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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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ganze Elektronik macht mich krank. Aber auf mich wollt keiner hören. Ich hab’s auf der Pfarrgemeinderatssitzung gesagt. Die Lautsprecher, die bringen uns alle ins Grab.«
    Und das ausgerechnet auf dem Friedhof. Ich sah uns alle tot umfallen, einen nach dem anderen, und das an Allerheiligen. Ins Grablöchl rein, wie meine Großmutter zu sagen pflegt. Eigentlich eine praktische Sache.
    »Beim Pudschek steht nie jemand«, flüsterte ich.
    »Der Pudschek ist auch seit zwölf Jahren tot. Mich wundert’s, dass des Grab ned scho längst ausbaggert ham«, grummelte sie vor sich hin. »Aber wahrscheinlich is der a Wachsleiche. Die müssen s’ liegen lassen.«
    »Hä?«, fragte ich, Großmutter warf mir einen missbilligenden Blick zu.
    »Wie bitte«, verbesserte sie mich.
    »Was ist eine Wachsleiche?«
    »Die Mare ham s’ doch auch ausgraben und wieder eingraben, weil s’ noch genauso war, wie sie s’ reintan ham.«
    Gruselig.
    Großmutter sah nicht aus, als fände sie das gruselig. Sie sah aus, als würde sie sich darüber Gedanken machen, wer das alles wieder zahlte.
    »Beim Wanninger steht auch keiner«, flüsterte ich ablenkend zurück. »Und der ist noch ned lang tot.«
    »Der greißliche Wanninger, der greißliche«, war alles, was Großmutter einfiel. Anneliese warf mir einen bösen Blick zu, den ich souverän ignorierte. War ich die Hüterin meiner Großmutter?
    »Den hat auch keiner leiden können«, setzte sie hinzu. »Die Bet, die hat ihn ned leiden können. Und der Metzger. Mei, hat der immer g’scholtn.« Großmutter lächelte zufrieden. »Und dann natürlich der alte Bügermeister. Mei, ham die sich ang’schrien. Des war nimma schön.«
    »Der war’s«, schlug ich leise vor. Endlich eine heiße Spur. Dass Großmutter mit den wichtigen Fakten immer so spät herausrückte!
    »Ach geh, Mädl«, rügte mich Großmutter. »Der alte Klaus. Der hat doch scho Jahre Parkinson. Der kann scho nimmer allein essen, so zittert der.« Sie warf mir einen bösen Blick zu. »Der arme Mann.«
    O. k. War nur eine Theorie. Der schied also aus.
    »Aber vielleicht hat er ja jemanden angestiftet«, erläuterte ich meine Gedanken weiter. »Seine Frau vielleicht.«
    Großmutter ging auf diesen seltsamen Gedankengang nicht ein. Anscheinend war er viel zu abstrus. Na gut, mit dem Gehwagerl zur Orgel hinaufzukommen war etwas schwierig.
    »Aber, weißt, wer ihn noch ned leiden hat können?« Sie sah triumphierend aus. »Der alte Mesner Gschwendner. Ewig hat er g’scholten. Dass der Wanninger immer liest, während dem Gottesdienst.« Sie machte eine dramatische Pause. »Stell dir des mal vor!«
    Als ich noch Register gezogen hatte, war das noch nicht so. Da hatte er nur miesepetrig dagesessen und auf den Spiegel geschaut, durch den er den Pfarrer beobachten konnte. Aber dass der Mesner ihn deswegen gehasst hatte, konnte ich mir sehr gut vorstellen. Der Mesner hatte ja ständig so einen bösen Blick draufgehabt. Ich hatte das immer auf Anneliese und mich bezogen, aber im Nachhinein fand ich es sehr realistisch, dass die dem Wanninger gegolten hatten.
    »Manchmal hat er dann verpasst, wann er weiterspielen hätt sollen. Stell dir das vor. Der Pfarrer hat genickt und genickt, sich geräuspert und geräuspert. Und was macht der Wanninger?«
    Pornos anschauen, dachte ich mir.
    »Liest in der ADAC Motorwelt«, empörte sich Großmutter. »Ist doch kein Wunder, wenn der Mesner schimpft. Macht ma doch auch nicht.«
    Na ja.
    Die Rosl drehte sich um und schüttelte den Kopf. Dabei bewegten sich ihre Lippen, als würde sie uns lautlos schimpfen. Mannomann. Das gab wieder Strafpunkte. Ich fixierte die Schrift auf unserem Grabstein und tat so, als würde ich die Rosl nicht sehen.
    »Aber der Mesner ist tot«, erinnerte ich Großmutter leise.
    »Was sagst?«, fragte sie laut.
    Jetzt drehte sich auch die Bet um und schüttelte den Kopf.
    »Der Mesner ist doch tot«, wiederholte ich trotzdem. »Der kann ihn schlecht erstochen haben.«
    Sie sah mich bedeutungsvoll an. Wahrscheinlich war es der Geist des Mesners, der keine Ruhe finden konnte. Bevor er es dem Wanninger nicht heimgezahlt hatte.
    »Manchmal hat er sogar gegessen. Da hat’s dann hinter uns geknuschpert und getan. Naa. Des war nimma schön.«
    Ich sah sie misstrauisch an. Davon hatte ich nie etwas mitbekommen. Und Anneliese und ich hätten darüber bestimmt stundenlang gekichert. Daran müsste ich mich erinnern. Aber Großmutter hatte recht. Der Wanninger war nicht so beliebt, wie man

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