In feinen Kreisen
Häuser zu gehen, die keinerlei Bequemlichkeit aufwiesen, weil alles verkauft worden war, um nicht verhungern und erfrieren zu müssen. Die Einsamkeit und das Leid, die fast körperlich zu spüren waren, taten ihr weh. Die Männer, die sie hier antraf, waren älter als die von der Krim; ihre Wunden waren alt. Man hatte sie ihnen in anderen Schlachten zugefügt, in anderen Kriegen.
Wieder und wieder musste sie die Tränen zurückdrängen, wenn alte Männer sich bemühten, ihre Armut zu verbergen, wenn sie sich zwangen, ihre verbrauchten und verwüsteten Körper zu erheben, um ihr, Hester, ein wenig Gastlichkeit zu bieten.
Es widerstrebte ihr, sich nach den Medikamenten zu erkundigen, die die Menschen von Cleo erhalten hatten. Sie wussten fast alle, dass Cleo vor Gericht stand und dass sie im Falle eines Schuldspruchs ihr Leben verlieren würde. Hester blieb nur, ihnen die Wahrheit zu sagen. Alle Männer ohne Ausnahme waren eifrig darum bemüht, nach Kräften zu helfen, Schränke zu öffnen, ihr die Pulver zu zeigen und genau aufzuzählen, was sie bekommen hatten.
Als sie um Viertel nach zehn zu Hause ankam, machte Monk sich bereits Sorgen um sie. »Wo bist du gewesen?«, wollte er wissen.
Sie ging auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er schloss die Arme um sie und legte seine Wange an ihre Stirn. Sie brauchte ihm nicht zu erklären, was in ihr vorging; er las es in ihrem Gesicht.
»Was hast du in Erfahrung gebracht?«, fragte sie schließlich, während sie ihren Blick hob.
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte er. »Möchtest du eine Tasse Tee?«
»Ja.« Sie wollte schon in die Küche gehen, aber er war schneller als sie.
»Ich hole ihn.« Er lächelte. »Ich wollte dich nicht darum bitten, mir einen Tee zu kochen – obwohl ich wahrscheinlich genauso weit gegangen bin wie du und mit ebenso wenig Erfolg.«
Sie setzte sich und zog die Stiefel aus. Es war ein besonderer Luxus, etwas, das sie nur zu Hause tat. Und es war noch immer ein wunderbares Gefühl, sich daran zu erinnern, dass dies ihr Zuhause war, dass sie hierher gehörte – und Monk ebenfalls.
Als er mit dem Tee zurückkam und sie ein wenig davon getrunken hatte, fragte sie ihn noch einmal, was er herausgefunden habe.
»Treadwell hat einen großen Teil seiner Zeit mit Dingen verbracht, über die wir nichts wissen«, erwiderte er und nippte an seinem Tee. »Er hatte einige sehr ungewöhnliche Freunde. Einer seiner Partner beim Spiel war sogar Bestattungsunternehmer, und Treadwell hat einige sehr merkwürdige Aufträge für ihn erledigt.«
»Genug, um so viel Geld zu verdienen, wie Treadwell ausgegeben hat?« Sie wusste nicht, ob sie sich ein Ja oder ein Nein als Antwort wünschte.
»Nicht annähernd«, erwiderte er. »Er hat lediglich einen Wagen gefahren, wahrscheinlich weil er gut mit Pferden umgehen kann und vielleicht auch, weil er die Straßen kannte. Wahrscheinlich hat er dem Mann nur einen Freundschaftsdienst erwiesen. Er scheint ihm Zutritt zu Hahnenkämpfen und Hunderennen verschafft zu haben, an denen er sonst nicht hätte teilnehmen dürfen. Die beiden waren sogar das eine oder andere Mal zusammen im Bordell.«
Hester zuckte mit den Schultern. »Das bringt uns aber nicht weiter, oder?« Sie versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
Monk runzelte nachdenklich die Stirn. »Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, wie Treadwell überhaupt dahinter gekommen ist, dass Cleo die Medikamente entwendet hat.«
Sie wollte diesen Gedanken gerade als bedeutungslos abtun, als ihr plötzlich klar wurde, was Monk meinte.
»Nun, von Miriam wusste er es jedenfalls nicht!«, sagte sie im Brustton der Überzeugung.
»Von einem von Cleos Patienten vielleicht?«, fragte er. »Wie konnte Treadwell, Kutscher von Major Stourbridge in Bayswater, Spieler und Frauenheld in Kentish Town, etwas über die Medikamentendiebstähle in einem Krankenhaus in Hampstead Heath wissen?«
Sie sah ihn konzentriert an und ein Gedanke keimte in ihr auf.
»Weil er an irgendeinem Punkt darüber gestolpert ist! So muss es gewesen sein – aber wo?« Sie hob die Hand und zählte die einzelnen Punkte an ihren Fingern ab. »Patienten werden krank und gehen in das Krankenhaus, wo Cleo sie kennen lernt, weil sie dort als Krankenschwester arbeitet.«
»Was nichts mit Treadwell zu tun hat«, erwiderte er. »Es sei denn, einer dieser Patienten wäre mit ihm verwandt oder bekannt gewesen.«
»Sie sind alle alt und wohnen in der Nähe des
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