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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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die elektrische Weihnachtsbeleuchtung des letzten Jahres hing. Die Lichterkette, die über den großen Baum verteilt war, sah aus, als hätte ein Hurrikan schon die meisten Kerzen heruntergerissen. Und die Mülltonne, die direkt vor dem Küchenfenster stand, sah auch sehr praktisch aus. Man musste nur das Fenster öffnen und den Müllbeutel hinausschleudern.
    Sein BMW, den er bestimmt schon seit ein paar Jahren nicht mehr gefahren hatte, parkte direkt auf einem uralten Perserteppich. Das passte zu der Weihnachtsbeleuchtung in der schiefen Fichte und sah unglaublich apart aus. Hinter dem Haus kam ein alter senfgelber Hund hervor. Ich blieb vorsichtshalber noch ein Weilchen im Auto sitzen. Um den Hals trug er ein Sabberlätzchen, das nicht mehr taufrisch wirkte.
    Schließlich traute ich mich doch aus dem Auto und blieb eine Weile vor dem Gartenzwerg stehen, der mitten auf dem Hof stand. Zwerg war etwas untertrieben. Er war so groß wie ein dreijähriges Kind und hatte einen diabolischen Gesichtsausdruck. Er sah weniger nach Dekoration als nach Abschreckung von Gesindel aus. Außerdem wirkte er so, als hätte er einen übersteigerten Sexualtrieb.
    Der Hund betrachtete mich schweigend und ließ sich dann auf einen sonnigen Fleck fallen, wo er sofort zu schnarchen anfing. Neben dem hässlichen Gartenzwerg stand ein Weckglas mit toten Wespen. Aus wie vielen Sommern diese Leichen stammten, konnte man nicht mehr sehen. Die Bet hätte gesagt, da fehlt die Hand einer Frau.
    Der Anblick war so grauenhaft, dass ich beschloss, dass die Hand einer Frau nicht ausreichen würde. Während ich mir noch überlegte, ob ich nicht doch den Rückzug antreten sollte, ging vor mir die Tür auf, und der Troidl kam heraus. Normalerweise sagt man, dass sich Hunde und ihre Herrchen über die Jahre so annähern, dass sie am Schluss eine gewisse Ähnlichkeit miteinander haben. Der Troidl sah überhaupt nicht aus wie sein senfgelber stinkender Hund. Er hatte sich offensichtlich seinem Gartenzwerg angepasst, denn sein Gesicht trug den gleichen grimmigen, diabolischen Ausdruck, selbst die Nasenform war ähnlich. Immerhin war er heute nicht im Neglige, sondern richtig angezogen. Dafür war ich ihm richtig dankbar.
    Er sah mich griesgrämig an und hob mit einer zuckenden Bewegung das Kinn. Das hatte nichts mit Parkinson zu tun, sondern war nonverbale Kommunikation. Man konnte es übersetzen mit: Hallo, Lisa, nett dich mal wieder zu sehen.
    »Ich bin wegen dem Wanninger da«, sagte ich. Ich musste mich beherrschen, nicht auch das Kinnzucken zu bekommen.
    Er grunzte nur griesgrämig.
    »Wir machen eine Reportage über sein Leben in unserem Dorf«, log ich und versuchte nicht zu hyperventilieren. Ich machte eine kleine Pause, denn ich wollte den Troidl nicht unbedingt daran erinnern, was er das letzte Mal gesagt hatte. Jetzt, wo ich so ganz alleine vor ihm stand, verlor ich doch ein wenig den Mut.
    »Er ist doch g’storbn«, fügte ich hinzu, weil der Troidl weder zuckte noch etwas sagte.
    »Der Depp, der greißliche«, sagte der Troidl griesgrämig. »Und wo krieg ich des Geld her, des er mir schuld’?«
    Ah ja. Er zuckte wieder mit dem Kinn, diesmal in Richtung Haustür.
    Oh. Oh.
    Vielleicht war das nicht unbedingt das, was ich an so einem schönen Herbsttag sehen wollte. Tapfer stapfte ich hinter ihm her, in der Hoffnung, dass er sich nicht hinsichtlich seines Sexualtriebs an seinen Gartenzwerg angepasst hatte.
    In dem engen Hausgang stand ein schmales Schuhkästchen, das schon völlig aus dem Leim ging. Darauf fand man alles, was das Herz begehrte. Von einem einzelnen Winterhandschuh bis zu diversen Schlüsseln, Rechnungen, Feuerzeug und Zigaretten, einem Schraubenzieher. Es türmte sich vielleicht einen halben Meter hoch, und ich hatte Bedenken, daran vorbeizugehen. Vielleicht kam das Ganze durch den Luftzug zum Einsturz. Außerdem hatte ich keine Lust, das Zeug aufzuheben. Ich wollte es nicht einmal mit spitzen Fingern anfassen, um ehrlich zu sein.
    Es roch nach Altmänneressen. Gulasch aus der Dose vielleicht, vermischt mit dem Geruch von saurem Hering. Vielleicht waren es aber auch nur die großen runden Blechdosen, in denen früher Brathering gelegen hatte und die sich jetzt neben diesem Kästchen stapelten. Dem Troidl schien das nichts auszumachen.
    Er ging ins Wohnzimmer und machte ein Schranktürchen auf, aus dem sofort Papier herausgequollen kam. Zielsicher nahm er ein Album heraus und begann darin zu blättern.
    Schließlich hielt er mir

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