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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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versteckter Kamera filmte und wer diese Kunden waren.
    Er stieß auf die Nummer eines alten Freundes, eines ehemaligen Klassenkameraden. Matwej Groschew. Er war ein düsterer, verschlossener, aber sehr belesener Junge gewesen. Er wuchs ohne Vater auf, bei Mutter und Großmutter, war ziemlich dick und hatte deshalb schreckliche Komplexe. Er war mit niemandem befreundet und wurde in der Unterstufe oft gehänselt. Dann nahm er ab, in der achten Klasse wurde er männlicher und lernte, sich zu wehren.
    Gleich nach der Schule begann Groschew ein Psychologiestudium. Er entdeckte, dass er Heilkräfte besaß, und praktizierte privat, behandelte Depressionen und sexuelle Störungen. Mit einigem Erfolg, bis er wegen eines Devisendelikts beinahe im Gefängnis landete. Einer seiner Kunden hatte ihn mit Dollars bezahlt, Groschew versuchte, sie schwarz zu tauschen, und wurde erwischt. Sazepa hatte ihm damals aus der Patsche geholfen.
    Groschew war voller Energie, klug und gerissen und konnte einen guten Eindruck machen. Leute wie ihn hielt Sazepa sich möglichst warm, zumal wenn sie ihm einen Gefallen schuldeten. Wer weiß, wozu man sie mal gebrauchen konnte.
    Eine Zeitlang war Groschew Verwalter in einem geschlossenen Gästehaus des ZK der KPdSU in der Nähe von Moskau gewesen. Danach war er Journalist, später persönlicher Referent eines Duma-Abgeordneten; er hatte mit Wählerstimmen gehandelt, mit Wodka, mit Immobilien und mit Nahrungsergänzungsmitteln. Seit sieben Jahren war er im Sicherheits- und Detektiv-Geschäft und leitete eine kleine Agentur.
    Groschew war nie verheiratet gewesen und hatte keine Kinder. Seit dem Tod seiner Mutter lebte er allein. Wie sein Privatleben aussah, wusste Sazepa nicht, vermutete aber, dass auch er sein kleines Geheimnis hatte. Jedenfalls war Groschew ihm für die alte Geschichte mit den Devisen noch etwas schuldig.
    Bevor Sazepa Groschew anrief, erwog er sorgfältig das Für und Wider. Angenommen, er gab Shenja das Geld und trennte sich von ihr. Wer garantierte ihm, dass die Sache damit erledigt war? Er konnte unmöglich mit dem Verdacht leben, dass irgendwer eine schmutzige Zeitbombe in der Hand hatte, eine Kassette, die Sazepa, einen Mann mit blütenreiner Weste und vorbildlichen Familienvater, mit einer Minderjährigen im Bett zeigte. Und wenn er an ihren Vater dachte und daran, mit was für Banditen er befreundet war …
    Am nächsten Morgen um neun war Sazepa so weit. Nach einer Tasse Kaffee und einer Zigarette wählte er die bewusste Nummer.
    Es war ein klares, sachliches Gespräch. Groschew stellte keine überflüssigen, taktlosen Fragen. Er bezifferte den Vorschuss, den er verlangte, fragte, unter welcher Nummer er Sazepa am besten erreichen konnte, und versprach, dass er seine Leute sofort darauf ansetzen werde.
    Inzwischen waren zehn Tage vergangen. Groschews Leute hatten herausgefunden, dass dieser Mark tatsächlich existierte, Mark Chochlow hieß und im Internet unter dem Namen Moloch auftrat. Sie fanden einen Chatroom, wo er mit seinen Kunden verhandelte, Käufern von Kinderpornos. Sie begaben sich zu einem Treffpunkt, wo er sich mit einem Kunden verabredet hatte, erkannten ihn und hängten sich an ihn. Moloch bemerkte es und entwischte.
    »Wir kriegen ihn«, sagte Groschew, »wir kochen ihn schon weich.«
     
    »Und, hast du telefoniert?«, fragte seine Frau, als er ins Schlafzimmer zurückkehrte.
    »Ja.«
    »Ist etwas passiert?« Sie gähnte und schüttelte das Kissen auf.
    »Nein. Alles in Ordnung.«
    Sazepa legte sich neben sie.
    »Du wirkst so angespannt, du solltest dich entspannen.«
    Soja knöpfte langsam seine Pyjamajacke auf.
    Sazepa schloss die Augen und stellte sich vor, dass Shenja neben ihm lag. Dabei half ihm der Duft, oder besser, dessen Echo, denn auf Sojas Haut roch das italienische Parfüm ganz anders.
     
    Solowjow rannte den leeren Flur entlang, während in seinem Büro das Telefon klingelte. Er meinte, das müsse Olga sein, obwohl es kurz nach Mitternacht war und sie ihn um diese Zeit kaum an seinem Arbeitsplatz anrufen würde.
    Ich werde sie auf jeden Fall morgen anrufen. Ich brauche ihre Hilfe. Ich will sie sehen. Sie fehlt mir, mein Gott, Olga fehlt mir wirklich sehr. Sie weiß bestimmt noch nicht, dass Moloch wieder gemordet hat, überlegte Solowjow und schloss sein Büro auf.
    Er war von Lobow aus nicht nach Hause gefahren, sondern hierher. Zu Hause wartete der einsame, gekränkte Ganja. Wenn er nach Hause kam, würde er als Erstes mit dem Hund

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