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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Duft, dass Shandy seine Entschlossenheit, was Ann betraf, vergaß, und ebenso Beth und seinen Vater und seinen Onkel, und einfach nur die Arme hob und sie näher an sich zog. Das Mädchen schien ihn zusammen mit der heißen Sonne auf seinem Rücken und dem warmen Wasser um seine Knöchel für einen Augenblick auf der Insel zu verwurzeln wie einen Baum, angetrieben nur noch durch biologische Erfordernisse und Reflexe und ohne den geringsten Rest eines Bewusstseins seiner selbst.
    Dann fasste er sich und ließ die Arme sinken; sie trat zurück und grinste ihn an.
    » Wo…«, begann Shandy zu krächzen. » Wofür«, fuhr er mit kräftigerer Stimme fort, » wofür war das?«
    Sie lachte. » Wofür? Fürs Glück, Mann.«
    » Aufgepasst, Jack«, sagte Skank leise.
    Bonny kam durch den weichen Sand gestapft, sein rundes Gesicht rot unter einem dunklen Tuch, und wirbelte dabei mit seinen Stiefeln weiße Sandwolken auf. » Shandy, du Hurensohn!«, kreischte er. » Du gottverdammter, hinterhältiger Hurensohn!«
    Nur wenig besorgt wandte Shandy sich ihm zu. » Was willst du, Jim?«, rief er mit gelassener Stimme.
    Bonny blieb vor seiner Frau stehen, sodass seine Stiefel gerade eben nicht nass wurden, und für einen Moment sah es so aus, als wolle er sie schlagen. Dann zögerte er, wandte den Blick von ihr ab und sah stattdessen mit finsterem Stirnrunzeln Shandy an. Er zog ein Klappmesser aus der Tasche – Shandy trat zurück und griff nach seinem eigenen Messer –, aber als Bonny seine Klinge ausgeklappt hatte, drückte er sie in die Spitze seines eigenen linken Zeigefingers und schnippte sie dann weg, sodass einige Blutstropfen in Shandys Richtung flogen. Gleichzeitig stimmte er einen vielsprachigen Vers an, der nicht den geringsten Sinn ergab.
    Shandy bemerkte, dass die Sonne plötzlich heißer wurde – erschreckend heiß – und dann war Skank Jim Bonny in den Rücken gesprungen, warf ihn auf die Knie und ins Wasser, setzte ihm einen nackten Fuß zwischen die Schultern und stieß ihn mit dem Gesicht ins flache Wasser.
    Bonny schlug um sich, platschte und fluchte, aber der plötzliche Schweiß auf Shandys Gesicht und Schultern wurde kalt. Skank watete weiter ins Wasser und trat Bonny gegen den Arm. » Du vergisst doch jetzt nicht die Regeln, oder, Jim?«, fragte Skank. » Keine Angriffe mit Vodun unter uns, es sei denn bei einem regelrechten Duell, ist es nicht so?« Bonny hatte sich bemüht, sich aus dem Wasser zu stemmen, aber Skank trat noch einmal zu, härter diesmal, und Bonny sackte mit einem halb erstickten Protestschrei zusammen.
    Shandy sah Ann an und war ein wenig überrascht festzustellen, dass sie besorgt wirkte. Mr. Bird beobachtete das Ganze mit offenkundiger Missbilligung.
    » Du bist kein Bocor«, fuhr Skank fort, » und auf der Insel gibt es Kinder, die deinen Kopf in Brand setzen könnten wie eine Fackel und über jede lahme Drogue lachen würden, die du zu ihrer Abwehr machen könntest. Aber Shandy ist neu und weiß nichts über all diese Dinge. Glaubst du, Davies fände es lustig, wenn ich ihm davon erzähle?«
    Bonny war davongekrochen und erhob sich nun schwankend auf die Füße. » Aber – aber er hat sie geküsst, meine …«
    Skank machte drohend einen Schritt vorwärts. » Glaubst du, er fände es lustig?«
    Bonny zog sich platschend zurück. » Sag es ihm nicht«, murmelte er.
    » Weg hier mit dir«, erwiderte Skank. » Ann – mit dir auch.«
    Ohne Shandy in die Augen zu sehen, folgte Ann ihrem patschnassen Ehemann zurück den Strand hinauf.
    Shandy drehte sich zu Skank um. » Danke … für was auch immer.«
    » Ah, du wirst es schon noch lernen.« Skank schaute zu dem Ruderboot hinüber. » Liegt schon ziemlich tief«, bemerkte er. » Noch eine weitere Platte, dann ist es voll genug.«
    Shandy ging hinauf zu dem Holzschlitten, auf dem die Marmorplatten lagen – und bemerkte Venner, der während des ganzen Spektakels nicht einmal aufgestanden war. Der Mann lächelte so freundlich wie nur je, aber ganz plötzlich beschloss Shandy, ihm den Fluchtplan nicht anzuvertrauen.

Kapitel 4
    Weil die Carmichael am nächsten Morgen auslaufen sollte, waren die Gespräche rund um die Feuer an diesem Abend ein fantastisches Gewebe aus Spekulationen, Warnungen und unmöglichen Geschichten. Jack Shandy, der die Sorgen und Ängste, die den Rest von Davies’ Mannschaft erfüllten, nicht teilte, lauschte nichtsdestoweniger mit großem Interesse den Geschichten: Von Schiffen, die mit Zombies bemannt waren und

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