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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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Pfirsichstücke schwammen. Es ist nett, wenn jemand neben einem sitzt, so warm. Er hieß Owen und war einer von Gareths Freunden, also war er bestimmt sechzehn oder siebzehn, und soweit ich herausfinden konnte, hat er in seinem ganzen Leben noch kein einziges Buch gelesen, und er hat keine Interessen außer Motorrädern, Mädchen und Musik. Er mag The Clash, von denen ich noch nie gehört habe, und Elvis Costello. Leah mag Elvis Costello offenbar auch, denn sie legte immer wieder Platten von ihm auf und drehte die Anlage ganz laut. Mit Musik kenne ich mich wirklich nicht gut aus, denn in der Schule dürfen wir keine hören. Die Idee von »Rock gegen Rechts« gefällt mir sehr, aber mit der Musik selbst kann ich nicht viel anfangen. Er hat mich gefragt, was für Musik ich mag, und ich habe Bob Dylan gesagt, was ihn ziemlich aus der Spur gebracht hat. Es war ihm anzumerken, dass er von Dylan gehört hatte, aber nichts über ihn wusste. Und wenn schon. Mein Gehstock schreckte ihn ein wenig ab, und nachdem er ihn sah, ließ er mich eine Weile allein – ich stand auf, um zur Toilette zu gehen. Später versicherte mir Leah, dass er keine Freundin hatte, und war er nicht schnieke – mit Wim konnte er es jedenfalls nicht aufnehmen, dachte ich bei mir, und Wim ist außerdem noch klug.
    Jedenfalls kam Owen später zu mir zurück und fing wieder an, mit mir zu kuscheln, und ich habe ihn nicht daran gehindert. Ich fand sogar Gefallen daran, in rein körperlicher Hinsicht. Die Sache ist die – ich weiß, dass die anderen wenigstens so tun, als wären sie in ihren Freund verliebt, solange sie mit ihm gehen. Sie proben sozusagen für später, wenn sie erwachsen sind. Sie sind einander vorübergehend treu und spielen romantische Zweisamkeit. Dieses Spiel wollte, will ich nicht spielen. Owen raubte mir nicht im Mindesten den Atem, und ich mochte ihn auch nicht besonders. Aber er war warm und männlich und an mir interessiert, und er machte mich neugierig auf noch mehr Körperkontakt. Als er vorschlug, mir sein Motorrad zu zeigen, ging ich mit ihm hinaus. Es war nur ein Moped mit 50 Kubik, aber er war mächtig stolz darauf und erzählte mir jede Menge Sachen darüber. Ich weiß nicht mal, ob diese Dinger bergauf fahren können.
    Man hätte meinen können, die Nachtluft hätte mich wieder nüchtern werden lassen, aber sie schien mich nur noch betrunkener zu machen. Als er anfing, mich zu küssen, gefiel mir das sehr, und ich erwiderte seinen Kuss, was er offenbar ein wenig befremdlich fand. (Vielleicht machte ich etwas falsch? In Büchern steht darüber nichts Genaues, aber ich machte es genau so, wie ich es in Filmen gesehen hatte.) Er hatte die Arme um mich gelegt und fing an, mich zu streicheln. Das raubte mir tatsächlich ein wenig den Atem und turnte mich sogar ziemlich an.
    Also sind wir wieder reingegangen und in ein kleines Zimmer, dem Aussehen nach das Büro von Leahs Vater. Da stand ein Sofa, und wir setzten uns darauf und fingen an zu schmusen. Es war dunkel – im Flur brannte Licht, aber im Zimmer selbst schalteten wir keine Lampe an.
    Warum nur ist es intimer und beunruhigender, über Sex zu schreiben als über irgendetwas anderes? In diesem Buch gibt es Dinge, die mich auf den Scheiterhaufen bringen könnten, aber es macht mir nichts aus, sie aufzuschreiben.
    Jedenfalls kuschelten wir noch eine Weile, und dann hat mir Owen die Hand in den Schlüpfer geschoben, und das gefiel mir, und ich fand es egoistisch, einfach nur dazusitzen und mich nicht zu revanchieren, also legte ich die Hand auf sein Bein und schob sie hoch zu seinem Penis – und ich weiß sehr genau, was ein Penis ist, ich bin oft genug mit meinen Vettern baden gegangen und habe auch mit ihnen Doktor gespielt, als wir noch so jung waren, dass diese ganzen dummen Anstandsregeln nicht galten. Jedenfalls hatte Owen einen ganz normalen Penis, und er war auch erregt, aber kaum dass ich ihn durch seine Hose hindurch berührte, ließ er mich los und wich erschrocken zurück.
    »Du Schlampe!«, sagte er und sprang auf, die Hände abwehrend vor sich erhoben, als befürchtete er, ich könnte mich auf ihn stürzen. Dann rannte er aus dem Zimmer. Mir war das Blut ins Gesicht geschossen, und ich blieb eine ganze Weile sitzen. Ich konnte es einfach nicht begreifen. Er begehrte mich. Glaubte ich jedenfalls. Und ich glaubte auch, ich hätte mich wie ein ganz normaler Mensch verhalten, aber offenbar irrte ich mich da. Irgendetwas an dieser ganzen Sache entzieht sich mir,

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