In einem anderen Land
Ich zog durch, hob sie, beugte mich nach vorn, fand das Wasser, tauchte ein und zog - ruderte, so leicht ich nur konnte. Ich federte nicht, weil wir mit dem Wind fuhren. Ich wußte, daß ich Blasen bekommen würde, und suchte dies so lange wie möglich hinauszuschieben. Das Boot war leicht und ruderte sich gut. Ich ruderte es in dem dunklen Wasser vorwärts. Ich konnte nichts sehen und hoffte, daß wir bald auf der Höhe von Pallanza sein würden.
Wir sahen Pallanza gar nicht. Der Wind blies den See entlang, und wir passierten im Dunkeln die Landungsspitze, die Pallanza verbirgt, ohne die Lichter zu sehen. Als wir schließlich Lichter viel weiter aufwärts im See und in der Nähe des Strandes sahen, war es Intra. Aber lange Zeit sahen wir gar keine Lichter und auch kein Ufer, sondern ruderten gleichmäßig im Dunkeln mit den treibenden Wellen mit. Manchmal verpaßte ich das Wasser mit den Rudern in der Dunkelheit, wenn eine Welle das Boot hochhob. Es war ziemlich stürmisch, aber ich ruderte weiter, bis wir plötzlich dicht am Ufer beinahe gegen ein Felsstück stießen, das neben uns aufragte; die Wellen schlugen dagegen, jagten hinauf und fielen dann zurück. Ich zog heftig an dem rechten Ruder und preßte mit dem andern das Wasser zurück, und wir kamen wieder hinaus in den See. Die Landzunge war außer Sicht, und wir fuhren weiter den See hinauf.
«Wir sind über den See hinüber», sagte ich zu Catherine.
«Sollten wir nicht Pallanza sehen?»
«Wir haben es verfehlt.»
«Wie geht's dir, Liebling?»
«Glänzend.»
«Ich kann doch eine Weile die Ruder nehmen.»
«Nein, es geht glänzend.»
«Die arme Ferguson», sagte Catherine, «morgen früh wird sie ins Hotel kommen und wir sind weg.»
«Darüber mach ich mir keine so große Sorge», sagte ich, «als daß wir, bevor es Tag wird und der Grenzposten uns sieht, in den schweizerischen Teil des Sees kommen.»
«Ist es noch weit?»
«Es ist einige dreißig Kilometer von hier.»
Ich ruderte die ganze Nacht. Schließlich waren meine Hände so wund, daß ich kaum die Ruder umschließen konnte. Verschiedene Male waren wir beinahe am Ufer zerschellt. Ich hielt ziemlich nah am Ufer, weil ich Angst hatte, auf dem See die Richtung und damit Zeit zu verlieren. Manchmal waren wir so dicht, daß wir eine Reihe Bäume und die Straße am Ufer mit den Bergen dahinter sehen konnten. Es hörte auf zu regnen, und der Wind trieb die Wolken so, daß der Mond durchschien, und als ich zurücksah, konnte ich die lange dunkle Landzunge von Castagnola sehen und den See mit weißen Schaumkämmen und weiter weg den Mond auf den hohen Schneebergen. Dann zogen die Wolken wieder über den Mond, und die Berge und der See waren verschwunden, aber es war viel heller als vorher, und wir konnten das Ufer sehen. Ich konnte es zu deutlich sehen und ruderte weit hinaus, wo das Boot nicht zu sehen war, falls auf der Straße von Pallanza Grenzposten waren. Als der Mond wieder herauskam, konnten wir weiße Villen am Ufer am Berghang und die weiße Straße sehen, wo sie durch die Bäume schimmerte. Ich ruderte die ganze Zeit.
Der See weitete sich, und gegenüber am Ufer am Fuße der Berge auf der anderen Seite sahen wir ein paar Lichter. Das mußte Luino sein. Ich sah eine keilförmige Schlucht zwischen den Bergen am anderen Ufer, und ich dachte, das müsse Luino sein. Wenn das stimmte, legten wir gutes Tempo vor. Ich zog die Ruder ein und legte mich auf den Sitz zurück. Ich war sehr, sehr müde vom Rudern. Meine Arme und mein Rücken und meine Schultern taten mir weh, und meine Hände waren wund.
«Ich kann den Schirm halten», sagte Catherine. «Wir könnten mit dem Wind segeln.»
«Kannst du steuern?»
«Ich glaube.»
«Nimm das Ruder hier und halte es unter deinem Arm dicht an der Seite des Bootes und steure und ich werde den Schirm halten.» Ich ging ins Heck und zeigte ihr, wie sie das Ruder halten mußte. Ich nahm den großen Schirm, den der Portier mir gegeben hatte, und setzte mich mit dem Gesicht zum Bug und öffnete ihn. Er entfaltete sich flügelschlagend. Ich hielt ihn an beiden Seiten und saß rittlings, die Krücke über den Sitz gehakt. Der Wind blies voll hinein, und ich fühlte, wie das Boot sich vorwärtssaugte, während ich mich so sehr, wie ich nur konnte, an den beiden Enden festhielt. Es zog heftig. Das Boot bewegte sich schnell.
«Wir kommen herrlich vorwärts», sagte Catherine. Alles, was ich sehen konnte, waren Regenschirmrippen. Der Schirm dehnte sich und zog,
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