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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gebrochenen Schädel und das Blut.
    »Er sagt, er habe sie dahin zurückgelegt, wo sie war«, fügte Robb hinzu.
    »Was hatte sie an?«, fragte Monk.
    »Ähm.«
    »Ein Nachthemd oder ein Kleid?«, hakte Monk nach.
    Robb errötete leicht. »Eine Art langer, weißer Robe. Ich denke, es ist ein Nachthemd.« Er fühlte sich sichtlich unbehaglich, über solche Dinge zu reden. Sie gehörten in ein Reich, in dem er sich als Eindringling fühlte.
    »Wo genau hat sie gelegen?«, fragte Monk. »Was könnte sie Ihrer Meinung nach getan haben, als der Schlag sie traf? Kam der Schlag von hinten oder von vorn?«
    Robb dachte einen Augenblick nach. »Sie lag halb auf der Seite, knapp zwei Meter vom Bett entfernt. Es sah aus, als hätte sie sich mit jemandem unterhalten, und als sie sich von dem Betreffenden abwandte, hat er von hinten zugeschlagen. Zumindest stelle ich mir vor, dass es so war. Es würde passen.«
    »Sie wandte ihrem Mörder den Rücken zu? Sind Sie sich sicher?«
    »Wenn der Major sie nicht zu sehr bewegt hat, ja. Die Wunde befindet sich am Hinterkopf, aber nicht direkt in der Mitte. Es ist unmöglich, dass jemand, der von vorn zuschlug, sie an dieser Stelle treffen konnte.« Seine Augen weiteten sich ein wenig.
    »Wenn man also bedenkt, dass die Tat sich in ihrem Schlafzimmer ereignet hat, hätte sie gewiss jemandem, den sie fürchtete, nicht den Rücken zugewandt.« Seine Lippen verzogen sich zu einer schmalen Linie. »Nicht dass ich auch nur eine Sekunde lang geglaubt hatte, wir könnten es hier mit einem Einbrecher zu tun haben. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass jemand sich mit Gewalt Zugang zum Haus verschafft hat. Keine eingeschlagenen Fensterscheiben. Außerdem wäre es für Einbrecher ohnehin noch zu früh gewesen. Niemand bricht in ein Haus ein, wenn die Hälfte der Bewohner noch wach ist. Es war jemand aus dem Haus, nicht?« Das war weniger eine Frage als eine Feststellung.
    »Und es sieht so aus, als sei die örtliche Polizei zu dem gleichen Schluss gekommen«, bemerkte Monk trocken. »Es überrascht mich nicht, dass die den Fall gern loswerden wollen. Haben Sie schon gefragt, wo sich die einzelnen Hausbewohner zur Tatzeit aufhielten?«
    »Ich habe nur Major Stourbridge gefragt. Er scheint ein sehr disziplinierter Mann zu sein, aber er ist leichenblass und sieht meiner Meinung nach ziemlich erbärmlich aus. Er sagte, er habe im Bett gelegen. Er hatte seinen Kammerdiener für die Nacht entlassen und wollte gerade das Licht löschen, als er sich an den Besuch dieses Vetters erinnerte. Es sieht so aus, als hätte Mrs. Stourbridge den Mann nicht besonders gemocht. Der Major dachte darüber nach, ob er besagtem Vetter morgen schreiben und ihm mitteilen solle, dass sein Besuch ungelegen komme.«
    »Um wie viel Uhr wurde Mrs. Stourbridge das letzte Mal lebend gesehen?«
    »Das weiß ich nicht. Ihre Zofe ist hysterisch geworden; die Haushälterin kümmert sich im Augenblick um sie. Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen.« Er sah sich in dem geräumigen Salon um, in dem sie ihr Gespräch führten. Obwohl nur eine Lampe brannte, strahlte der Raum Wärme aus. »Ich habe keine Übung im Umgang mit Menschen dieser Klasse, die in ein Verbrechen verwickelt sind«, sagte er kläglich. »Ich meine, sie zu verhören. Meist geht es bei uns um Einbrüche, um Dienstboten, die nach Fremden im Haus gefragt werden müssen, oder darum, dass jemand nicht richtig abgeschlossen hat.«
    »Solche Vorfälle sind nicht nur in dieser Gesellschaftsschicht selten, sondern auch in allen anderen«, erwiderte Monk. »Aber es ist das Beste, jetzt Fragen zu stellen, bevor die Betreffenden Zeit hatten, miteinander zu reden und sich irgendwelche Lügen zurechtzulegen oder Dinge zu vergessen.«
    »Einer von ihnen wird mit Sicherheit lügen…«, begann Robb.
    Monk stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Die Menschen lügen aus allen möglichen Gründen und wegen Dingen, von denen sie glauben, sie hätten nichts mit dem Fall zu tun. Sie sollten sofort mit der Zofe sprechen, Hysterie hin oder her. Sie müssen in Erfahrung bringen, um welche Uhrzeit sie Mrs. Stourbridge allein und lebend zurückgelassen hat und ob sie noch jemanden erwartete. Was sie gesagt hat, was für einen Eindruck sie machte, alles, was die Frau weiß.«
    »Werden Sie bleiben?«
    »Wenn Sie es wünschen.«
    Man schickte nach der Zofe, die, gestützt von dem Butler, nach einer Weile erschien. Ihre Augen waren rot gerändert, und sie betupfte sich unaufhörlich mit einem

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