In einer anderen Welt (German Edition)
man tut, hat Konsequenzen und beeinflusst andere Menschen? Das mag durchaus sein, aber ich glaube trotzdem, dass Magie anders ist.
Heute Abend ist Leahs Party.
Donnerstag, 3. Januar 1980
Ich bin wieder bei Tantchen Teg. Und habe einen furchtbaren Kater. Wenn nur das Wasser in Cardiff nicht so schrecklich schmecken würde! Ich habe eine große Flasche mit Leitungswasser aus Aberdare mitgebracht, sie aber schon leergetrunken.
Heute haben wir rein gar nichts gemacht, außer nach Cardiff zurückzufahren, herumzusitzen und Schokoladenkuchen zu essen, Persimmon zu streicheln (so lange, wie sie uns das erlaubte) und zu lesen. Es war wundervoll. Tantchen Teg wirkt genauso erschöpft wie ich.
Leahs Party gestern Abend war seltsam. Es gab Punsch, aus Rotwein und Traubensaft und Fruchtstücken aus der Dose, und später mit Wodka. Er hat grässlich geschmeckt, und ich glaube, die meisten haben sich die Nase zugehalten, während sie ihn tranken. Keine Ahnung, warum ich mich dazu habe hinreißen lassen. Ich habe mich betrunken, und irgendwie war es nett, einmal weiche Kanten zu haben anstatt harte, aber ich wurde einfach nur blöde davon. Die Leute trinken, um eine Ausrede zu haben, damit sie am nächsten Tag behaupten können, sie seien nicht für das verantwortlich, was sie getan haben. Wie furchtbar!
Ich möchte nicht aufschreiben, was passiert ist. Es ist sowieso nicht wichtig.
Andererseits, sollen diese Memoiren vollständig und ehrlich sein oder nur ängstliches Geschwätz?
Am Anfang hat es mich gleich auf dem falschen Fuß erwischt. Nasreen hatte einen roten Pulli an, wie ich auch, aber sie sah darin viel besser aus. »Wir sind Zwillinge!«, zwitscherte sie begeistert, und dann wurde ihr bewusst, was sie gesagt hatte, und sie machte ein kilometerlanges Gesicht.
Es ist noch kein Jahr her, dass ich hier gelebt habe, erst etwa neun Monate. In dieser Zeit sind wir alle ein wenig erwachsener geworden, und ich hatte das Gefühl, die anderen hätten irgendwelche Regeln gelernt, die ich nicht kannte. Vielleicht weil ich fort gewesen bin, oder vielleicht habe ich an dem Tag, als sie darüber geredet hatten, wie man das alles macht, unter dem Tisch ein Buch gelesen. Leah hatte Lidschatten und Lippenstift aufgetragen – sogar Moira hatte das. Moira hat mir angeboten, mich zu schminken, und das hat sie dann auch getan, nur dass wir nicht dieselbe Hautfarbe haben. Normalerweise sehe ich aus wie eine Weiße, wie Daniel, nehme ich an, aber wenn ich neben jemandem stehe, der wirklich weiß ist, und Moira ist äußerst blass, kann man sehen, dass meine Haut leicht gelblich ist, nicht rosa. Wenn eine von uns beiden einen Sonnenbrand bekam, hat Opa immer gesagt, dass wir ganz furchtbar blass wären, und wir sollten unbedingt einen Schwarzen heiraten, damit unsere Kinder eine Chance hätten, und er hatte recht – vor allem im Vergleich mit ihm und dem Rest unserer Familie waren wir sehr blass. Ich glaube, wenn man es nicht wusste, fiel einem nicht auf, dass die Hautfarbe meiner Vorfahren eher der von Nasreen glich als der von Moira. Aber Moiras Make-up sah an mir trotzdem albern aus, und ich habe alles wieder abgewischt.
Dann habe ich mich eine halbe Ewigkeit lang mit Leah über Andrew unterhalten, und hinterher mit Nasreen über Andrew, wieder eine halbe Ewigkeit. Leah war weitgehend darüber hinweg und interessierte sich für jemand anderen, einen älteren Jungen namens Gareth, der ein Motorrad hat. Nasreen steckte mitten in einer endlosen Abfolge von Auseinandersetzungen mit ihren Eltern wegen Andrew, und darüber musste sie mich auf den neusten Stand bringen. Ich kann nicht ganz verstehen, dass ein solches Tamtam um Andrew gemacht wird, so toll finde ich ihn nun auch wieder nicht. Aber mich fragt ja niemand, also habe ich ein paar Stunden damit zugebracht, mir den Mund über ihn fusselig zu reden. Leahs Eltern hatten Nasreens Eltern feierlich versprochen, dass er nicht auf der Party sein würde. Natürlich kam er trotzdem, und er hatte den ganzen Abend über den Arm um sie gelegt, wobei er sichtlich befangen wirkte. Leahs Eltern waren bis elf Uhr fortgegangen, in ein Theater in Cardiff, zusammen mit ihrer jüngeren Schwester.
Auf der Party waren auch ein paar Leute, die ich nicht so gut kannte. Ein Junge versuchte, den Arm um mich zu legen, und ich habe ihn gelassen. Warum nicht, dachte ich bei mir, und da hatte ich schon ein paar Gläser von dem doofen violetten Punsch getrunken, in dem kleine Traubenhälften und Birnen- und
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