In einer Person
belastet, wenn einem keine
mehr bleibt, Bill«, begann Tom.
[571] »Wo ist Charles – er müsste doch längst wieder hier sein, oder
nicht?«, fragte Peter seinen Dad. »Sieh dich bloß genau um! Warum ist die alte
Sauerstoffflasche noch hier? Der Sauerstoff hilft ihm nicht mehr«, erklärte mir
der Junge. »Die Lunge muss arbeiten, damit der Sauerstoff etwas nützt. Wo soll
man den Sauerstoff herkriegen, wenn man nicht einatmen kann? Jedenfalls sagt
das Charles.«
»Peter, sei bitte still«, forderte Tom Atkins seinen Sohn auf. »Ich
habe Charles gebeten, uns eine Weile nicht zu stören – Charles kommt bald
wieder.«
»Du redest zu viel, Daddy«, sagte der Junge. »Du weißt, was
passiert, wenn du zu viel redest.«
»Ich will mit Bill über dich reden,
Peter«, sagte sein Vater.
»Was jetzt kommt, ist verrückt – was jetzt kommt, ergibt keinen
Sinn«, sagte Peter.
Tom Atkins schien seinen ganzen restlichen Atem zusammenzunehmen,
ehe er zu mir sprach. »Ich möchte, dass du meinen Jungen im Auge behältst, wenn
ich nicht mehr bin, Bill – vor allem, falls Peter ›wie wir ¨ ist, aber auch sonst.«
»Warum ich, Tom?«, fragte ich ihn.
»Du hast doch keine Kinder, oder?«, fragte mich Atkins. »Ich bitte
dich nur, ein Kind im Auge zu behalten. Ich weiß nicht, was ich wegen Emily
unternehmen soll – vielleicht bist du nicht der beste Kandidat, der sich um
Emily kümmern könnte.«
»Nein, nein, nein«, sagte der Junge plötzlich. »Emily bleibt bei mir – wo ich hingehe, geht sie auch hin.«
»Das wird dich einiges an Überredungskunst kosten, [572] Peter, und du
weißt ja, wie eigensinnig sie ist«, sagte Atkins. Dem armen Tom fiel es immer
schwerer, genug Luft zu bekommen. »Wenn ich tot bin – und später, wenn auch
deine Mom tot ist –, sollst du mit diesem Mann hier reden, Peter. Nicht mit deinem Großvater.«
Ich kannte Toms Eltern von unserer Schulabschlussfeier auf der
Favorite River Academy. Ein Blick auf mich hatte Toms Vater genügt, und er
hatte sich geweigert, mir auch nur die Hand zu geben. Das war Peters Großvater;
er hatte mich zwar nicht Schwuchtel genannt, doch ich
hatte gespürt, dass er es dachte.
»Mein Vater ist ein sehr… schlichter Mensch«, hatte Atkins damals zu
mir gesagt.
»Er sollte mal meine Mom kennenlernen«, hatte mein einziger
Kommentar gelautet.
Jetzt bat mich Tom, der Ratgeber seines Sohns zu werden. (Tom Atkins
war nie ein großer Realist gewesen.) »Nicht mit deinem Großvater«, sagte Atkins
ein zweites Mal zu Peter.
»Nein, nein, nein«, wiederholte der Junge; er hatte wieder zu weinen
begonnen.
»Tom, ich habe keine Ahnung, wie man ein Vater ist – mir fehlt jede
Erfahrung«, sagte ich. »Und ich könnte ebenfalls krank werden.«
»Ja!«, rief Peter. »Was ist, wenn Bill oder Billy, oder wie er
heißen mag, krank wird?«
»Ich glaube, ich nehme noch ein wenig Sauerstoff, Bill – Peter weiß,
wie das geht, nicht wahr, Peter?«, fragte Tom seinen Sohn.
»Ja, natürlich weiß ich, wie das geht«, sagte der Junge [573] und hörte
sofort auf zu weinen. » Charles sollte dir Sauerstoff
geben, Daddy – doch es hilft sowieso nicht!«, rief der Fünfzehnjährige. »Du glaubst nur, dass der Sauerstoff bis in deine Lunge
vordringt, aber das tut er nicht.« Jetzt sah ich die Sauerstoffmaske – Peter
wusste, wo sie war –, und während sich der Junge mit der Sauerstoffflasche
beschäftigte, lächelte Tom Atkins mich stolz an.
»Peter ist ein toller Junge«, sagte er. Ich sah, dass Tom seinen
Sohn dabei nicht ansehen konnte, sonst hätte er die Fassung verloren. Indem er
mich ansah, gelang es ihm, sich zusammenzunehmen.
Und während Atkins sprach, konnte ich mich nur zusammennehmen, indem
ich seinen fünfzehnjährigen Sohn ansah. Außerdem, so würde ich es später Elaine
erzählen, sah Peter in meinen Augen Tom Atkins viel ähnlicher als Atkins
selbst.
»Früher warst du nicht so resolut, Tom«, sagte ich, wandte aber den
Blick nicht von Peter; der Junge legte die Sauerstoffmaske sehr behutsam auf
das Gesicht seines Vaters, das ich nicht wiedererkannte.
»Was bedeutet ›resolut‹?«, fragte mich Peter; sein Vater lachte. Das
Lachen brachte ihn zum Keuchen und Husten, aber wenigstens hatte er eindeutig
gelacht.
»Mit ›resolut‹ meine ich, dass dein Dad jemand ist, der in einer
bestimmten Situation das Kommando übernimmt – er zeigt in Situationen Selbstvertrauen,
in denen es vielen Menschen fehlt«, erklärte ich dem Jungen. (Ich hätte
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