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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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auf. » Es ist das Schiff, auf dem sie ist«, erklärte er und sprach gerade laut genug, um das Spritzen des Wassers und den Wind, der durch die Takelage pfiff, wie durch eine Harfe zu übertönen.
    Davies schüttelte zweifelnd den Kopf. » Der Heckaufbau scheint viel zu hoch zu sein. Aber wir werden es bald genauer wissen, denn beide Schiffe werden langsamer. Holen wir jeden Knoten Geschwindigkeit aus diesem Boot heraus?«
    Shandy zuckte die Achseln und deutete auf Hurwood. » Frag ihn – aber ich würde sagen, ja, und ein riskantes bisschen mehr. Seit wir noch schneller geworden sind, um den Spanier im Auge zu behalten, mussten wir alle Segel streichen, weil sie uns nur noch gebremst haben, und jedes Mal wenn wir eine besonders große Welle nehmen, biegen sich die Plankengänge mehr und lecken stärker.«
    » Nun, es sollte nicht mehr viel länger dauern.« Was immer das Schiff vor ihnen war, sie schossen rasch zu ihm auf, und nach etwa einer Minute rief Davies: » Fang!«, und warf Shandy das Teleskop zu. » Wie heißt sie?«
    Shandy spähte durch das Teleskop. » Ähm … die Stimmlotte Bailichael? Nein … nein, es ist die Carmichael, ich kann es jetzt deutlich sehen …«
    » Behalte sie weiter im Auge«, befahl Davies.
    » Nun«, erwiderte Shandy müde nach einigen weiteren Augenblicken, » sie verschwimmt und verändert sich. Aber für einen Augenblick war sie die Charlotte Bailey.« Er seufzte und murmelte einen Fluch, den er vor einem Monat noch nicht gekannt hatte. » Also hat er die Mannschaft der Charlotte Bailey wieder zum Leben erweckt, um die Männer zu ersetzen, die er ermordet hat, aber seine neue Zauberkraft ist so groß, dass er auch den Geist des Schiffs wiedererweckt hat, und er klammert sich nun an die Carmichael.
    Davies deutete mit dem Kopf auf die spanische Galeone. » Er hat sogar das Schiff wiedererweckt, das mit der Bailey untergegangen ist.«
    » Gott«, sagte Shandy. » Ich frage mich, ob er das weiß.«
    » Ich denke nicht, dass es eine Rolle spielt. Die de Lagrimas scheint die Schlacht genau dort fortsetzen zu wollen, wo sie vor einem Jahrhundert endete … und ich glaube nicht, dass wir das zulassen wollen.«
    » Nein«, bestätigte Shandy.
    » Nein«, pflichtete Hurwood bei, der endlich aufgestanden war und seinen abscheulichen Kasten geschlossen hatte. » Und um eure frühere Frage zu beantworten, nein, Friend weiß nicht, was der Spanier ist, sonst hätte er keine Energie auf den Versuch verschwendet, das Schiff heraufzubeschwören – es ist Teil derselben Magie, die ihn mit einer Mannschaft ausgestattet hat, und die einzige Möglichkeit, sie loszuwerden, besteht darin, diese Magie zu kanalisieren.« Er lachte, ohne zu lächeln. » Der Junge hat seine neue Macht noch nicht unter Kontrolle. Er hat auf den Meeresboden gegriffen, um eine Mannschaft zu bekommen, und er hat gleichzeitig alles und jeden in der Nähe wiedererweckt. Ich würde wetten, dass unter uns jetzt Fische schwimmen, die gestern noch über den Meeresboden versprengte Skelette waren.«
    » Entschuldigt«, sagte Shandy hastig, » aber können Kugeln aus Geisterkanonen echten Schiffen Schaden zufügen? Die Lagrimas scheint sich für eine Breitseite in Position zu bringen.«
    » Ich weiß nicht«, knurrte Hurwood. Der alte Mann schloss die Augen und holte tief Luft, und dann machte die Hälfte der Männer an Bord der Jenny Bekanntschaft mit den Decksplanken, als die alte Schaluppe mit einem Satz ihre rasende Fahrt über die Wellen noch mehr beschleunigte. Shandy, der am Heckbalken lehnte und Mühe hatte, die bei dieser Geschwindigkeit recht fest wirkende Luft zu atmen, warnte Hurwood, dass das geschundene alte Schiff diese Tortur wahrscheinlich nicht lange mitmachen würde.
    Rauch quoll von der Steuerbordseite des Spaniers auf, und einen Moment später rieb sich Shandy ungläubig die Augen, denn die Carmichael verschwamm und wurde unscharf, schien sich gleichzeitig sowohl unter der Wucht der Breitseite überzulegen als auch unbeeinflusst weiterzulaufen, schien Rahen und Segel zu verlieren und gleichzeitig unter voller Besegelung zu fahren.
    Beim Anblick dieses Wunders brachen die betrunkenen Piraten an Bord der Jenny in lautes Gebrüll aus, und mehrere von ihnen versuchten eigenmächtig, einige Segel zu setzen, während andere zum Ruder stolperten. Ein Mann machte sich über die Ankerwinsch her und wollte den Anker fallen lassen.
    Davies grinste die Männer an, die zum Ruder gelaufen kamen, zog nachdenklich eine

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