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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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versuchte sich herauszuwinden – vergeblich. Wenn die Kleine etwas wollte, war sie nicht aufzuhalten, wie eine Naturkatastrophe. Ein Tsunami.
    »Finde sie, frag sie, beschaff es mir!«
    »Aber das ist ein Parfüm für eine erwachsene Frau, und du bist noch ein Kind.«
    »Ein Kind? Ha! Jetzt nicht mehr. Dank deiner Hilfe.«
    »Shenja, es gibt in jeder Parfümerie Hunderte wundervoller Düfte. Ich kaufe dir, was immer du willst, so viel, dass du darin baden kannst.«
    »Nein! Ich will nicht irgendein Parfüm! Und fass mich ja nicht an!« Sie riss sich von ihm los und rannte nackt in die Dusche.
    Sazepa stand auf, tappte barfuß in den Flur und nahm die Brieftasche aus dem Jackett. Als sie zurückkam, reichte er ihr mit einem kläglichen Lächeln fünfhundert Euro.
    »Sei mir nicht böse, Kleines. Hier, dir haben doch die Jeans in der Boutique an den Patriarchenteichen so gut gefallen.«
    Sie schnappte sich mürrisch das Geld, sah ihn mit trockenen,funkelnden Augen an und sagte: »Du wirst mir dieses Parfüm besorgen, Nick. Oder du fasst mich nie mehr an.«
     
    »Hörst du mir zu, Nikolai? Wo bist du denn mit deinen Gedanken?« Sojas Hand wedelte vor seiner Nase herum, die langen roten Fingernägel leuchteten wie Flammenzungen.
    »Ja, Häschen.« Er betrachtete brav die Fliesen.
    »Koralle ist wohl doch zu satt, was meinst du? Obwohl, wenn wir dazu Art-déco-Armaturen und Beschläge nehmen, auf Bronze gemacht, und zur Auflockerung dekorative Elemente mit Wasserlilien …«
    Sazepa billigte alles – die Beschläge, die Lilien und das Korallenrot, bezahlte mit seiner Kreditkarte und bekam dafür einen saftigen Kuss auf die Schläfe, dessen Spuren sofort mit einem Papiertaschentuch beseitigt wurden.
    »Ich weiß, du bist müde, aber ich habe in einer italienischen Boutique ganz in der Nähe eine Jacke gesehen, von Leonardo, sündhaft teuer, doch zum Glück ist Schlussverkauf, und ich habe schon vorgefühlt – ich bekomme einen großzügigen Rabatt.«
    Sie fuhren mit zwei Autos den Prospekt hinunter ins Zentrum und hielten nach zehn Minuten vor einem eleganten Schaufenster. Ein Wachmann öffnete die Tür und begrüßte sie freundlich. Sazepa wankte und wäre gefallen, hätte Soja ihn nicht gehalten.
    »Was ist los, Nikolai? Ist dir schwindlig?«
    »Ja, Häschen. Ich bin erschöpft. Der Blutdruck.«
    »Schon gut, setz dich hin, mein Lieber, ruh dich aus. Ich beeile mich.«
    Sie drückte ihn in einen Sessel im Verkaufsraum und verschwand in einer Anprobekabine. Er griff nach einem Hochglanzmagazin und spürte, dass ihn jemand ansah. Im nächsten Augenblick fragte eine hohe Männerstimme auf Englisch: »Guten Abend. Wie geht es Ihnen? Wo ist denn Ihre reizende Tochter?«
     
    Über eine offizielle Anfrage von der Innenverwaltung waren die Daten aus Shenjas Mobiltelefon frühestens nach zehn Arbeitstagen zu bekommen. Der Vermerk »dringend« verkürzte die Frist um die Hälfte. Nur auf Anfrage aus der Verwaltung des Präsidenten und über FSB-Kanäle standen solche Auskünfte in zwei Tagen zur Verfügung.
    Bereits vor der Sitzung beim stellvertretenden Minister hatte Solowjow erfahren, dass er vom Generalstaatsanwalt keine Hilfe erwarten konnte. Der Mord an Shenja Katschalowa war zwar ernst, aber nicht staatswichtig. Persönliche Beziehungen zur Präsidialverwaltung hatte Solowjow nicht. Dafür aber einen Bekannten beim Sicherheitsdienst einer Telefongesellschaft – Pawel Dymow.
    »Gut«, sagte Dymow, »ich versuch’s. Aber wir werden im Moment überhäuft mit Anfragen zur Teilnehmererkennung, und alle sind dringend. Terrorismus, internationale Finanzmanipulationen und so weiter. Unsere Mädels kommen kaum hinterher.«
    Solowjow schickte einen seiner Männer mit der ausgedruckten Anrufliste von Shenjas Handy, einer Flasche Kognak für Pawel und einem Flakon Parfüm für die Tochter des Mannes, der die Nummern zuordnen würde, zu seinem Freund.
    Der Kriminalist berichtete Solowjow anschließend, Dymow habe die Geschenke mit saurer Miene angenommen und versprochen anzurufen, sobald sich etwas ergab.
    Solowjow saß in der Kantine des Staatsanwaltschaft, aß eine Suppe und dachte gereizt an die Sitzung beim stellvertretenden Minister. Das Telefon klingelte – Dymow.
    »Hör mal, du hast Pech. Bei uns läuft gerade eine Überprüfung.«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Manche von uns verdienen sich nebenbei mal was mit Informationen über Teilnehmer«, erklärte Dymow. »Du wirst zum Beispiel angerufen, und keiner meldet sich,

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