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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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dass der Blomberg draußen auf ihn wartete.
    »Du wirst schon sehen«, hatte ich ihm nachgerufen. Er hatte sich an der Tür noch einmal umgedreht und wieder einmal diesen unschlagbaren speziellen Max-Blick aufgesetzt. Bei dem man ganz genau wusste, dass die nächste Handlung nichts mit einer gepflegten Unterhaltung über Schlüssel-Diebstähle zu tun haben würde.
    Jedenfalls sah ich mich nach dem letzten Gespräch dazu genötigt, den Orgelschlüssel zu klauen. Oder meinetwegen einen x-beliebigen Schlüssel, der im Pfarrhaus hing. Dann würde das nämlich aufhören, mit diesen spöttischen Blicken.
    Nachdem ich jetzt schon zum zweiten Mal das Pfarrhaus umrundet hatte und sich noch immer keine Tür von alleine öffnete, hatte ich so meine Zweifel, ob Leute mit Gehwagerln die Aufgabe lösen konnten. Aber es gab ja auch Leute in unserem Dorf, die ganz ohne eigenen Rollator unterwegs waren. Zum Beispiel die Bet. Die hing schon wieder neugierig über dem Gartenzaun und beobachtete mich.
    »Die Seitentür ist offen«, erklärte sie mir zufrieden, als ich nahe genug an ihr dran war.
    »Ich weiß«, sagte ich mürrisch.
    »Wolltest ein bisserl beten?«, fragte sie mit einem katholischen Leuchten in den Augen.
    »Nein. Ich wollte eine Kerze anzünden«, erklärte ich böse. Nämlich für die heilige Bet, Schutzheilige aller neugierigen Weiber dieses Universums.
    Die Bet nickte zufrieden und ging in Richtung Haus. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, entdeckte ich schon den wunden Punkt des Pfarrhauses. Ein kleines offenes Fenster. Von wegen unser Pfarrhaus ist so sicher wie Fort Knox, da kommt keiner rein! Ich sah mich nach einer geeigneten Kletterhilfe um. Ein Bierkasten wäre nicht schlecht gewesen, aber der Pfarrer hatte keine Bierkästen im Pfarrgarten stehen. Stattdessen sah ich neben dem Nussbaum eine alte Leiter. Noch besser. Die hätte jeder an die Wand lehnen können. Zufrieden schleppte ich die Leiter bis zum Fenster und sah mich noch einmal um. Durch die Bäume war man gut vor den Blicken von Passanten geschützt. Das klappte ja wie am Schnürchen.
    Als ich zum Fenster hinaufgeklettert war, sah ich, dass dahinter die Speisekammer lag. Voller Elan versuchte ich mich durch das Fenster zu schlängeln. Für eine Einbrecherkarriere wog ich vielleicht ein paar Pfund zu viel, zumindest hätte ich mich auf größere Fenster spezialisieren müssen. Aber darum ging es ja jetzt nicht. Für eine ganze Weile ging nichts vor und zurück.
    »Reiß dich zusammen, streng dich an«, feuerte ich mich gedanklich an. Nichts war peinlicher, als von der Bet oder dem Pfarrer im Fenster steckend gefunden zu werden. Mein Herz begann zu rasen, und ich hoffte, dass meine Großmutter nie von dieser schwachsinnigen Unternehmung erfahren würde. Ich konnte mir ihre Meinung dazu blendend vorstellen.
    Ich kippte mein Becken leicht, und plötzlich war ich doch durch. Das ging allerdings ein klein wenig schnell, denn ich rauschte vollkommen ungebremst in die Speisekammer und riss dabei einen Kasten Wasser um. Das war ziemlich laut. Und, um es mit den Worten des Schmalzl-Wirts zu sagen, es tat außerdem sakrisch weh.
    Ich blieb eine ganze Weile einfach nur liegen und versuchte, ein Wimmern zu unterdrücken. Vermutlich hatte ich einen ganz komplizierten Trümmerbruch. Oder eine gefährliche Verletzung des Knies, die mich auf immer und ewig zum Krüppel machte. Und wer war schuld? Ich biss die Zähne zusammen und gab seltsame Geräusche von mir, während ich mich am Boden wälzte. Max. Wenn er gleich gesagt hätte, dass natürlich jeder an den Schlüssel kommen könnte, hätte ich nicht diesen waghalsigen Einbruch machen brauchen.
    Bis ich endlich einsah, dass ich keinen Trümmerbruch hatte, lag ich gefühlte drei Wochen in der Speisekammer unseres Pfarrers.
    Einbrecher war wirklich der blödeste Beruf, den man sich vorstellen konnte. Am liebsten wäre ich jetzt umgekehrt. Aber ich hatte so eine Wut auf Max, dass ich mich zusammenriss.
    Ich fand mich ziemlich mutig, als ich durch das Pfarrhaus bis zur Haustür schlich und dort die Schlüsselsammlung begutachtete. Der Wahnsinn. Direkt neben der Haustür alle Schlüssel an einem Brettchen in der Form einer Kirche in Salzteig. Wenn das mal nicht Anneliese geformt hatte, die sich schon immer in unsere Gemeinde eingebracht hatte. Da war doch klar, dass Kreti und Pleti an den Schlüssel kam. Tatsächlich hing da auch noch ein Schlüssel zum Orgelaufgang, den ich wütend vom Schlüsselbrett riss.

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