In einem leuchtend schoenen Land
jäh zum Sturzflug über, stachen ins Wasser und kamen mit einem zappelnden Fisch wieder daraus hervor, den sie nicht selten auf einem unserer hoch gewachsenen Bäumen verzehrten; langhalsige Entenfamilien schwammen Körper-unter, sahen so kopfüber aus wie schwimmende Kobras, die sich zum Angriff rüsteten.
„Mama!!!!“
Ängste zu schüren war auf dieser Insel wahrlich ein Kinderspiel.
Wenn ich keine Ängste schürte, saßen wir zu fünft mit Hund im Garten oder auf dem Lagunensteg und mitten im tierischen Geschehen. Wir schlugen nach fliegenden Ameisenschwärmen, die mit der untergehenden Sonne so verrückt spielten wie der Rest von uns. Wie ein tropischer Regenguss prasselten sie gegen uns, kamen so schnell, wie sie wieder verschwunden waren. Wir beobachteten die Riesenechsen, die Warane, die an uns vorbei schwammen und erschrocken untertauchten, wenn sie uns bemerkten. Aus Floras Fell drehten wir die dreißig Zecken, die sich täglich an ihr festbissen, und warfen sie den Fischen zum Fraß vor; wunderten uns, warum die Vogelzüge abends gen Süden und morgens gen Norden zogen.
Wir kauften Bücher über giftige und ungiftige Schlangenarten, studierten Fliegendes, Schwimmendes und Kriechendes und schienen ständig irgendwo mit aufgeklapptem Kiefer stehen zu bleiben und Neues anzustaunen.
Einmal stieg Andreas gar in die Bremsen und parkte quer ein, lotste die Familie auf die dichtbesiedelte Straße und deutete auf ein Flugobjekt, welches sich in der Thermik himmelwärts drehte. Bis in sein Verschwinden hinein starrten wir dem Fliegenden Hund nach, der wie ein großer Klon der Fledermaus faszinierend und bedrohlich zugleich wirkte.
„Tiere sind nicht nur schöner, sondern auch viel schlauer als wir“, seufzte unser Fabian mit zurückgelegtem Kopf, den Kunstflug der riesigen Fledertiere betrachtend.
Eine Aussage, die sich am 26. Dezember 2004 bewahrheiten sollte.
10. Tsunami: Ein Wort macht Karriere
Andreas und ich erwachten vom Streitgefecht, das drei Kinder untereinander austrugen. Sie verhandelten über ein Stück Schokolade, welches sie seinem Versteck entwunden hatten und nun verbotenerweise in großen Dosen zu sich nahmen. Die Natur schwieg stille unter den wüsten Beschimpfungen von Kind zu Kind. Als dann auch das Metallgestell unseres Bettes in Vibration ausbrach und uns dezent durchschüttelte, warf ich ein entschlossenes „Aufhören!“ in den Streit. Die Ruhe, die einkehrte, war allumfassend. Kein Vogel zwitscherte Lieder in unser verschlafenes Erwachen, kein Straßenköter kläffte sein Mitteilungsbedürfnis herüber.
Nur das Bett zitterte.
Fragend sah ich den Andreas an.
„Du“, staunte der Andreas, „ein Erdbeben!“
„Ja“, staunte ich zurück, „ein Erdbeben!“
Wie einbetoniert lag ich da, unfähig, verantwortungs-bewusste Maßnahmen einzuleiten, sollten die losen Steine auf uns niederprasseln. Man hatte mich peinlichst genau auf Vipern und Kobras vorbereitet, mich im Umgang mit Skorpionen geschult, auch gegen Einbrecher war ich gewappnet – aber kam es zum Beben, traf es mich vollkommen unvorbereitet.
Keine Ahnung, davon aber jede Menge!
Träge spürte ich den sich schüttelnden Boden, Hirn und Körper flegelten scheinbar unbeteiligt umher.
Ich gähnte.
Das Schütteln legte sich, ein paar Vögel nahmen ihren Gesang wieder auf, die Streuner bellten hysterisch. Selbst die Kinder setzten dort wieder ein, wo ihr Streit ein plötzliches Ende gefunden hatte: beim Schokoladenkonflikt.
Nur eine Stunde später war das Ereignis in die Abteilung Vergangenheit gerutscht und ich dachte daran, was eine von mir organisierte Evakuierung für Blüten getrieben hätte: mit offener Autotür auf die Gegenfahrbahn geraten (Linksverkehr) und die Frontlichter von einem Bus geküsst. Kinder nicht angeschnallt (ich auch nicht) – nein, Evakuierung gehörte nicht in mein Spezialgebiet. War ich zu chaotisch für!
Frohen Mutes sprang ich in die Tagespflichten und pflückte Kleidungsstücke vom Boden, welche am Vorabend von fünf Personen nieder gegangen waren.
Das Telefon klingelte Sturm.
Fabians ehemalige Lehrerin aus Deutschland kündigte ihren Besuch an. Sie sei gestern in Colombo gelandet und in einer Stunde bei uns. Rationell stopfte ich Tretminen und Wäschestücke in Schränke und Behälter, warf mich gegen die sich sträubende Schranktür und betrachtete zufrieden mein Werk. Ein Anflug von Schuldgefühlen befiel mich, als ich die Aufräumtechnik der Kinder mit der meinigen verglich. Wo
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