In einer anderen Welt (German Edition)
des Himmels zu sprechen (eigentlich der ideale Roman dafür) und darüber, ob er etwas mit Dick gemeinsam hat.
Du meine Güte, hoffentlich hat er nichts mit Dick gemeinsam. Über diese Möglichkeit will ich gar nicht erst nachdenken.
Ich möchte nicht so sein wie sie.
Ich werde keine Magie mehr einsetzen, und wenn, dann nur, um mich und andere Leute und die ganze Welt zu beschützen. Es ist besser, wie George Orr zu sein, als sie gewinnen zu lassen. Ich habe keine Ahnung, was sie im Moment treibt. Die Träume sind ausgeblieben, genauso wie die giftigen Briefe. Allerdings mache ich mir Sorgen, dass sie jetzt etwas anderes im Schilde führt.
Ihr eigentliches Ziel ist es, eine dunkle Königin zu werden. Ich weiß nicht, wie sie sich das vorstellt, aber genau das möchte sie. (Sie hat HdR gelesen, und ich weiß nicht, ob sie sich mit den ganzen Bösewichten identifiziert hat und hofft, dass die Guten der Versuchung nicht widerstehen können, aber ich weiß, dass sie es gelesen hat, denn als ich es zum ersten Mal gelesen habe, war das ihr Exemplar. Das beweist, dass Lesen allein nicht genügt. Schließlich kann auch der Teufel aus der Bibel zitieren.) Sie möchte, dass alle sie lieben und der Verzweiflung anheimfallen. Kein Mensch, der richtig im Kopf ist, wünscht sich so etwas, aber sie will das so. Ich will das nicht. Wozu auch? Es ist schon schlimm genug, dass ich Miss Carroll (die, während sie Bücher einräumt, zu mir herüberlächelt, als sie bemerkt, dass ich sie anschaue) dazu gebracht habe, mich zu mögen.
Wie kann sich irgendjemand eine Welt von Marionetten wünschen?
Wir haben richtig gehandelt, als wir sie aufgehalten haben, auch wenn wir einen hohen Preis dafür entrichten mussten – eine von uns tot, die andere verkrüppelt. Wenn sie es geschafft hätte, wäre uns nichts anderes übrig geblieben, als unsere Mutter zu lieben und stets geliebt zu haben. Alle hätten sie geliebt. Ich dachte, ich wüsste, wie wichtig unser Handeln war, aber offenbar war ich mir darüber nicht völlig im Klaren.
In moralischer Hinsicht ist Magie einfach nicht vertretbar.
Ich wollte sagen, dass ich wünschte, ich hätte das vorher gewusst, aber letztlich habe ich das. Ich wusste, was passiert ist, nachdem ich den Kamm in den Sumpf geworfen habe. Ich habe über den Bus nachgedacht. Ich wusste, was sie vorhatte. Daraus hätte ich meine Schlüsse ziehen sollen.
Samstag, 8. Dezember 1979
Greg war heute Vormittag nicht in der Bibliothek, und nur drei der bestellten Bücher sind eingetroffen, keines davon besonders aufregend. Ich war ein wenig enttäuscht. Als Nächstes bin ich in die Buchhandlung gegangen. Die Wolken hingen tief, und es regnete – ein Regen, der aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen schien. Ein Schirm hilft dagegen nichts, außerdem könnte ich sowieso keinen halten mit dem Stock in der einen Hand und der Tasche in der anderen. Während ich den Hügel runterstapfte, blies mir der Wind direkt ins Gesicht. Andauernd riss es mir den Hut vom Kopf. An einem solchen Regen hat niemand seine Freude, man muss eben die Zähne zusammenbeißen und ihn aushalten.
In der Buchhandlung habe ich das Mädchen mit den fuchsroten Haaren getroffen. Sie stöberte gerade im Kinderbuchregal. Als ich den Laden betrat, bemerkte sie mich sofort, denn die Tür knallte auf. Sie hatte einen großen Stoffbeutel über der Schulter hängen und in einer Hand mehrere Plastiktüten. »Hallo«, sagte sie und kam zu mir herüber. »Ich habe dich beim Buchclub gesehen, aber deinen Namen nicht mitbekommen.«
»Geht mir auch so«, erwiderte ich und versuchte zu lächeln und möglichst nicht daran zu denken, was ihr die Magie angetan haben könnte, ihr und der Welt, damit sie mich mag. Ich spürte ihren Blick und fragte mich, was sie von mir dachte. Mit dem schwarzen Mantel statt dem violetten Blazer sah sie nicht mehr ganz so furchtbar aus. Ihre Haare waren noch immer fuchsrot, aber jetzt wirkten sie nur verstrubbelt und nicht mehr, als sei eine Farbenfabrik explodiert.
»Ich heiße Janine«, sagte sie.
»Ich heiße Mori.«
»Genialer Name. Wofür steht er?«
»Morwenna.«
Janine lachte. »Das ist aber ein ziemlicher Zungenbrecher. Ist das Walisisch?«
»Ja. Es bedeutet ›brechende Welle‹.« Wörtlich heißt es weiße See , aber das ist die eigentliche Bedeutung, weiße See steht für den Schaum einer brechenden Welle.
Wir standen einen Moment da, schweigsam, aber ohne dass es peinlich gewesen wäre. Dann sagte sie: »Ich mache
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