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In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition)

Titel: In dieser ganz besonderen Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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vier Wochen beim Dorffriseur goldbraun nachfärben ließ, mit strenger Hemdbluse und den Perlohrsteckern von Tchibo, und ich atmete tief durch. »Hallo, Oma. Ich bin’s. Amber.«
    Einen Augenblick war es still.
    »Amber! Mäuschen!« Es war Jahre her, dass sie mich zuletzt so genannt hatte. »Endlich rufst du an! Wir haben uns schon Sorgen gemacht! Frau Weiland hat uns zwar Bescheid gesagt, dass du gut angekommen bist, aber sonst haben wir ja gar nichts von dir gehört!« Typisch Oma. Auch nach all der Zeit brachte sie es nicht über sich, Gabi beim Vornamen zu nennen. Und typisch Opa, der zwar einen Uralt- PC besaß und auch eine E-Mail-Adresse hatte, aber seine Mails nie abrief. Auch dann nicht, wenn er seine Enkelin in den USA wusste. Und es war ja auch nicht so, dass sie Teds Nummer nicht gehabt hätten. »Wie geht’s dir? Geht’s dir gut?«
    Ich zögerte. »Geht so«, antwortete ich dann leise.
    »Hans! Hans! Amber ist dran! Aus Amerika! – Wart mal, ich geb dir den Opa.« Ich hörte im Hintergrund Gemurmel und Geraschel, dann ein Hüsteln und die Stimme meines Großvaters, kratzig vom jahrzehntelangen Pfeifenrauchen. »Amber?«
    Ich stellte ihn mir vor mit seinen grau melierten Haaren und dem grauen Bart, wie er vom Frühstückstisch im Esszimmer herübergekommen war und jetzt unten im engen Hausflur am Telefon stand, in Bundfaltenjeans und einem seiner gestreiften Hemden, das er trotz Ruhestand bis zum Hals zugeknöpft trug, vielleicht noch einen Pullover oder eine Strickweste darüber. »Hallo, Opa.«
    »Du, Amber, hör mal zu!«, rief er aufgeregt und lauter als nötig durch die Leitung. »Wir haben uns beim Rechtsanwalt beraten lassen, und er sieht zumindest eine kleine Chance, dass wir dich zurückholen können. Aufgrund der besonderen Umstände, hat er gesagt.« Ich schöpfte Hoffnung. Wenn ich schon nicht bei Gabi leben konnte, war das Reihenhäuschen von Oma und Opa auf dem Dorf das Nächstbeste. »Wir gehen vors Familiengericht und fechten diese unsinnige Erklärung an. Das kann nicht rechtens sein, dass dieser … dieser Hippie «, seine Stimme überschlug sich fast, »dich jetzt bekommt, nachdem er deiner Mutter so viel kaputt gemacht hat.«
    Eisige Kälte breitete sich in meinem Bauch aus. Der große Zankapfel zwischen Mam und meinen Großeltern, so lange ich zurückdenken konnte. Der zuverlässig jedes Mal ins Spiel gebracht wurde, wenn wir hinfuhren oder sie uns besuchten. In einer schnippischen Bemerkung meiner Oma. Einer hochgezogenen Braue meines Opas. Und manchmal auch in Form einer hitzigen Diskussion, nach der Mam ihrer Wut in einer großen Putzaktion Luft machte oder am See laufen ging. Sie hatten es Mam nie verziehen, sich mit Ted eingelassen zu haben. Dass sie mich so früh bekommen und mir dann auch noch einen so schrägen Vornamen gegeben hatte (statt Lisa oder Laura, wie Oma es wollte). Und noch viel weniger hatten sie es ihr verziehen, dass Mam kurz nach der Trennung ihr Jurastudium hingeschmissen und den Job bei Foto-Wolters angenommen hatte. Erst als Aushilfe, später, nach vielen Lehrstunden bei Herrn Wolters und nach den Workshops, zu denen er sie schickte, als Fotografin. Dabei konnte jeder sehen, wie glücklich Mam in diesem Job gewesen war. Man hatte es ihr bei der Arbeit angesehen und man hatte es den Fotos angesehen. Meine Augen wanderten zu dem Bilderrahmen auf meinem Nachttisch.
    »Hörst du, Amber?«
    »Ja«, piepste ich.
    »Wir lassen das nicht zu, dass dieser Vagabund uns unser einziges Enkelkind wegnimmt!«
    Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass es ihm gar nicht wirklich um mich ging. Um das, was ich wollte und was gut für mich war. Ich schluckte.
    »Ich … ich muss Schluss machen, Opa. Das wird sonst zu teuer«, schwindelte ich. Ted hatte gesagt, es würde nichts ausmachen, wenn meine Telefonrechnung hoch ausfiel, er würde ja jetzt ganz gut an der Uni verdienen und könne schon verstehen, dass mir diese Verbindung nach Deutschland wichtig war.
    »Wir melden uns, ja? Tschüss, Amber!« Im Hintergrund hörte ich meine Oma rufen: »Tschüss, Mäuschen! Bis bald!«
    Ich legte auf und starrte in die Dunkelheit. Erst jetzt hatte ich wohl so richtig kapiert, wie sehr ich zwischen allen Stühlen saß. Dass ich nirgendwo mehr richtig hingehörte.
    Im Nebenzimmer klackerte Teds Tastatur. Ich schob mich vom Bett herunter und tapste auf Socken über den Flur.
    Die Tür zu seinem Arbeitszimmer stand offen; der Schein der Aluminiumlampe fiel über den Schreibtisch

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