den Dreck hindurch entdeckte Pat, dass jede einzelne Diele eine exakte Kopie der anderen war, dasselbe Astloch wiederholte sich immer wieder.
    Eddy hielt ein in Wachspapier gewickeltes Brot in der Hand, als wäre es eine Tüte mit Süßigkeiten. Er hatte den ganzen Abend trockenes Brot gegessen, weil es das einzige Essbare war, das Shugie von Eddys vierzig Pfund Vorschuss, gekauft hatte. Den Rest hatte er in Bier investiert.
    Pat schnaufte schwer durch die Nase bevor er zu sprechen ansetzte, aber Eddy sah weg. »Mann«, sagte Pat trotzdem. »Wir müssen umziehen.«
    »Hör auf«, warnte ihn Eddy durch zusammengebissene Zähne.
    »Wir müssen ihn woanders hinbringen.«

    Eddy antwortete nicht. Er hielt ihm das Papier mit dem Brot hin, als sei dies die Lösung. Pat schüttelte den Kopf. Hier konnte er nichts essen. Er hatte das Gefühl, wenn er aß, würden Shugies Pissepartikel in seinen Mund und Magen gelangen. Das ging gar nicht anders. Gestank besteht schließlich aus Partikeln. Er bewegte seine Ellbogen und Knie, ihm schauderte ein wenig, er dachte an abgestorbene Haut. Dann fiel ihm wieder das Mädchen ein und er fragte sich, wie es ihr wohl ginge. Aber Shugie hatte kein Radio, von einem Fernseher ganz zu schweigen. Sie wussten nicht, ob sie in den Nachrichten vorkamen oder nicht. Wenn es in der Zeitung stand, dann war da vielleicht auch ein Foto von ihr. Wahrscheinlich hatte man sie ins Victoria Krankenhaus gebracht. Keine zwei Kilometer entfernt, in ein sauberes Bett.
    Pat wollte unbedingt noch einmal das warme Glühen spüren, dass er bei ihrem Anblick empfunden hatte und er stellte sich vor, wie sie in einem Krankenhausbett lag, ihr Haar fächerartig über das Kissen gebreitet, sie roch gut, nach Pfirsichen oder Blumen, sauber, vielleicht dachte sie an ihn. Pat schüttelte sanft den Kopf. Nein. Er hatte ihr die verfluchte Hand abgeschossen: Wenn sie an ihn dachte, dann bestimmt nicht liebevoll. Ein Mädchen wie sie würde mit jemandem wie ihm nichts anfangen. Der Vater war verärgert gewesen, als abends die Tür aufging. Das Haus war sauber und rosa, schön. Sie stammte aus einer guten Familie. Selbst wenn er sie nicht aus Versehen angeschossen hätte, würde sie niemals etwas mit ihm anfangen. Ihr Vater würde es nicht erlauben.
    Er stellte sich vor, wie er elegant gekleidet, adrett mit einem großen Strauß Blumen in ihr Krankenzimmer spazierte,
aber auf ihrem Gesicht zeigte sich Entsetzen, als sie ihn sah. Von seiner Fantasievorstellung enttäuscht, versetzte er sich wieder in den Flur, um sie von dort aus zu betrachten. Ihre Taille war sehr schmal, der Bund ihrer Jeans hing ihr auf den Hüftknochen. Plötzlich fiel ihm auf, dass er dort im Flur auf der Nase geschwitzt hatte. Beim Betrachten ihrer Hüften hatte er den schwarzen Wollrand um die Augen gesehen. Er hatte eine Skimütze getragen. Sie wusste gar nicht, wie er aussah.
    Pat richtete sich auf, lächelte, lachte fast. Sie hatte keine Ahnung, wie er aussah.
    Wieder zurück im Victoria Krankenhaus spazierte Pat auf eine Station, die es gar nicht gab und lächelte ein Mädchen an, das sich nicht an ihn erinnerte. Schüchtern sah sie weg, aber er gab ihr einen unglaublich prächtigen Blumenstrauß und plötzlich liebte sie ihn auch.
    Einmal war er im Victoria Krankenhaus gewesen, hatte jemanden dort besucht, wenn er sich richtig erinnerte, eine Nichte, der die Mandeln entfernt worden waren oder so. Er

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