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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Ein Mann, der seine Frau berührt und sich in ihr bewegt und ihren Schweiß auf seiner Haut trocknen gespürt hatte, würde sich auf Dauer nicht mit einer simulierten Erinnerung zufriedengeben. Wenn man es auf den Punkt brachte, dann konnte Jamie noch so gut sein, eine künstliche Welt war niemals die Wirklichkeit.
    Jamie legte seine Hände auf Maggies Brüste und strich mit den Zähnen über ihren Hals. »Du hast recht«, bestätigte er.
    »Wenn Sie sich allein nicht gruseln«, sagte Zandy Monroe, »dann gehe ich Hugo holen.«
    Allie zuckte mit den Achseln. Neben Maggie MacDonalds Leiche auf dem Fahrersitz des Pickups zu sitzen, machte ihr keine angst; bestimmt wollte Cam auch, daß sein Sergeant den Leichnam an den ortsansässigen Bestatter übergab, selbst wenn er das nicht ausdrücklich gesagt hatte. »Wir beide bleiben solange hier«, sagte sie und lächelte Zandy zu.
    Sie hatte Mia in den Blumenladen zurückgeschickt und sie angewiesen, so viele Beerdigungssträuße wie nur möglich zu binden, bis Allie zurückkam. Rosen, hatte sie gesagt. Nimm alle, die wir haben. Sie hatte ihr auch geraten, Glockenblumen für Beständigkeit hinzuzufügen, und Levkojen, die für Zuneigung standen. Jetzt blickte sie auf Maggies glatte, blasse Haut. Raute, dachte sie. Für Kummer. Ich hätte ihr auch zu Raute raten sollen.
    Sobald Zandy verschwunden war, rutschte Allie näher an die Tote heran. Sie sah aus dem Fenster die Straße hinauf und hinunter, und legte dann die Hand an Maggies Wange. Sie fühlte sich kalt und fest an. Allie zog die Finger zurück und schob die Hand in die Tasche.
    Kurz darauf kehrte Zandy mit Hugo Huntley zurück. Er war der Leichenbeschauer im Ort und, wie jeder andere auf der Main Street, in der Menge der Gaffer gestanden, nachdem Jamie MacDonald vor der Polizeistation halt gemacht hatte. »Allie«, sagte er zur Begrüßung. Er besah sich den Leichnam durch seine dicken Brillengläser, hinter denen die Augen winzig und tief eingesunken wirkten.
    »Sie ist tot«, meinte Zandy nur.
    »Hmm, ja.« Hugo nickte. »Das sehe ich.«
    Zandy trug Maggie MacDonald über die Straße in Huntleys Bestattungssalon und dann nach unten in den Einbalsamierungsraum. Zu Allies Entsetzen war Maggies Leichnam bereits in seiner sitzenden Position erstarrt, so daß ihre Knie, statt schlaff herunterzuhängen, steif hervorstanden und ihn in den Bauch stießen, als Zandy die Leiche über seine Schulter hievte.
    Zandy legte Maggie auf die Seite und wandte sich an Allie. »Sie können jetzt wohl gehen, Mrs. Mac«, sagte er.
    Allie schüttelte den Kopf. »Ich habe es ihm versprochen – wenn Sie bleiben, bleibe ich auch.«
    Sie drehten sich beide zu Hugo um, der einen weißen Laborkittel angelegt hatte und Maggie MacDonald auf den Rücken rollte, so daß ihre Knie in die Luft ragten. Einen schrecklichen Augenblick lang dachte Allie daran, wie vor Jahrhunderten die Menschen beerdigt wurden, und sah die Tote im Geist auf einem verschrammten Küchentisch liegen, wo ihr mit starken Armen die von der Totenstarre steifen Glieder gebrochen wurden, bis die Leiche flach genug für einen Sarg war. Sie wandte sich ab, denn von der süßlichen Mixtur aus Desinfektionsmittel und Einbalsamierungsflüssigkeit wurde ihr noch übler.
    »Ich glaube, Sie sollten lieber noch nicht anfangen«, sagte Zandy zu Hugo. »Wenigstens nicht, bevor Cam es angeordnet hat.« Hugo erfüllte zugleich die Rolle des forensischen Experten im Ort; allerdings beschränkten sich seine Erfahrungen in der Polizeiarbeit auf eine einzige Autopsie vor zehn Jahren, bei der das Ergebnis wesentlich weniger mysteriös gewesen war als allgemein erwartet: der Verstorbene, den man vergiftet geglaubt hatte, war einer Leberzirrhose erlegen.
    Hugo betrachtete sich den Leichnam genauer. »Ich werde noch nichts unternehmen«, stimmte er zu, »nur sie ausziehen und ein paar Polaroids machen. Das ist auf jeden Fall der erste Schritt.«
    Allie warf schnell einen Blick zur Tür, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte und sich darauf gefaßt machte, Zeugin zu werden. Zandy lehnte an einem Tisch mit medizinischen Instrumenten, kratzte an einem Messingknopf auf seiner schweren Jacke herum und tat so, als würde er nicht hinsehen, während Hugo sich abmühte, die steife Leiche auszuziehen. Schließlich wandten sich Allie und Zandy gemeinsam ab.
    »Kein einziger Kratzer!« rief Hugo fröhlich. »Keine blauen Flecken am Hals. Nicht mal ein eingewachsener Nagel.« Allie hörte, wie ein Laken

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