In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
mit ernster Miene an Costello. »Es war nicht leicht, ehrlich. Auf der einen Seite wollte ich sie glücklich machen, wollte, dass sie hübsch aussieht und ein normales Leben führt, jedenfalls soweit das möglich ist; auf der anderen Seite … ist sie ein achtjähriges Mädchen, dabei hat sie Gefühle, die sie überhaupt nicht einzuordnen weiß. In diesem Heim hat sie vor sich hin vegetiert. Iain und ich haben darüber gesprochen, und er war einverstanden, dass sie zu uns kommen und bei uns leben kann. Er hat mich sehr unterstützt. Und ich wollte ihren Namen ändern: Sie heißt Ishbel, nicht Itsy. Man sollte sie nicht mehr wie ein Kind behandeln. So langsam muss sie erwachsen werden.«
Costello lächelte nett und freundlich. »Hat sich Itsy in Strathearn gut eingelebt?«
»Ehrlich gesagt hat sich Itsy überall wohl gefühlt, wo sie Gesellschaft hatte, gegen die sie rebellieren konnte.«
»Und hatte sie je eine romantische Beziehung, von der Sie wissen?«
»Vielleicht waren sie und Bobby manchmal ein wenig zu enge Freunde«, antwortete Marita offen. »Das sollten Sie sich wohl genauer anschauen. Er scheint ja ein ungehobelter Kerl zu sein, aber irgendwie ist die Sache sehr seltsam.«
Costello nahm sich vor, diese Aussage an die Wand im Ermittlungsraum zu hängen. »Ist das ein Foto mit ihm, das mit der Schubkarre auf der Treppe? Das bei Ihnen zu Hause an der Wand hängt?«
Das verwirrte Marita kurz. »Ach das. Das ist Iains Projekt, Lokalgeschichte und dieser Kram. Menschen können ihm Bilder schicken, die er aufhängt, und im Sommer können sie es sich alle ein paar Tage lang ansehen. Ich fliege nach New York. Ja, das ist Bobby – nur Muskeln, dafür null Hirn. Ich glaube, er ist ein bisschen einfach gestrickt. Und Itsy ist – na, Sie müssen begreifen, dass Itsy ziemlich schlau ist. Sie wollte immer ihren Kopf durchsetzen, und meistens ist ihr das gelungen. Ich kann mir sehr genau vorstellen, wie sie es ins Barochan Moss geschafft hat – sie ist getrampt. DS Mulholland hat mir gesagt, es gebe eine Farm in der Nähe des Fundortes. Bestimmt hat sie jemandem erzählt, sie würde dort wohnen und habe kein Geld, um nach Hause zu fahren. Wenn Sie dort draußen unterwegs sind und eine Frau beim Trampen sehen, die dann, wenn sie in Ihrem Wagen sitzt, den Eindruck macht, sie hätte nicht alle Tassen im Schrank, dann würden Sie die Frau doch auch nach Hause bringen, oder? Und Itsy konnte das hilflose kleine Mädchen geben, wenn sie wollte. Sie wollte diesen verfluchten Albatros sehen, und niemand konnte sie davon abhalten. Je mehr wir sie davor gewarnt haben, wie gefährlich es dort draußen ist, desto entschlossener war sie.«
»Denken Sie, Itsy könnte die Farm von einem früheren Besuch gekannt haben? Könnte sie die Verbindung herstellen, dass es der Ort ist, wo sie den Vogel findet?«
»Daran würde ich nicht eine Sekunde zweifeln. Menschen wie Itsy schnappen absolut nebensächliche Informationen auf und kauen ständig darauf herum, aber es muss schon etwas sehr Wichtiges für sie sein. Also muss sie sich daran erinnert haben, sonst wäre sie ja nicht dorthin gegangen. Rufen Sie Ihre Kollegen an, diejenigen, die jetzt im Haus sind. Die sollen die Jungs fragen, ob sie mal mit ihr dorthin gefahren sind. Ich wette, das ist der Fall.« Marita wandte sich wieder dem Spiegel zu, malte sich eine glänzende Farbe auf die Lippen und stülpte dann die Lippen nach außen, um nachzusehen, ob etwas davon an die Zähne geraten war. Sie hatte schlechte Zähne, fiel Costello auf. »Ich möchte sie nicht gern allein lassen. Können Sie nicht hierbleiben, bis ich zurückkomme? Es dauert nicht lange.«
»Ihr Mann bleibt doch bei ihr.« Costello bemerkte das kurze Innehalten des Lippenstifts, als sie das zweite Mal nachzog. »Er geht noch aufs Revier, um sich mit uns zu unterhalten, aber erst, wenn Sie zurück sind. Das ist jedenfalls der Plan.«
Marita hatte sich wieder im Griff, schüttelte eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte. Sie drückte ihren Kosmetikbeutel zu und ließ ihn in den riesigen Chanel-Sack fallen, den sie als Handtasche bezeichnete. »So, ich wäre fertig.« Dann wechselte sie erneut die Stimmung: Sie schloss die Augen, als würde sie beten, und schlug sie wieder auf. »Ach, es ist ja nur, weil Iain so viel durchgemacht hat, deshalb möchte ich ihn nicht allein wissen, falls etwas passiert, während ich unterwegs bin. Nur deswegen. Sie bleiben doch, oder? Bitte.«
»Ja, warum nicht?«, seufzte
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