In fremderen Gezeiten
nur um Mitternacht von Männern gesehen werden konnten, auf denen ein Fluch lastete, von verschiedenen magischen Vorsichtsmaßnahmen, die in Florida notwendig sein würden, so weit entfernt vom Schutz durch Mate Care-for und die übrigen Vodun Loas, von den Spaniern, denen sie im Golf von Mexiko vielleicht begegnen würden, und den Taktiken, die sie gegen diesen Feind einsetzen konnten. Es wurden auch alte Legenden nacherzählt, und Shandy hörte die Geschichte des Piraten Pierre le Grand, der mit einem winzigen Boot und einer Handvoll Männer fünfzig Jahre zuvor eine Galeone der spanischen Silberflotte gekapert hatte, und er hörte eine muntere Version der vierstündigen Seeschlacht zwischen der englischen Charlotte Bailey und der spanischen Nuestra Señora de Lagrimas; geendet hatte die Begegnung damit, dass beide Schiffe gesunken waren. Dann versuchten die Piraten für eine Weile, einander mit Geschichten über die Saug-dich-aus zu übertreffen, Sukkuben, weibliche Buhlteufel, die auf einsamen Inseln verschmachtenden Seeleuten ihre letzten Stunden mit verzehrender Erotik erfüllten.
Die Carmichael sollte in Florida mit Schwarzbarts Queen Ann’s Revenge zusammentreffen und so gab es jede Menge Tratsch über diesen überaus farbigen Piratenkapitän. Es wurde darüber spekuliert, warum er an diesen unzivilisierten Ort zurückkehrte, wo er ein oder zwei Jahre zuvor weit landeinwärts gegangen war auf der Suche nach irgendeinem magischen Machtzentrum, nur um Tage später hinkend, erfolglos und krank zurückzukehren, besessen von den Geistern, die ihn jetzt plagten wie Flöhe einen Hund.
Shandy hatte sein bisher bestes Abendessen gekocht, und gesättigt und leicht betrunken genoss er den Abend sehr … bis er die anderen Mitglieder der Mannschaft bemerkte, diejenigen, die nicht tapfer tranken und am Feuer lachten. Mehrere von ihnen waren zu den Segeltuchzelten geschlurft, und einmal, als der Wind nachließ, dachte Shandy, er höre leises Schluchzen aus dieser Richtung, und er sah Skank in der Dunkelheit unter einer Palme sitzen und sorgfältig einen Dolch schärfen, auf seinem jungen Gesicht einen Ausdruck intensiver Konzentration, der beinahe an Traurigkeit grenzte.
Shandy stand auf und ging zum Ufer hinunter. Gerade eben sichtbar über der halben Meile dunklen Wassers des Hafens war die Silhouette von Hog Island, der Schweinsinsel, die sich vor den Sternen abzeichnete, und etwas näher konnte er Schiffsmasten erkennen, die sanft in der Brise und der leichten Dünung schwankten. Er hörte hinter sich das Knarren von Stiefeln, und als er sich wieder zu den Feuern umdrehte, sah er die hagere Gestalt von Philip Davies auf sich zukommen, eine Flasche Wein in jeder Hand. Hinter ihm hatten die Musikanten der Siedlung begonnen, ihre bunt zusammengewürfelten Instrumente zu stimmen.
» Bitte schön«, sagte Davies betrunken. » Wer verdient den besten Wein, wenn nicht der Koch?« Er streckte eine der Flaschen aus, der man in Ermangelung eines Korkenziehers einfach den Hals abgeschlagen hatte.
» Danke, Kapitän«, erwiderte Shandy, nahm die Flasche entgegen und beäugte den scharfkantigen Hals misstrauisch.
» Chateau Latour 1702«, sagte Davies und nahm einen guten Schluck aus seiner eigenen Flasche.
Shandy beschnupperte seine, dann hob er sie an und goss sich etwas von dem Wein in den Mund. Es war der trockenste, sanfteste Bordeaux, den er je gekostet hatte – und sein Vater und er hatten bisweilen gute Weine getrunken –, aber er ließ sich seine Freude nicht anmerken. » Hu«, murmelte er achtlos. » Ich wünschte, den hätte ich gehabt, als ich Zutaten für den Eintopf brauchte.«
» Für den Eintopf.« Die Hälfte von Davies’ Gesicht wurde vom Licht des Feuers erhellt, und Shandy sah, dass es sich zu einem säuerlichen Grinsen verzog. » Als ich noch ein Junge war, in Bristol, und an einem Weihnachtsabend gerade die Holzwerkstatt verließ, in der ich Lehrling war, kamen einige Straßenjungen und zerbrachen unser Fenster, um einige Dinge zu stehlen. Was sie nicht mitnahmen, warfen sie um, und da gab es …« Er hielt inne, um an dem Wein zu nippen. » Da gab es eine Gruppe von kleinen geschnitzten Chorknaben, keiner davon größer als dein Daumen, alle hübsch bemalt, und ich sah einen von ihnen in den Schnee fallen. Einer der Jungen erwischte ihn mit dem Fuß, als er davonlief, und er kollerte die Straße entlang. Und ich weiß noch, wie ich dachte, dass dieser kleine, hölzerne Bursche – was auch immer
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