In eisigen Kerkern (German Edition)
her. Aber nur, wenn diese Frau Herolder damit einverstanden ist, okay? Ich brauch das Geld einfach zu dringend, als dass ich für dich auf Teufel komm raus was durchdrücken könnte.“
„Schon klar, das versteh ich. Es wäre schon toll, wenn Sie’s versuchen.“
Er gab ihr sein Handy und den Zettel. Sie faltete das Papier auseinander, wählte und warf ihm dabei einen kurzen Seitenblick zu.
„Und hör endlich auf, mich zu siezen!“
Als am anderen Ende abgenommen wurde, drehte sich Nelli halb zur Seite.
„Hallo?“, meldete sich eine hart klingende, akzentfreie Frauenstimme.
„Frau Herolder? Hier Nelli Prenz. Sie wissen vielleicht nicht...“
„Frau Prenz“, fiel sie ihr ins Wort, „ich habe schon auf Ihren Anruf gewartet. Wie geht es Ihnen?“
Nelli ging sofort innerlich auf Distanz. Das war ihr einen Tick zu überschwänglich.
„Gut, danke. Der Herr Platzer...“
„...hat meine Nachricht also ausgerichtet, das freut mich außerordentlich. Hören Sie, Nelli – ich darf Sie doch Nelli nennen?“
Sie zögerte, denn sie hasste es, unterbrochen zu werden, und war bereits deutlich genervt von der Frau. Doch noch ehe sie antworten konnte, ging es schon weiter: „Ich heiße übrigens Fiona. Also, Nelli, was ich sagen wollte...“
Was war das nur, dass alle Fremden sie gleich beim Vornamen nannten, fragte sich Nelli ärgerlich. Hatte sie was von einem Streicheltier?
„Bevor Sie loslegen, möchte ich was Grundsätzliches klären“, ging sie dazwischen. „Ich rufe bei Ihnen an, weil ich Geld brauche, das ist der einzige Grund.“
Rolf verdrehte entsetzt die Augen. Nelli wendete ihm den Rücken zu.
„Wir brauchen also nur dann weiterzureden, wenn das mit den 150.000 Euro zutrifft.“
„Moment mal, von 100.000 war die Rede.“
„Das war Ihr erstes Angebot.“
„Bietet jemand anders Ihnen denn mehr?“
Die Stimme der Frau klang trotz des krassen Wechsels in die Preisverhandlung unverändert: einstudiert freundlich, ohne herzlich zu sein, hart, aber mit weichem Anstrich.
„Nein, aber ich biete Ihnen noch etwas, nämlich die Buchrechte.“
„He!“, hörte sie Rolfs Stimme hinter sich und spürte ihn an ihrem Ärmel zupfen. Sie riss sich los und machte einen Schritt zur Seite.
„Was soll das heißen?“, fragte Fiona Herolder mit konstant wohlwollender Stimme.
„Sie bekommen meine komplette Geschichte und dürfen sie in Ihrer Illustrierten veröffentlichen. Außerdem dürfen Sie das Ganze anschließend oder begleitend als Buch herausbringen. Was sagen Sie?“
„Klingt gut.“
„Dann gebe ich Ihnen mal meine Kontonummer.“
„Nicht so hastig. Sie denken doch nicht, dass ich Ihnen einfach so Geld überweise.“
„Natürlich nicht den vollen Betrag. Eine Anzahlung von 1.000 Euro für erste Spesen, dann können wir uns irgendwo treffen.“
„500 Euro. Und mehr, wenn ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde.“
„1.000 Euro, denn mein Konto ist restlos überzogen. Wenn Sie weniger als 1.000 überweisen, kann ich nichts abheben und kann folglich nicht zu einem Treffen kommen.“
„Also 1.000 Euro. Morgen um 15 Uhr in der Redaktion in München.“
„Ich komme, wenn das Geld da ist. Und ich komme nicht in irgendeine Redaktion.“
Die Reporterin antwortete erst nach einem ärgerlichen Schnaufer, und diesmal klang sie so, wie sie wahrscheinlich wirklich war – bar jeder Freundlichkeit.
„Ich hoffe, Ihre Geschichte ist so gut wie das, was ich aufgeschnappt habe.“
„Gut ist das falsche Wort. Haben Sie was zu schreiben?“
Nelli gab ihr die Nummer ihres Kontos durch und legte auf.
„He!“, rief Rolf abermals. „Und was ist mit mir?“
„Jetzt zu dir“, sagte Nelli. Sie war so richtig in Fahrt. Gerade eben hatte sie eine neue Seite an sich entdeckt: Sie konnte ihre Interessen vertreten, sie konnte sogar richtig hart verhandeln. Früher hatte sie bei allem klein beigegeben und sich gefügt.
„Sobald ich den Vorschuss habe, bekommst du 100 Euro Fahrgeld. Wir packen mein Fahrrad und meine Sachen in deinen Kofferraum und treffen diese Frau Herolder an irgendeinem neutralen Ort in München. Wenn sie dich mitmachen lässt, ist es gut. Wenn nicht, dann gebe ich dir weitere 100 Euro für deinen Aufwand, wir sind mehr als quitt, und unsere Wege trennen sich.“
Er blies die Backen auf und wollte mit Protest loslegen.
„Und wenn dir das nicht passt, trennen sich unsere Wege sofort.“
Brummend verzog er das Gesicht.
„Hoffentlich lässt sich Ihr Fahrrad
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