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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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soll schön sein.«
    Sie schüttelte missbilligend den Kopf. »Dann hab ich mir das Knie ang’stoßen. Weil ich rauswollt. Und die Wild Anna hat mich am Arm genommen und hat g’sagt, renn ned gegen den Beichtstuhl. Den ham s’ erst vor Kurzem g’richt. Weil der Wanninger mit der Leiter dagegeng’rannt ist.«
    Wir schwiegen eine Weile. Der Wanninger wieder. Haut mit der Trittleiter die Beichtstuhltür ein. Das war doch schon wieder ein Motiv.
    Irgendetwas stimmte an der Sache nicht. Mir war nur noch nicht aufgefallen, was es war. Die Langsdorferin und Großmutter. Der Beichtstuhl. Der Wanninger, der sich auf die Orgel setzt. Großmutter hatte nichts von der Langsdorferin erzählt. Aber das war eher normal. Wenn man sie danach fragen würde, würde sie bestimmt nur unwillig den Kopf schütteln und sagen, freilich, die Langsdorferin war da. Wieso hätt’ ich des sagen sollen? Die is doch jeden Morgen in der Kirch’. Wär beinahe gegen den Beichtstuhl gerumpelt. Is des so wichtig? Die rumpelt immer wieder wo gegen. Auch Max schwieg. Er hatte seinen undurchdringlichen Polizistenblick. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass die Langsdorferin als Zeugin durchging. Sie war schließlich nicht ganz blind.
    Junge Frau findet wichtiges Beweisstück in Troidl‘schem Fischweiher, hatte der Abschlepp-Kare seinen Artikel betitelt. Im Mord an Organisten steht die Polizei noch immer vor Rätseln.
    So ein Depp, der Kare. Als hätten wir in unserem Dorf momentan mehrere Morde aufzuklären. Er hatte aus dem Internet ein Bild eines Gebisses heruntergeladen, das man jetzt in Übergröße bewundern konnte. Was dachte er sich überhaupt? Dass seine Leser keine Gebisse kannten, oder was? Die größte Frechheit war das kleine Foto daneben. Denn darauf war ich von hinten zu sehen. Und jeder würde wissen, dass ich das von hinten war. Und ich sah aus, als hätte ich einen unglaublich breiten Hintern. Ob man die Zeitung deswegen verklagen konnte? Ich konnte doch unmöglich so einen Hintern haben!
    »Da schaust aber dick aus«, sagte Großmutter hinter mir und sah mir über die Schulter. »Vielleicht solltest weniger Schokolade essen.«
    »Das ist nur eine ungünstige Perspektive«, verteidigte ich mich.
    »Und das Land trug in den sieben Jahren reiche Fülle«, fiel meiner Großmutter dazu ein, »und Josef sammelte die ganze Ernte der sieben Jahre, da Überfluss im Lande Ägypten war.«
    Ich dachte lieber nicht darüber nach, was sie mir damit sagen wollte, sondern sah wortlos in die Zeitung.
    War es ein Ritualmord?, stand groß und kursiv in einem kleinen Kasten. Der Biss gibt einem zu denken. Sollte ein Profiler zu Rate gezogen werden? Profiler? Der Kare. Woher hatte er nur diese Ideen! Kare hatte mir ja gestanden, dass er gerne über die Todesliste geschrieben hätte, aber er hatte Schreibverbot bekommen. Damit die Bevölkerung nicht irre wird.
    Der Kare. Der hatte sie echt nicht mehr alle. Eine Todesliste. Und das nur, weil der Loisl wie ein verschrecktes Huhn durch die Gegend rannte. Ein bisschen eigenartig war die Sache mit dem Loisl natürlich schon. Neulich hatte er der Kathl erzählt, dass es ein Massenmord werden würde. Weil’s doch eh jeder wisse.
    Als hätte irgendein Ritualmörder oder Massenmörder Interesse am Loisl! Ausnahmsweise hatte unser Chef mit seinem Todeslisten-Schreibverbot das Richtige getan. Andererseits, wenn es stimmte, was der Loisl sagte . . . Ein Ritualmörder, der unsere Dorfbevölkerung dahinmeuchelte. Und jeder wusste es, nur ich wieder nicht. Mich überlief eine Gänsehaut, obwohl ich wusste, dass der Loisl total daneben war.
    »Der hat sich schon den ganzen Verstand wegg’soffen«, sagte Großmutter, als ich ihre Meinung zur Todesliste hören wollte. »Und die Bet, des is die gleiche.«
    »Was? Die trinkt auch?«
    »Geh, Mädl. Denk doch mit«, sagte sie kopfschüttelnd. »Die hat auch gemeint, dass das eine richtige Epidemie wird. Mit diesen Messerstechereien.« Sie senkte die Stimme. »Und sie meint, der Daschner ist der Nächste.«
    Unser Pfarrer? Mir blieb der Mund offen stehen. Jetzt hatten wir schon keinen Mesner und keinen Organisten mehr. Das war der Untergang der katholischen Kirche.
    Großmutter schüttelte mit einem lauten Tststs den Kopf, dann sah sie wieder in die Bibel.
    . . . eine rituelle Tötung, die in einer vorgegebenen und stereotypen Weise und mit einer kommunikativen Funktion irgendeiner Art durchgeführt wird, las ich weiter. Am liebsten hätte ich jetzt »tststs« gesagt. Man

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