In einem leuchtend schoenen Land
„many-water“ Besichtigungstour per Jet Ski an.
Wir amüsierten uns alle sehr.
Ich höre jetzt auf, die Last des schlechten Gewissens numerisch festhalten zu wollen.
Auf dem Steg sitzend beobachtete die Compoundge-meinschaft das Wasser.
Hoch-runter-hoch-runter.
Dieses Wasserwanken hatte etwas Meditatives.
Dann fiel der Strom aus.
Und weil's so schön war, sprach nicht mal mehr die Dame von der überlasteten Leitung mit mir.
Wir waren vom Rest der Welt abgeschnitten!
Nichts Ungewöhnliches auf Sri Lanka, nichts, was mich auch nur annähernd beunruhigt hätte.
Hoch-runter-hoch-runter, machte der Wasserstand.
Dann setzte Lagunenlangeweile ein.
Die Compoundmauern überblickten wir immer noch nicht.
Das Handy klingelte.
Lilo, der angekündigte Besuch!
Sie sagte, der Taxifahrer habe uns nicht gefunden und jetzt seien die Straßen gesperrt.
Welche Straßen?
„Die Straßen zu eurem Compound!“
Interessant, aber noch immer kein Anlass für Alarmglocken, eher zum Stoßseufzer: „Hach ja, manchmal …“ Ja, manchmal verstand ich dieses Land nicht, manchmal und meistens ergaben ihre übereilten Aktionen keinen Sinn. Damit zumindest sollte ich im Ansatz Recht behalten – aber nur im Ansatz!
Irgendeine Welle, wusste Lilo, ob ich denn Ahnung …? Ich?
Sie könne jetzt wohl nicht mehr kommen, begann sie und dann riss die Verbindung ab. Weg war sie! Immerhin stimmte mich das Gespräch ein wenig nachdenklich. Ich überlegte über die Mauern meiner Ahnungslosigkeit hinaus, kam zu keinem Schluss. Außer dass der Sandstrand in unserem Rücken von Hochwasser sauber gewaschen und meinem ästhetischen Bewusstsein so müllfrei sehr gefiel.
Das hupende Chaos auf der ansonsten so dicht befahrenen Straße ging mir auch nicht ab.
Wäre schön, wenn das so bliebe, dachte ich.
Ach ja: Schlechtes Gewissen ohne Nummer!!!
Das internationale Informationsnetz wiederum entwickelte sich währenddessen zu einer Quotenschlacht, hinterließ in unserer Verwandtschaft und bei den Freunden große Sorge um unser aller Wohlbefinden.
Hoch-runter-hoch-runter, schwappte die Lagune.
Sie leben – sie sind tot – sie leben – sie sind tot, schwappten die Familienemotionen.
Verwirrt betrachtete ich die SMS, die Marcel auf Andreas' Handy gesimst hatte: „Evakuieren! Tsunami!“ Lächerlich! Erstens hatte ich keinen blassen Dunst, wer oder was Tsunami war und zweitens hatte ich bereits beschlossen, dass Evakuieren für mich keine Option war.
Strom war immer wieder einmal nicht vorhanden und dem Generator fehlte der antreibende Diesel, der momentan von keiner Tankstelle geliefert werden konnte – alles nicht ungewöhnlich, alles so typisch. Dachten wir zumindest.
Diesel-, strom- und telefonlos wandte Andreas sich der einzigen Informationsquelle zu, die den Ahnungslosen zur Verfügung stand: dem Autoradio. Gemeinsam drehten wir die englische Frequenz ein und lauschten gespannt hinein. Von einer Welle war die Rede, ausgelöst von einem Erdbeben, das Epizentrum in Indonesien.
Indonesien lag uns im Rücken.
Puzzlestein auf Puzzlestein.
Hoch-Runter-Hoch-Runter, schwappte die Ahnung.
Ein Tsunami, eine Riesenwelle sei über Sri Lankas Bewohner hinweggerollt, habe Hunderte das Leben gekostet, berichtete der Sender und kündigte nahtlos die Rede des Innenministers an.
Der redete Bücher.
In Sinhala.
Nichts verstehend warteten wir gespannt wie ein Regenschirm auf die Auflösung des Rätsels und fanden es gar eigenartig, dass der Ansprache in Sinhala fließend in den Wetterbericht überging, dem wiederum Gedudel und Börsendaten folgten. Ich drehte ihm mit dem Autoschlüssel den Saft ab, brachte das Ding zum Schweigen.
„Du solltest Großmutter anrufen“, beschloss ich. „Sie sorgt sich so leicht!“
„Später“, fand Andreas und ging ans Meer. Er wollte gucken.
Einem Impuls folgend versuchte ich eine Entwarnung per Telefon, verhandelte sinnlos mit der Tonbandstimme, bis ich mich geschlagen gab. Mein Handy offerierte mir nicht einmal mehr Tonbandstimmen.
Dann wählte ich mir die Finger ins Netz wund – ich teilte es mit Tausenden, die alle an Informationen gelangen wollten. Nachdem ich mir einen Zugang erkämpft hatte, sprangen mich Bilder von Zerstörung an, die ich am Rande wahrnahm, bevor die Verbindung wieder abstürzte, ohne meinen Informationsstand ordentlich aktualisiert zu haben. Mit Ahnung versehen und doch so ahnungslos, entwarf ich eine schnelle, noch vom Surfglück überlagerte Mail. Ich packte jeden einzelnen
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