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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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Schnitzer nur solche Fratzen schnitzen konnte. Großmutter dagegen hatte mir erklärt, dass auch in den Engeln oft die Teufel steckten. Das verstand ich nicht so ganz, aber meine Großmutter nickte dabei immer, als würde sie an eine bestimmte Person denken. »Des verstehst du noch ned«, hieß es dann. Und meistens sagte sie darauf so etwas wie, dass der Schein oft trügt.
    »Der Teifel vom Dreiwegener Kreiz«, murmelte sie erneut, immer noch über ihren Strahlenapparat gebeugt. Ich verbiss mir die Fragen zu Troidls Frau. Wenn Großmutter in dieser Stimmung war, würde sie sowieso nicht antworten. Dann wollte ich lieber die Sache mit dem Marcumar klären.
    »Ich muss noch mal los«, sagte ich zu Großmutter.
    In der Redaktion brannte noch das Licht. Wer war denn da so fleißig? Ich stieß die Tür auf und sah den Kare am Computer sitzen. Er zuckte so schuldbewusst zusammen, dass es mir fast leid tat. Nicht einmal am Abend konnte man ungestört auf Pornoseiten surfen.
    »Servus«, sagte ich und warf meine Tasche neben den freien Computer. Was für eine angenehme Stimmung. Der Kare, sicher kein Mörder, und nur dabei, seinen normalen sexuellen Interessen nachzugehen. Interessierte sich nicht für geschnitzte Teufel, ließ keine Ehefrauen verschwinden und ärgerte sich nicht über Orgelmusik. Es roch nicht nach Gulasch, nur ein klein wenig nach alter Leberkässemmel, und es gab keine Gartenzwerge. Außerdem saß mir keine Großmutter im Nacken, die ständig fragte, ob diese enorme Strahlenbelastung vor dem Schlafengehen gesund sei.
    »Servus«, sagte er und grinste verlegen. Oder vielleicht doch nicht verlegen. »Was willst denn du noch hier?«
    »Surfen«, sagte ich kurz angebunden und schaltete den Computer ein. Sollte er doch meinen, ich würde mir Lesben-Seiten runterladen. Das war jedenfalls seine Meinung von mir gewesen, bevor ich mit Max zusammen gekommen war. Denn alle Solofrauen, die auf seine Baggerei nicht ansprangen, waren Lesben. Also eigentlich alle. Um seine Chancen bei Frauen noch weiter zu verschlechtern, hatte er sich an seinen Golf einen Aufkleber gedruckt mit der Aufschrift: worldweidweb.der-Abschlepp-Kare.de. Wenn ich mal Inspiration für einen wirklich guten Artikel brauchte, würde ich auf dieser Seite nachschauen.
    »Zu so später Stunde?«, fragte er anzüglich. Der Kare wieder.
    Es war beunruhigend, wie die Leute in meiner Umgebung ihren Gesichtsausdruck an ihr Lieblingsding anpassten. Der Troidl war wie sein Gartenzwerg. Und der Metzger sah aus wie die Würstln, die er immer an Weihnachten verschenkte. Und der Kare beispielsweise sah immer mehr wie sein scheußlicher chinesischer Karpfenglotzfisch aus. Ich hoffte nur, dass ich nicht immer mehr wie mein Hund wurde, mit seinen wirklich unvorteilhaft buschigen Augenbrauen. Vielleicht war das aber auch noch das Beste, was mir passieren konnte. Genauso bestand die Möglichkeit, dass ich in zehn Jahren aussah wie der Strahlenapparat meiner Großmutter.
    »Ich lade mir Pornos runter«, schlug ich mit ernster Miene vor, während ich Google startete.
    »Ehrlich?« Er starrte mich mit offenem Mund an. »Der Chef wenn dich erwischt, des is kein Spaß ned.«
    Das hatte er wohl aus eigener Erfahrung gelernt, mutmaßte ich, bedankte mich jedoch artig für die Warnung und gab das Wort »Quick-Wert« ein. Ich hoffte, dass der Kare das nicht lesen würde. Er würde es garantiert für etwas Schweinisches halten. Während er hinter mir hustete und rotzte, gab ich das Wort »Marcumar« in das Suchfeld ein.
    Marcumar, las ich. Phenprocoumon hemmt die Synthese der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren in der Leber, wobei die nötige Gamma-Carboxylierung der Glutamylseitenketten nicht mehr möglich ist.
    Hää?
    Die Faktoren II, VII, IX und X werden zwar ins Blut abgegeben, sind aber nicht funktionstüchtig.
    Aha.
    Gelegentlich treten unerwünschte Wirkungen auf wie Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Appetitlosigkeit, Diarrhoe, Verstopfung, verstärkter Haarausfall.
    Und was hatte das jetzt mit dem Troidl, dem Schmalzl und dem Pudschek zu tun? Ich las die Sätze noch einmal, in der Hoffnung, dass sich dann etwas klärte. Der Schmalzl-Wirt sah nicht so aus, als würde er unter Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit leiden. Allerdings hatte der Troidl wenig Haare. Aber wegen einer Glatze ist wohl noch keiner gestorben.
    Kare sah mir über die Schulter.
    »Verstehst du das? Was Marcumar und Quick ist?«, fragte ich schließlich. Ich kann’s nicht leiden,

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