In feinen Kreisen
erwiderte er spitz.
Sie ließ sich eine Weile Zeit mit der Antwort und widmete sich dem Hammel, von dem sie einige Scheiben abschnitt und ihn dann wieder in die Speisekammer zurückbrachte. Sie holte den Rest der eingelegten Gurken hervor und stellte sie auf den Tisch.
»Meinst du…«, begann sie.
Er beobachtete sie, als mache es ihm Freude, sie bei der Ausführung dieser häuslichen Arbeiten zu sehen.
»Ob ich was meine?«, fragte er. »Das Wasser kocht!«
»Vielen Dank.« Sie schob den Deckel ein wenig zur Seite. Es war Zeit, den Kohl hineinzugeben.
»Hester!«
»Ja?«
»Du warst die aufrichtigste Frau, die ich je gekannt habe, und jetzt drehst und windest du dich wie…«
Sie schob sich an ihm vorbei. »Bitte, steh nicht an der Tür rum. Ich kann nicht dauernd um dich herumlaufen.«
Er trat beiseite. »Was glaubst du, weshalb Miriam Gardiner so plötzlich ihre Meinung geändert hat?«
Angst, dachte sie. Die jähe Erkenntnis, dass sie ihr Leben und alles, was damit zusammenhing, in die Hände eines anderen legte, sich ganz und gar ihm auslieferte. Möglich, dass ihr dies in jenem Augenblick im Garten bewusst wurde.
»William, meinst du, wir könnten es uns leisten, tagsüber eine Frau kommen zu lassen, die für uns kocht, die Einkäufe macht und all das andere? Damit wir die wenige Zeit, die wir haben, zusammen verbringen können?« Sie stand stocksteif da und wartete auf seine Antwort. Jetzt war es heraus, die Worte ließen sich nicht mehr zurücknehmen.
Es war vollkommen still in der Küche, bis auf das Sieden des Wassers und das Klappern des Topfdeckels.
Woran mochte er jetzt denken? Geld? Oder Prinzipien? Würde ein Dienstbote eine Störung bedeuten? Wohl kaum. Alle besaßen Diener. Geld. Darüber hatten sie bereits gesprochen. Früher hatte er, der Not gehorchend, Callandras Hilfe angenommen, jetzt lagen die Dinge anders. Er würde niemals jemandem gestatten, seine Frau zu unterhalten. Ihre Unabhängigkeit war bereits ein Streitthema zwischen ihnen gewesen. Sie hatte sich durchgesetzt. Diese Unabhängigkeit war für sie eine Voraussetzung, um glücklich zu sein. Es war der einzige Punkt, in dem er bereit gewesen war nachzugeben – wohl ein Beweis dafür, wie sehr er sie liebte. Bei diesem Gedanken stieg eine wohlige Wärme in ihr auf.
»Es ist nicht so wichtig«, sagte sie spontan. »Ich…« Dann wusste sie nicht, wie sie ihren Satz beenden sollte, ohne alles zu verderben. Zu viele Erklärungen waren immer schlecht.
»Wir haben kein Zimmer frei, um jemanden in der Wohnung unterzubringen«, sagte er nachdenklich. »Sie würde jeden Tag ins Haus kommen müssen.«
Ein Lächeln breitete sich auf Hesters Zügen aus. »Oh, natürlich. Vielleicht müsste sie ja nur nachmittags kommen.«
»Würde das denn genügen?« Er war im Augenblick großzügig, vielleicht sogar ein wenig leichtsinnig. Man wusste nie, welche Aufträge er in Zukunft erhalten würde.
»Ach, sicher«, antwortete sie. Sie nahm einen Fleischspieß und stach in eine der Kartoffeln. Sie waren noch nicht durch.
»Könnte sie vielleicht etwas über Lucius in Erfahrung gebracht haben, das den Gedanken an eine Ehe mit ihm unerträglich machte?«, fragte sie. »Oder etwas über seine Familie?«
»Nicht unbedingt zu diesem Zeitpunkt«, erwiderte er. »Es stand niemand in ihrer Nähe, mit dem sie hätte sprechen können. Alle waren mit dem Krocketspiel beschäftigt oder plauderten , eine ziemlich offene und zwanglose Veranstaltung. Sie kann ihn auch nicht mit einer anderen Frau überrascht haben, falls es das ist, was du denkst. Und gestritten haben sie sich auch nicht. Es hat sie auch niemand erschreckt oder ihr das Gefühl gegeben, eine Außenseiterin zu sein. Sie war viele Male dort gewesen und kannte alle Gäste. Sie hatte selbst bei der Erstellung der Gästeliste mitgeholfen.«
Hester schwieg.
»Ich möchte gern deine Meinung dazu hören«, hakte er nach.
»Ich frage dich als Frau. Verstehst du sie?«
Sollte sie ihm die Wahrheit sagen? Würde er gekränkt sein? Sie hatte gelernt, dass er weitaus verletzlicher war, als seine harte äußere Schale es ahnen ließ. Er besaß Mut und Verstand und ein tiefes Mitgefühl für andere. Nichts brachte ihn so schnell ins Wanken. Er wusste genau, woran er glaubte. Das war eine der Eigenschaften, die sie zu ihm hinzogen, die sie wütend machten und manchmal sogar ängstigten.
Aber nach ihrer Verheiratung hatte sie auch eine andere Seite an ihm kennen gelernt. Er war sehr zärtlich, was sich
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