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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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würden Daniel nicht eben für einen tollen Vater halten, aber es gibt weit schlimmere Menschen. Da fiel mir ein, bei welcher Gelegenheit Wim das schon einmal gesagt hatte und worüber wir uns da unterhalten hatten. »Ach, das ist wirklich zum Schreien – er hat gesagt, dass er so lange für mich aufkommen wird, bis ich meine Ausbildung abgeschlossen habe. Dabei kennt er ...«
    Wim lachte laut auf, und in dem Moment kam Daniel zurück, also mussten wie es ihm erklären. Zum Glück fand er es auch komisch.
    Auf dem Zettel in Wims Glückskeks stand »Du hast ein Geschenk erhalten«, auf Daniels stand »Das Glück lacht dem Tüchtigen« und auf meinem »Pack das Glück jetzt beim Schopfe«.
    Schließlich hat Daniel uns zurückgefahren. Er fragte Wim, wo er ihn absetzen sollte, und Wim sagte, irgendwo in Fahrradentfernung wäre okay, also setzte er ihn am Kreisverkehr ab. Ich stieg aus, während sie das Fahrrad aus dem Kofferraum holten, nahm meinen ganzen Mut zusammen und fragte Wim nach seiner Telefonnummer. »Dann kann ich dich nächste Woche anrufen, wenn ich weg bin«, sagte ich. »Und heute Nachmittag wäre es auch praktisch gewesen.«
    »Nein, wäre es nicht, ich bin direkt von der Arbeit gekommen«, sagte er. Aber er gab sie mir, und Daniel hat sie sich auch aufgeschrieben. Dann gab Daniel Wim seine Karte – natürlich hatte er eine Karte! Wim und ich umarmten einander und küssten uns sehr schicklich, und dann fuhr Daniel mich zurück in die Schule.

Freitag, 15. Februar 1980
    Sharon wurde als Erste abgeholt, wie immer. Wenn ihr mich fragt, hat es eine ganze Menge für sich, eine Jüdin zu sein. Allerdings gibt es auch einen Haufen Dinge, auf die man achten muss. Ich muss daran denken, Sam zu fragen, was passiert, wenn man gegen die Regeln verstößt.
    Immerhin, Daniel gehörte zu den ersten regulären Eltern. »Dein junger Mann hat mir gefallen«, sagte er, als ich ins Auto stieg.
    »Er mochte dich auch«, sagte ich und legte den Sicherheitsgurt an.
    »Ich hab mir gedacht, wir könnten ihn morgen zum Tee einladen, in Old Hall. Wenn er mit dem Zug nach Shrewsbury fährt, holen wir ihn dort ab. Ihr beide könntet spazieren gehen oder etwas in der Art, und dann könnten wir zusammen Tee trinken.«
    Daniel klang so zaghaft und hoffnungsvoll, dass ich eigentlich nicht nein sagen konnte. Außerdem wusste ich, dass Wim das gefallen würde. Bestimmt würde er sich gerne in Old Hall umschauen und die Tanten kennenlernen, denn er wusste, dass sie magisch waren. Er hätte keine Angst vor ihnen, weil er vor nichts Angst hatte. Außerdem wollte ich Wim gerne sehen, natürlich wollte ich das, selbst unter weniger als idealen Umständen. »Großartig«, sagte ich. »Aber hast du auch deine Schwestern gefragt?«
    »Anthea hat es vorgeschlagen.«
    »Haben sie nichts dagegen, dass ich mit einem Jungen aus dem Ort gehe?«
    »Na ja ...« Daniel zögerte. »Sie haben schon gesagt, dass so etwas früher nicht üblich war, aber ich bin mir sicher, dass sie ihre Meinung ändern werden, wenn sie Wim kennenlernen und sehen, wie intelligent und höflich er ist.«
    Höflich heißt so viel wie Mittelschicht . Das habe ich gelernt, seit ich in Arlinghurst auf die Schule gehe. Irgendjemand hat mal gesagt, das englische Klassensystem sei den Leuten auf die Zunge gebrannt. Wim hat einen Shropshire-Akzent, spricht aber grammatikalisch korrekt. Er klingt wie ein gebildeter Mensch und nicht so arrogant und überheblich wie die Mädchen in der Schule, aber für Daniel zählt das offenbar schon als höflich . Wie bescheuert, dass so etwas von Bedeutung ist!
    Ich habe mit allen zu Abend gegessen und musste eine Menge Fragen beantworten, über die Schule, über Wim und wieder über die Schule. Ich habe mich bemüht, die nette Nichte zu spielen. Alles ging glatt. Die Ohrringe wurden nicht erwähnt.
    Nach dem Abendessen habe ich Wim angerufen. Jemand, wahrscheinlich seine Mutter, nahm ab, reichte mich aber recht schnell an Wim weiter. Ich war sehr erleichtert, dass er zu Hause war. Er hätte ja auch zusammen mit Shirley in der Disco sein können. »Hast du morgen schon was vor?«, fragte ich.
    »Warum?«
    »Daniel hat vorgeschlagen, dass du zum Tee hierherkommst. Wir würden dich in Shrewsbury am Bahnhof abholen.«
    »Ich dachte, du fährst nach Südwales?« Er klang furchtbar weit weg.
    »Erst am Sonntag. Aber ich kann verstehen, wenn du keine Lust hast. Samstags arbeitest du doch nicht, oder?«
    »Doch, schon, aber nur vormittags.«
    »Na ja, es

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