für
einen Daddy, der alles für sein Kind tun will.
Jolie wirkt jetzt, in
den letzten Minuten, wie verwandelt. Ihr Gesicht ist nicht mehr so
verschwollen, dass sie die Augen nicht aufkriegt. Sie ist noch sehr blass, aber
sie sieht wieder so aus wie auf den Fotos vom letzten Sommer. Ein kleines
Mädchen mit einem Leuchten in den Augen und einem Lächeln auf den Lippen, das
so gern gesund sein will. Das ihr Krankenzimmer verlassen will, um mit Mommy
und Daddy am Strand zu spielen und in den Wellen rumzutoben.
Jolie hat mich gerade
gefragt, ob Du ihr morgen wieder eine Mail schreiben willst. Sie würde sich
darüber freuen, sagt sie.
Jaycie, ich finde es
großartig, wie Du Dich um Jolie sorgst.
Ich hab Dich ganz
doll lieb,
Alex
Von: Alex
[email protected] An: Alle Kontakte
Kopie:
[email protected] ,
[email protected] ,
[email protected] 14.10.2012 / 11:48
Betreff:
Jolie geht es schlechter!
Liebe Freunde,
gestern ist das Fieber wieder gestiegen, und Jolie hatte Schüttelfrost, dass
ihr die Zähne geklappert haben. Sie bekommt jetzt neue Medikamente, aber wir
wissen noch nicht, wie sie wirken. Cassie und ich können nur abwarten, aber das
fällt uns schwer, weil Jolie sich entsetzlich fühlt.
Es sind meine Zellen,
die Jolie so leiden lassen, und dieser Gedanke ist für mich nur schwer zu ertragen.
Ich wollte ihr Leben retten, und war stolz auf meine Entscheidung, die
Transplantation zu wagen. Aber was habe ich getan! Mein Kind so leiden zu
sehen, zu wissen, dass es schon in wenigen Stunden sterben kann, ist eine harte
Lektion in menschlicher Ohnmacht. Ich lerne Demut. Und ich bin sehr dankbar und
unendlich glücklich, dass Cassie zu mir steht. Unsere Liebe ist ein fester
Halt. Sie schenkt uns die Kraft, allem standzuhalten, was nur schwer
durchzustehen ist, und sie lässt uns auf das Beste hoffen.
Der nächste
Meilenstein auf unserem langen Weg ist Jolies Geburtstag. Ihr sehnlichster
Wunsch ist es, sechs zu werden. Sechs brennende Kerzen auf einem
›Hippo-Birdie‹-Kuchen – davon habe ich heute Morgen geträumt, als ich vor
Erschöpfung neben ihr eingeschlafen bin. Strahlende Kinderaugen, Jolies
ausgelassenes Lachen, Luftballons, Geschenke, Spiele. Das ist mein sehnlichster
Wunsch. Ich will, dass mein Kind mich umarmt, wenn es die Kerzen ausgepustet
hat, und sagt: »Ich hab dich lieb, Daddy.«
Ein ganz bescheidener
Wunsch, nicht wahr? Von wegen! Es ist der anmaßendste von allen: Ich will, dass
mein Kind lebt.
Alex
Von: Cassie
[email protected] An: Alle Kontakte
Kopie:
[email protected] ,
[email protected] ,
[email protected] 19.10.2012 / 00:47
Betreff:
Jolie auf der Intensivstation!
Liebe Freunde, Alex
und ich sind der Verzweiflung nahe. Jolie geht es immer schlechter. Heute
Nachmittag wurde sie auf die Kinder-Intensivstation verlegt. Sie liegt jetzt
gerade neben mir im Bett und schläft. Ihr Gesicht sieht schrecklich aus, bleich
und aufgedunsen, der Hautausschlag am ganzen Körper erinnert an schwere
Verbrennungen, und ihre Hände und Füße haben sich schwarz verfärbt, wie bei
einer Erfrierung. Die Blutuntersuchungen zeigen, dass die Medikamente eine
toxische Wirkung auf ihre Organe haben. Leber und Nieren sind geschädigt. Und
jetzt droht auch noch eine Lungenentzündung – wegen der hohen Dosis der
Immunsuppressiva kann die Infektion lebensbedrohlich werden.
Doch was hält dieses
Kind alles aus, ohne zu jammern oder zu weinen! Wie oft wird es aus dem Schlaf
gerissen, wie oft wird es gepikst, wie oft werden seine Vitalwerte gemessen,
wie oft muss es Medikamente nehmen. Aber Jolie lacht, sie freut sich über eure
Mails, die ich ihr vorlese, sie hat einen Lebenswillen, der Alex und mich in
Erstaunen versetzt. Wie oft sagt sie uns: »Ich hab euch ganz doll lieb, Mommy,
Daddy. Und das Baby auch.« Wie sollen wir da die Hoffnung aufgeben, dass dieses
tapfere, starke, vertrauensvolle Kind diese entsetzlichen Leiden überlebt?
My funny little girl
so zu sehen, in einem Bett der Intensivstation, neben einem Beatmungsgerät, das
ist einfach zu viel für mich: Wüsste ich nicht, dass es noch viel schlimmer
kommen kann, würde ich dies für den schlimmsten Tag in meinem Leben halten. Und
wüsste ich nicht, dass Alex an meiner Seite steht, wäre das alles noch viel
schwerer zu ertragen. Hilflos müssen wir dabei zusehen, wie dieser kleine
Körper leidet und wie das Leben aus ihm schwindet. Alex leidet sehr unter