In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
nichts versaut … Ma’am.« Sie ließ ihr Handy zuschnappen.
Sofort klingelte es wieder, und Anderson sagte: »Tut mir leid, das war gerade der falsche Moment.« Er klang eigenartig gedämpft. »Ich bin noch am Tatort«, sagte er. »Am besten informiere ich die K-Division offiziell über die Identität als Akt professionellen Anstands.«
»Ich wollte nur sichergehen, dass Sie Bescheid wissen. Bye.« Costello schob das Handy in die Tasche.
»Eine große Sache, nicht wahr? Wenn sich herausstellt, dass dieser Fall mit der Clarence Avenue in Verbindung steht, ist es eine sehr große Sache«, meinte O’Hare und beobachtete den Tropf. »Ich weiß nicht, ob die da oben glauben, dass Partickhill den Fall übernehmen kann.«
»Aber die können Quinn auch nicht einfach von der Sache abziehen.« Costello seufzte. »Haben wir auch wirklich alles getan? Für Itsy?«
»Wir haben versucht, die Blutung zu stoppen, aber ich glaube, die inneren Blutungen sind schlimmer. Wir müssen den Blutverlust minimieren und das Blutvolumen aufrechterhalten. Durch das Röhrchen hat sie einen freien Atemweg. Warum? Haben Sie etwas Bestimmtes im Sinn?«
»Können wir vielleicht schon Proben nehmen, bevor sie in die Chirurgie kommt? Die werden doch sonst alle Spuren abwaschen. Können wir nicht ein paar Tupfer nehmen und ihre Fingernägel säubern? Und vor allem feststellen, ob sie vergewaltigt wurde?«
O’Hare strich sich mit dem Handrücken eine graue Strähne aus der Stirn. »Ach ja. Früher war ich mal Rechtsmediziner«, sagte er mit bissigem Humor.
»Tun Sie einfach so, als sei sie tot, und ziehen Sie alles dementsprechend durch.«
4
Mittwoch, 10. Februar 2010, 1:00 Uhr
Sie war wieder zurück im Mutterleib.
Schweben.
Die Uhr zurückdrehen.
Die Augen geschlossen. Die Ohren gedämpft. Schweben.
Kein Laut, nichts zu sehen.
Sie spürte ihr Haar fein auf den Wangen wie Ranken von Seegras, die im Wasser tanzen.
Sie atmete. Dann sank sie und atmete aus, stieß Blasen ins Wasser.
Hier unten war sie in Sicherheit.
Da saß er also mit brennendem Licht in seinem Honda Jazz. Die Uhr zeigte 1:05 Uhr. Es lief gerade Musik von Count Basie, der bei Splanky alles gab. Das Innere des Wagens war sauber, erkannte Anderson, und das erschreckte ihn seltsamerweise. Es hätte irgendwo Abfall sein müssen, Müll von den Kindern, eine CD von einer vorpubertären gecasteten Boygroup, von der er nie gehört hatte, oder eine Sammlung von Peters Comics auf dem Boden. Aber der Boden war sauber.
Peter malte in letzter Zeit nicht mehr viel. Eigentlich machte er gar nicht mehr viel, er hing nur an der Hand seiner Mutter und starrte seinen Vater böse an.
Der Nebel wurde schlimmer. Als Anderson vor dem Strathearn-Haus angekommen war, dem Heim der Kennedys, konnte er kaum den Giebel des Torhauses klar erkennen. Jetzt, fünfzehn Minuten später, waren die Tore auf der anderen Straßenseite nicht mehr zu sehen. DCI Quinn hatte sich klar ausgedrückt: Warten Sie auf der Straße auf mich. Er war froh, dass sie es selbst übernehmen wollte, den Kennedys die Nachricht zu überbringen.
Anderson schob die Finger tiefer in seine Handschuhe. Dieser Nebel legte eine boshafte Qualität an den Tag, so wie er ihn einhüllte, hemmte und die Orientierung raubte. Ob es nun physisch spürbar war oder nicht, die schiere Dichte machte das Atmen schwer. Dort draußen konnte sich alles herumtreiben, ihm hinterherschleichen und sich heranpirschen. Er stellte die CD ein wenig leiser, machte sie dann ganz aus und drückte den Türknopf nach unten.
Nur für alle Fälle.
Gott, war es kalt.
Er dachte daran, Brenda anzurufen und ihr zu sagen, sie solle aufpassen. Das Haus der Familie, Brendas Haus, stand auf der Südseite, aber nur gerade so eben. Das kleine Grundstück hinter dem Southern General Hospital lag tief, der Nebel würde dort vom Fluss zuerst herankriechen, und das Haus befand sich nur eine halbe Meile vom Ufer entfernt. Dann erinnerte er sich, dass es mitten in der Nacht war. Sie würde im Bett liegen, in ihrem Bett, mit Peter. Der Psychologe würde daran noch seinen Spaß haben. Für einen Vierjährigen war es sicherlich schön, nicht jedoch bei einem Neunjährigen. Bringen Sie ihn in sein eigenes Bett zurück, entschlossen und ruhig, hatte der Psychologe geraten. Trösten verstärkte nur die Tatsache, dass etwas nicht stimmte.
Aber natürlich stimmte etwas nicht. Daddy war nicht zu Hause.
Anderson blickte auf, als der Nebel hinter ihm in Bewegung geriet und das
Weitere Kostenlose Bücher