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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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Pembrokeshire und hinauf in die richtigen Berge, die Brecon Beacons, und nach Cardiff, eine Großstadt mit tollen Geschäften. Die Valleys waren unsere Heimat, der Normalzustand, den wir nie infrage stellten.
    Die Feen haben nie behauptet, sie hätten die Ruinen errichtet. Ich glaube auch nicht, dass wir sie gefragt haben, und wenn, hätten sie nur gelacht, wie meistens, wenn wir etwas von ihnen wissen wollten. Sie waren einfach da, und dann waren sie wieder fort. Manchmal redeten sie mit uns, manchmal liefen sie vor uns weg. Wie die anderen Kinder auch wussten wir, dass wir mit ihnen spielen konnten oder ohne sie. Letztlich brauchten wir nur uns und unsere Phantasie.
    Die Orte meiner Kindheit waren durch magische Wege miteinander verbunden, die von Erwachsenen fast nie betreten wurden. Sie hatten Straßen , wir hatten die Wege . Man konnte ihnen nur zu Fuß folgen, und sie waren etwas Besonderes, breiter als ein Pfad, aber nicht breit genug für Autos. Manchmal verliefen sie parallel zu den Straßen, und manchmal führten sie aus dem Nirgendwo ins Nirgendwo, von einer Elbenruine zum Labyrinth des Minos. Wir gaben ihnen Namen, aber wir wussten blind, dass sie in Wirklichkeit »Dramroads« hießen. Laut ausgesprochen habe ich das Wort nie, sonst wäre mir vielleicht aufgefallen, was es eigentlich bedeutete: »Tram Road«, Schienenweg. Das Walisische verändert die Anfangskonsonanten. Genau genommen passiert das in allen Sprachen, aber meistens dauert es Jahrhunderte, während es im Walisischen geschieht, während man noch den Mund offen hat. Aus »Tram« wurde natürlich »Dram«. Früher fuhren auf diesen Schienenwegen Züge mit Waggons voller Eisenerz oder Kohle. So leer und von Laub bedeckt sie heute sein mögen, nur noch von Kindern und Feen benutzt, waren sie doch einmal kleine Bahnlinien.
    Klar, wir hatten im Geschichtsunterricht aufgepasst. Selbst wenn wir uns auf die reale Welt beschränkten, wussten wir mehr über Geschichte als die meisten Leute. Wir hatten von Höhlenmenschen erfahren, von den Normannen und den Tudors. Wir wussten über die Griechen und Römer Bescheid. Aus dem Zweiten Weltkrieg kannten wir haufenweise persönliche Anekdoten. Sogar über die Geschichte unserer Familie wussen wir eine ganze Menge. Nur mit der Landschaft, in der wir lebten, hatte das nichts zu tun. Und es war die Landschaft, die uns geprägt hat, die uns zu dem machte, was wir waren, die auf alles einen Einfluss ausübte. Wir dachten, wir würden in einer Fantasywelt leben, dabei lebten wir in einer Science-Fiction-Welt. Ahnungslos, wie wir waren, spielten wir in den Ruinen von Elben und Riesen und glaubten, dass das, was die Feen in Besitz genommen hatten, ihnen auch wirklich gehörte. Ich gab den Schienenwegen Namen aus dem Herrn der Ringe , obwohl ich hätte erkennen müssen, dass sie aus Wem gehört die Erde? stammten.
    Schon erstaunlich, wie groß die Dinge sind, die wir übersehen.

Dienstag, 18. September 1979
    Die Schule ist schrecklich, wie erwartet. Zum einen weiß ich aus all den Internatsgeschichten, dass Sport zum Allerwichtigsten gehört. Und ich kann daran nicht teilnehmen. Außerdem haben die anderen Mädchen alle denselben Hintergrund. Sie stammen fast alle aus England, meist sogar aus der Gegend hier, und sind von der gleichen Landschaft geprägt wie die Schule. In Größe und Gestalt unterscheiden sie sich ein wenig voneinander, aber die meisten haben dieselbe Stimme. Meine Stimme, die für die Valleys vornehm war und jedem dort sofort meine Klassenzugehörigkeit verriet, brandmarkt mich hier als unzivilisierte Ausländerin. Als wäre es nicht schlimm genug, eine verkrüppelte Wilde zu sein, wurde ich mitten im Schuljahr in eine Klasse gesteckt, die sich bereits seit zwei Jahren kennt und in der sich Feindschaften und Bündnisse gebildet haben, die mir ein Rätsel sind.
    Zum Glück habe ich das bald herausgefunden. Ich bin nicht dumm. Ich bin noch nie auf eine Schule gegangen, wo mich nicht alle bereits kannten, mich oder meine Familie, und ich bin noch nie als Einzelkind auf eine neue Schule gegangen, aber ich habe gerade erst drei Monate in einem Kinderheim verbracht, und schlimmer kann es hier auch nicht sein. Ich habe darauf geachtet, wie die Mädchen redeten, um die anderen Außenseiter zu identifizieren, eine Irin (Deirdre, die »Dussel« genannt wird) und eine Jüdin (Sharon, mit dem Spitznamen »Schussel«). Ich tue mein Möglichstes, mich mit ihnen anzufreunden.
    Die anderen Mädchen starre ich

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