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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wahr? Inflation. Nun, kein Problem.« Er zog eine Münze aus Seans Mund und entdeckte eine dritte in seinem eigenen Ohr. Inzwischen war Seans Lächeln ein wenig matter geworden, und Alan wußte, daß er gut daran täte, schnell zur Sache zu kommen. Er stapelte die drei Vierteldollars auf den niedrigen Tisch neben dem Bett. »Für später, wenn es dir besser geht«, sagte er.
    »Danke, Mister.«
    »Gern geschehen, Sean.«
    »Wo ist mein Daddy?« Seine Stimme war jetzt ein wenig kräftiger.
    Die Frage kam Alan sehr seltsam vor. Er hätte erwartet, daß Sean zuerst nach seiner Mutter fragte. Schließlich war der Junge erst sieben Jahre alt.
    »Er wird bald hier sein, Sean.«
    »Hoffentlich. Ich möchte, daß er bald kommt.«
    »Das weiß ich.« Alan schwieg einen Moment, dann sagte er: »Deine Mommy wird auch bald hier sein.«
    Sean dachte darüber nach, dann schüttelte er langsam und entschieden den Kopf. »Nein, sie kommt nicht. Sie hat zu tun.«
    »Zuviel zu tun, um zu kommen und dich zu besuchen?« fragte Alan.
    »Ja. Sie hat sehr viel zu tun. Mommy ist bei The King zu Besuch. Deshalb darf ich auch nicht mehr in ihr Zimmer kommen. Sie macht die Tür zu und setzt ihre Sonnenbrille auf und besucht The King.«
    Alan sah Mrs. Rusk, wie sie auf die Fragen der Staatspolizisten reagierte. Ihre Stimme träge und zusammenhanglos. Eine Sonnenbrille auf dem Tisch neben ihr. Sie konnte sie offenbar nicht in Ruhe lassen; eine Hand spielte mit ihr, fast ununterbrochen. Sie zog sie zurück, als fürchtete sie, jemand könnte es bemerken, und dann, nur ein paar Sekunden später, kehrte die Hand wie automatisch zu der Sonnenbrille zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte er gedacht, daß sie entweder unter Schock oder Beruhigungsmitteln stand. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher, und er fragte sich, ob er Sean wegen Brian befragen oder diesen neuen Weg einschlagen sollte. Oder war beides ein und derselbe Weg?
    »Sie sind ein richtiger Zauberer«, sagte Sean. »Sie sind Polizist, nicht wahr?«
    »Ja, das bin ich.« »Sind Sie ein Staatspolizist mit einem blauen Wagen, der richtig schnell fahren kann?«
    »Nein – ich bin County Sheriff. Gewöhnlich habe ich einen braunen Wagen mit einem Stern an der Seite, und der fährt auch ziemlich schnell. Aber heute abend bin ich mit meinem alten Kombi gekommen, den ich eigentlich schon längst verkaufen wollte.« Alan lächelte. »Und der ist ziemlich langsam.«
    Das löste einiges Interesse aus. »Warum fahren Sie nicht Ihr braunes Polizeiauto?«
    Weil ich Jill Mislaburski oder deinem Bruder keine Angst einjagen wollte, dachte Alan. Ich weiß nicht, wie es mit Jill steht, aber bei Brian hat es offenbar nicht so recht funktioniert.
    »Ich kann mich wirklich nicht erinnern«, sagte er. »Heute war ein langer Tag.«
    »Sind Sie ein Sheriff wie der in Young Guns?«
    »Kann schon sein. So etwas Ähnliches.«
    »Brian und ich, wir haben uns den Film ausgeliehen und angeschaut. Er war wirklich eine Wucht. Wir wollten Young Guns II sehen, als er im Sommer in The Magic Lantern in Bridgton lief, aber Mom hat es uns nicht erlaubt, weil es ein R-Filxn war. R-Filme dürfen wir eigentlich nicht sehen, aber manchmal erlaubt Dad, daß wir sie uns zu Hause über den Videorecorder ansehen. Brian und mir hat Young Guns mächtig gut gefallen.« Sean hielt inne, und seine Augen verdunkelten sich. »Aber das war, bevor Brian seine Karte bekam.«
    »Was für eine Karte?«
    Zum erstenmal zeigte sich in Seans Augen eine tatsächliche Emotion. Es war Entsetzen.
    »Die Baseballkarte. Die großartige, ganz besondere Baseballkarte.«
    »Oh?« Alan dachte an die Playmate-Kühltasche und die Baseballkarten darin. Tauschkarten hatte Brian sie genannt.
    »Brian sammelte Baseballkarten, nicht wahr, Sean?«
    »Ja. Und damit hat er ihn gekriegt. Ich glaube, er benutzt verschiedene Dinge, um verschiedene Leute zu kriegen.«
    Alan beugte sich vor. »Wer, Sean? Wer hat ihn gekriegt?«
    »Brian hat sich selbst umgebracht. Ich habe es gesehen. Es war in der Garage.«
    »Ich weiß. Es tut mir leid.«
    »Aus seinem Hinterkopf kam so ein scheußliches Zeug heraus. Nicht nur Blut. Zeug . Es war gelb.«
    Alan wußte nicht, was er darauf erwidern sollte. Das Herz klopfte ihm langsam und schwer in der Brust, sein Mund war so trocken wie eine Wüste, und im Magen hatte er ein flaues Gefühl. Der Name seines Sohnes widerhallte in seinen Gedanken wie eine mitten in der Nacht geläutete Totenglocke.
    »Ich wollte, er hätte es nicht getan«,

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