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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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bestätigen?«
    »Im Laufe des Abends haben ihn mehrere Leute angerufen. Um zwölf kam die Nachbarin und hat über die laute Musik bei uns gemeckert. Er hat sich bestimmt eine halbe Stunde mit ihr gestritten. Was soll das hier eigentlich? Ist das ein Verhör? Wo ist dann die Vorladung oder was immer da vorgeschrieben ist? Und was zum Teufel sollte das Theater gestern im Klub und heute hier, von wegen, Sie wollen ein Interview?« Natascha bemühte sich sehr, nicht zu schreien, aber ihre Stimme kippte ins Kreischen.
    »Nein, das hier ist kein Verhör. Vorerst nur ein Gespräch.«
    »Ich habe alles gesagt. Was wollen Sie denn noch von mir?«
    Nachdem Anton seinen Ausweis gezeigt hatte, war Vaselinsofort zum »Sie« übergegangen. Anton wusste selbst nicht, was er von der »Sonne der russischen Poesie« wollte.
    Es war klar, dass Vaselin nicht Moloch war und die Wahrheit sagte. Sein Alibi war hieb- und stichfest, und es gab keinerlei Indizien gegen ihn. Dass das Kind von ihm war, ließ sich nicht beweisen. Ein Vaterschaftstest konnte eine Vaterschaft nur ausschließen, sie aber nicht eindeutig belegen. Wozu also? Der Popstar Valentin Kuwajew hatte eine Affäre mit einer seiner Verehrerinnen, der Tochter seines ärgsten Feindes, des Popstars Valeri Katschalow, um ihn zu ärgern, um einen Skandal zu provozieren und sich auf diese Weise zu promoten. Das war niederträchtig. Aber nicht strafbar.
    Trotzdem weckten selbst die schlimmsten Kriminellen bei dem jungen Oberleutnant keine solche Abscheu wie dieser satte, aalglatte Schönling, der aussah wie Schaljapin.
    »Paragraph 135«, sagte Anton, »sexuelle Beziehungen zu einer Person, die das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.«
    »Sie war fünfzehn«, sagte Vaselin grinsend, »und außerdem können Sie mir das nicht beweisen. Und das wissen Sie auch. Sie sind wütend, weil ich Ihnen unsympathisch bin. Kein Wunder – in Sie verlieben sich keine fünfzehnjährige Nymphchen.«
    »Mann, halt bloß die Klappe!« Natascha verzog das Gesicht. »Was quatschst du da? Sie müssen entschuldigen, Leutnant. Er spielt sich immer so auf, er kann nicht anders. Komm zu dir, Schwachkopf. Das Mädchen wurde ermordet. Tut sie dir denn gar nicht leid?«
    Vaselin trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, blies die Backen auf und atmete geräuschvoll aus.
    »Klar, na und? Soll ich etwa heulen? Nach Hause gehen, mich sinnlos besaufen, in die Wanne steigen und mir die Pulsadern aufschneiden?«
    Natascha winkte ab, drehte sich weg und zündete sich eine Zigarette an. Anton zog eine von Solowjow unterschriebeneVorladung aus der Tasche und legte sie vor Vaselin auf den Tisch.
    »Hier, unterschreiben Sie das.«
    »Wieso? Wir haben doch schon alles geklärt!«
     
    Sie riefen nicht Sazepas Hausarzt an, sondern den Notarzt. Sazepa hatte einen Schlaganfall erlitten, er war linksseitig gelähmt. Er war bewusstlos. Solowjow war klar, dass er gehen musste, hier kam er nicht weiter. Trotzdem blieb er bis zum Eintreffen des Arztes – und wurde dafür prompt bestraft.
    Hinter dem Notarztteam kam Soja Sazepa ins Büro gestürmt. Wie sie es bei den Vormittagsstaus in zehn Minuten von der Smolenskaja in die Bronnaja geschafft hatte, blieb ihr Geheimnis.
    Die Sekretärin hatte Soja am Telefon nur gesagt, dass ein Kriminalbeamter bei ihrem Mann war, und kaum hatte die Signora die Schwelle überschritten, rannte sie nicht zu ihrem Mann oder zum Arzt, sondern zu Solowjow.
    »Wer sind Sie? Woher nehmen Sie das Recht? Was haben Sie mit ihm gemacht? Zeigen Sie mir Ihren Ausweis!«, schrie die Signora.
    »Bitte nicht so laut«, bat der Arzt.
    Solowjow reichte der Dame seinen Ausweis. Sie schlug ihn auf, warf ihn auf den Tisch und griff nach einem Blatt Papier und einem Stift.
    »Ich schreibe mir alles auf! Ich werde mich gleich heute beschweren! Als er heute früh aus dem Haus ging, fühlte er sich ausgezeichnet.«
    »Wann?«, fragte Solowjow.
    »Was?«
    »Wann ist er aus dem Haus gegangen? Ist er gleich ins Büro gefahren oder hat er sich vorher mit jemandem getroffen?«
    Soja zwinkerte heftig und schüttelte das rote Haar, verblüfft über diese Unverschämtheit: Wie konnte er noch Fragen stellen?! Trotzdem antwortete sie mit hochmütigerMiene: »Nikolai ist kurz nach neun gegangen und gleich hierhergefahren, ins Büro.«
    Solowjow sah auf die Uhr. Zehn nach zwölf. Im Büro war Sazepa um elf Uhr fünfunddreißig aufgetaucht. Wo hatte er die anderthalb Stunden dazwischen verbracht? Hatte er sich mit

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