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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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geschlossen war, auch wenn es so aussah, besonders im Dunkeln. Zwischen den beiden Nachbarhäusern gab es eine Lücke, durch die man in die Parallelstraße gelangte.
    In dem engen Durchgang erfasste ihn plötzlich Panik – Schwäche, Zittern, eiskalter Schweiß. Die Haut unter dem angeklebten Bart juckte und brannte so heftig, dass er aufstöhnte. Klaustrophobie. Er hatte geglaubt, dieses Leiden überwunden zu haben, aber dem war offenbar nicht so. Er kam keinen Schritt näher zum Ausgang, bewegte nur hilflos die Beine, während die Wände von beiden Seiten auf ihn zu rückten, um ihn zu zerquetschten.
    So wollten die Hominiden ihn also vernichten. Sie hatten ihn in eine Falle gelockt. Ja, genau. Er war hier schon früher gewesen, und irgendwer hatte ihm wie zufällig den Weg zu dem schmalen Durchgang zwischen den Häusern gewiesen, hatte diese Information in sein Hirn gelegt wie eine Zeitbombe, und nun tickte das Uhrwerk.
    Vom Hof her drangen Stimmen herüber. Miliz und Krankenwagen waren eingetroffen. Er hielt sich den Mund zu, umnicht zu schreien. Die Hominiden durften ihn nicht entdecken. Ganz in der Nähe saß eine besonders gefährliche Person.
    Unter den Hominiden gab es seltene Exemplare mit hohem Intellekt, die am ehesten Menschen ähnelten. Wandlinge. Sie waren feindselig und hinterhältig. Hier ganz in der Nähe lebte ein starker, äußerst gefährlicher Wandling, in der harmlosen Gestalt einer schönen Frau. Sie hatte den Wanderer in diese Falle gelockt. Vor achtzehn Monaten war sie seinem heiligen Geheimnis so nahe gekommen, dass er eine Pause machen und Dutzende hilfloser Engel sterben lassen musste.
    Früher einmal hatte der Wanderer sie für einen Menschen gehalten. Er hatte geglaubt, dass es unter den Erwachsenen keinen einzigen Homo sapiens mehr gebe; jenseits der Apokalypse konnte niemand überleben. Alle Erwachsenen strömten widerlichen Bocksgeruch aus, den die sensible Nase des Wanderers auch unter tarnenden Parfümschichten wahrnahm. Aber der natürliche weibliche Geruch der Wandlingsfrau war eine schwere Prüfung gewesen. Die Wandlingsfrau hatte den Wanderer überlistet, hätte ihn fast um den Verstand gebracht und getötet.
    Endlich erreichte der Wanderer die Parallelstraße, und vierzig Minuten später stieg er gegenüber vom Haus des alten Lehrers in sein Auto.
    Im Bett hörte der Wanderer noch immer das hartnäckige Weinen der Engel. Jetzt, in Ruhe und in Sicherheit, konnte er alles überdenken, die Logik der letzten Ereignisse analysieren und die Zeichen entziffern, die ihm gesandt worden waren.
    Die Engel, die er heute gehört hatte, hatten ihn nicht in die Falle gelockt, damit er starb, sondern um seine Wachsamkeit zu wecken. Der Wandling. Die schöne Frau mit dem ausgeprägten Gespür. Sie wollte den Wanderer erneut daran hindern, seine heilige Mission zu erfüllen. Er durfte sie nicht vergessen.
     
    Der Minibus, der Olga vom Fernsehstudio nach Hause brachte, konnte nicht in ihre Straße einbiegen. Aus dem Hof des Abrisshauses fuhr rückwärts ein Krankenwagen heraus. Es war eine sehr schmale, zudem vollkommen zugeparkte Einbahnstraße.
    »Ich steige hier aus, danke. Es sind nur noch ein paar Schritte«, sagte Olga zu dem Fahrer.
    Der Torbogen war hell erleuchtet. Olga entdeckte ein Milizauto mit eingeschalteten Scheinwerfern. Daneben standen drei Milizionäre und rauchten. Sie verspürte einen Stich ins Herz, ihr fielen sofort die Kinder in dem Abrisshaus ein, Petja und Ljuda, und sie fragte, was passiert sei.
    »Ein Penner hat sich aufgehängt«, antwortete ein junger Leutnant ärgerlich, wandte sich ab und spuckte aus. »Die hätte man hier längst alle rausschmeißen müssen.«
    »Und die Kinder?«
    Die drei Milizionäre sahen sie erstaunt an.
    »Welche Kinder?«
    »In dem Haus wohnen ein Junge und ein Mädchen, beide noch ganz klein. Im dritten Stock rechts, die Wohnungsnummer weiß ich nicht.«
    »Hier gibt’s keine Nummern«, sagte der Leutnant.
    »Ach ja – trotzdem, könnten Sie nicht überprüfen, ob mit ihnen alles in Ordnung ist?«
    Was tue ich hier? Wozu, dachte sie.
    Nach der Begegnung mit Petja und Ljuda im Herbst hatte sie mit einer Bekannten, einer Abteilungsleiterin in einer Kinderpoliklinik, über die beiden gesprochen.
    »Mal angenommen, wir erreichen, dass der drogensüchtigen Mutter das Erziehungsrecht entzogen wird«, hatte die Ärztin gesagt. »Das ist zwar schwierig, aber im Prinzip möglich. Dann kommen die Kinder ins Heim. Bist du sicher, dass sie dort

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