In einer Person
Gesicht auch ausgedacht?«
»Ha!«, rief Atkins. »Das ist eine gute Frage, Peter! Was sagst du dazu, Bill?« Dann schüttelte er sich vor lauter Husten und
keuchte wieder heftig; der Junge lief zu seinem Dad und half ihm, die
Sauerstoffmaske wieder aufzusetzen, doch der Sauerstoff half nicht. Atkins
Lunge funktionierte [577] nicht richtig – er konnte nicht so viel Sauerstoff
einatmen, dass es ihm geholfen hätte.
»Willst du mich testen?«, fragte ich meinen alten Freund. »Was
willst du von mir?«
Peter stand nur da und beobachtete uns. Er half seinem Vater, die
Sauerstoffmaske vom Mund zu ziehen. »Wenn du stirbst, ist alles ein Test, Bill.
Du wirst schon sehen«, sagte Tom; mit Hilfe seines Sohnes wollte sich Atkins
die Sauerstoffmaske wieder aufsetzen, brach dann jedoch mittendrin ab, da ihm
das Unterfangen wohl auch sinnlos vorkommen musste.
»Es ist eine erfundene Geschichte, Peter«, sagte ich dem Jungen.
»Die unglückliche Frau, die Gift nimmt – sogar ihre Füße sind erfunden. Es ist ausgedacht – genau wie das Gesicht des Schreckgespenstes
in der Nacht. Es ist alles nur eingebildet. «
»Aber das hier ist nicht ›eingebildet‹,
oder?«, fragte mich der Junge. »Meine Mom und mein Dad sterben – das ist nicht eingebildet, oder?«
»Nein«, antwortete ich. »Du findest mich jederzeit, Peter«, sagte
ich dem Jungen plötzlich. »Ich werde für dich immer erreichbar sein – das
verspreche ich.«
»Das war’s!«, rief der Junge plötzlich –
nicht mir, sondern seinem Dad zu. »Ich hab ihn dazu gebracht, dass er’s sagt!
Macht dich das glücklich? Mich macht es nicht
glücklich!«, rief der Junge.
»Peter!«, rief seine Mom. »Lass deinen Vater ausruhen !
Peter!«
»Ich komme!«, rief der Junge und rannte aus dem Zimmer.
[578] Tom Atkins hatte wieder die Augen geschlossen. »Lass mich wissen,
wenn wir allein sind, Bill«, stieß er hervor; er hielt die Sauerstoffmaske von
Mund und Nase ab, doch ich merkte, dass er sie aufsetzen wollte, sowenig der
Sauerstoff auch half.
»Wir sind allein«, sagte ich zu Atkins.
»Ich habe ihn gesehen«, flüsterte Tom mit heiserer Stimme. »Er ist
überhaupt nicht so, wie wir immer dachten – er ist uns ähnlicher, als wir je
gedacht haben. Er ist schön, Bill!«
» Wer ist schön – wer ist uns ähnlicher,
als wir je gedacht haben, Tom?«, fragte ich, wusste aber, dass er das Thema
gewechselt hatte; es gab nur eine Person, von der Tom und ich immer ängstlich
und heimlich gesprochen hatten, liebevoll und hasserfüllt.
»Du weißt schon, wer, Bill – ich habe ihn gesehen«, flüsterte
Atkins.
»Kittredge?«, flüsterte ich zurück.
Atkins bedeckte Mund und Nase mit der Sauerstoffmaske; er nickte ja, doch jede Kopfbewegung tat weh, und er quälte sich mit
jedem Atemzug.
»Kittredge ist schwul ?«, fragte ich Tom
Atkins, doch das führte nur zu einem längeren Hustenanfall, gefolgt von einem
widersprüchlichen Nicken und Kopfschütteln. Mit meiner Hilfe hob Atkins die
Sauerstoffmaske von Mund und Nase, wenn auch nur kurz.
»Kittredge sieht genauso aus wie seine
Mutter!«, keuchte Atkins; dann war er wieder unter der Maske und gab die furchtbarsten
Sauglaute von sich. Ich wollte ihn nicht noch mehr aufregen, als es meine
Anwesenheit ohnehin schon [579] getan hatte. Atkins hielt die Augen wieder
geschlossen, allerdings war sein Gesicht zu etwas erstarrt, was mehr einer
Grimasse als einem Lächeln glich. Da hörte ich Elaine nach mir rufen.
Elaine war mit Mrs. Atkins und den Kindern in der Küche. »Er sollte
nicht den Sauerstoff einatmen, wenn niemand dabei ist – jedenfalls nicht
lange«, sagte Sue Atkins, als sie mich sah.
»Nein, Mom – Charles hat es etwas anders gesagt«, korrigierte Peter
sie. »Wir müssen nur die Flasche kontrollieren.«
»Lieber Himmel, Peter – hör bitte auf, mich zu kritisieren!«, rief
Mrs. Atkins; sie rang nach Atem. »Die alte Flasche ist wahrscheinlich leer ! Sauerstoff hilft ihm eigentlich
gar nicht!« Sie hustete unaufhörlich.
»Charles sollte aufpassen, dass die Sauerstoffflasche nie leer
wird!«, sagte der Junge empört. »Daddy weiß nicht,
dass Sauerstoff ihm nicht hilft – er glaubt immer noch, dass er hilft.«
»Ich hasse Charles«, sagte das Mädchen, Emily.
»Du sollst Charles nicht hassen, Emily – wir brauchen Charles«,
sagte Sue Atkins, nach Atem ringend.
Ich sah Elaine an; ich wusste wirklich nicht mehr weiter. Ich war
erstaunt, dass Emily neben Elaine auf einem Sofa saß, mit Blick
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