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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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bestimmt lauter so neumodisches Zeug. Furchtbar.
    Max hatte beschlossen, seine Erkenntnisse mit dem greißlichen Blomberg zu teilen und mich nicht an seinen Gedanken teilhaben zu lassen. Ich hatte beschlossen, ihn dafür mit sexueller Abstinenz zu strafen. Heute Abend würde ich ganz sicher schreckliches Kopfweh bekommen.
    Ich war mir aber sicher, dass mich Max in null Komma nichts davon überzeugen würde, dass ich kein Kopfweh hatte. Schlecht gelaunt ging ich die Hauptstraße entlang nach Hause.
    Meine Laune besserte sich etwas, als ich den Schorsch mit einer neuen Laubvernichtungsmaschine sah. Er stand gerade auf einer Leiter und saugte das Laub von seiner Hecke. Weil ich gerade sonst nichts zu tun hatte, außer mich über Max aufzuregen, sah ich ihm eine ganze Weile zu. Ziemlich langatmig erklärte er mir die Vorteile des Saugens gegenüber dem Kehren. Wobei mir nicht klar wurde, wieso man überhaupt etwas gegen das Laub auf Hecken unternehmen musste. Man sah das doch gar nicht richtig. Jedenfalls, wenn man nicht gerade auf einer Leiter stand.
    »Der ewige Dreck«, sagte Schorsch missmutig. Genau diesen Tonfall bekam jeder in unserem Dorf, wenn er mit Laubkehren beschäftigt war. Die meisten Leute in unserem Dorf hatten nämlich ein total gestörtes Verhältnis zum Laubfall. Laub bestand nur so lange aus Blättern, bis es von den Ästen segelte. Während es zu Boden schwebte, durchlief es eine rasante Transformation zum Schmutz, der erbittert bekämpft wurde. Da war jedes Mittel recht, und jedes neue Gerät wurde stolz vorgeführt.
    Schorsch kam von seiner Leiter herunter und sah mich ernst an. »Lisa.« Wegen der Dramatik der Lage versuchte er hochdeutsch zu sprechen: »Das ist eine Unfallgefahr.«
    Unfallgefahr? Mir blieb der Mund offen stehen, und ich starrte auf die Hecke, die er gerade abgesaugt hatte. Für wen? Rutschten die Amseln darauf aus? Und die ganz blöden, die vergaßen, dass sie fliegen konnten, fielen dann einfach zu Boden. Plopp.
    »Des Laub vor deiner Haustür«, setzte er hinzu. »Des musst ordentlich wegmachen. Die Langsdorferin wenn’s herhaut . . .«Er verstummte.
    Wieso ausgerechnet die Langsdorferin? Die hatte doch jetzt ihr Gehwagerl, an dem sie sich prima festhalten konnte.
    »Ja«, sagte ich und nickte ernsthaft.
    Laubsauger. Hatte man so etwas schon gehört. Aber was will man von jemandem erwarten, der seine Bäume so lange schneidet, bis sie wie überdimensionale Klobürsten aussehen? Da ist ein Laubsauger eigentlich die logische Konsequenz.
    »Leihst mir den Laubsauger?«, fragte ich scheinheilig.
    Er verdrehte die Augen und kletterte wieder auf die Leiter. »Mensch, Lisa. Für den Saustall vor deiner Haustür brauchst an großen Besen und a Schaufel.«
    Dann sprang mit großem Getöse der Motor des Laubsaugers an, und ich ging weiter.
    Auf dem Bürgersteig vor unserem Haus lag tatsächlich einiges an Laub. Die Reisingerin hing über dem Gartenzaun und sah aus, als würde sie sich denken, wenn da einer hinfällt. Wer das wieder zahlt.
    Ich beschloss, dass mir ein bisschen Bewegung nicht schaden würde. Dabei konnte ich mich still und leise über den Max, den Schorsch und die Reisingerin ärgern. Außerdem konnte ich dadurch gut die Tafel Schokolade abarbeiten, die ich vor lauter Frust gleich danach essen würde. Ich holte unseren Straßenbesen und kehrte so wild, dass die Reisingerin kommentarlos im Haus verschwand. Zornig arbeitete ich gegen die Laubflut an.
    Max. Der Depp der.
    Es war einfach unglaublich, wie viel Laub sich in kürzester Zeit genau vor unserem Grundstück anhäufte. Vielleicht hatte die Reisingerin etwas gegen uns und kehrte uns ihren Dreck noch mit herüber.
    Schorsch. Der Depp der.
    Ich schrubbte so energisch, dass mir ganz heiß wurde.
    Die Reisingerin. Die dumme Kuh. Ständig rüberspitzen, ob wir den Weg gekehrt haben oder nicht.
    Während ich die verklebten braunroten Blätter zusammenschob, sah ich dazwischen etwas Weißes hervorblitzen. Hinterher ist man immer gescheiter, würde Großmutter sagen. Das dachte ich mir später auch ein paar Mal. Aber so bückte ich mich gedankenlos danach. Es war ein kleiner Schlüssel an einem billigen weißen Plastikschlüsselanhänger. Ich kannte diese Art von Schlüsselanhängern. Der Pfarrer hatte eine ganze Menge davon ordentlich aufgereiht am Schlüsselbrett hängen. Die Anneliese hatte mir vor Jahren einmal erzählt, dass es sogar einen rosa Schlüsselanhänger gab.
    »Ach geh«, hatte ich nur gesagt. »Ein Pfarrer

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