In Gedanken bei dir (German Edition)
Rücken, spürte das Zucken ihrer Muskeln und das
Flattern ihres Herzens. »Das ist schlimm, und mir hat noch nie im Leben etwas
so leid getan. Aber ich möchte dir was sagen. Ich möchte, dass du mir jetzt
zuhörst, Süße. Hörst du mir zu?«
Jolie
nickte wimmernd, und die Folie um ihren Teddy knisterte und knackte.
»Mommy
und Daddy werden die ganze Zeit bei dir sein. Wir lassen dich nicht allein. Wir
haben dich sehr lieb, Jolie. Noch nie ist ein Kind so geliebt worden wie du.«
Die
Kleine schluchzte verzweifelt auf und schob den Daumen in den Mund.
»Jolie,
wir können dir nicht versprechen, dass du wieder gesund wirst. Aber Daddy und
ich werden alles dafür tun, dass es dir immer gut geht. Das versprechen wir
dir. Bei der Sonne, dem Mond und allen Sternen.«
»Und
dem Regenbogen?«, fragte Jolie mit gebrochener Stimme nach.
»Und
bei den Vögeln, den Schmetterlingen und den Blumen«, versprach Alex.
Er
zog Jolie und ihren Teddy auf seinen Schoß, und Cassie rückte eng an die beiden
heran, strich ihrer Kleinen über den bebenden Rücken und wischte ihr sanft die
Tränen aus dem verheulten Gesicht.
»Okay. Danke. Bye.«
Nick
beendete das Telefonat und folgte Karen, die er eben durch die offene Tür des
Sprechzimmers gesehen hatte. Mit einem weißen Plastiktablett voller Nadeln und
Ampullen, Tupfern und Pflastern ging sie den Gang entlang zu Jolies Zimmer. Als
sie die Tür erreichte, öffnete Nick sie für Karen, dann folgte er ihr hinein.
Alex
saß mit Jolie und ihrem Plüschbären auf dem Schoß auf dem Bett. Cassie, die
neben ihm hockte, winkte Nick heran.
Während
Karen das Tablett auf den Nachttisch stellte und Alex seinen Ärmel
hochkrempelte, trat er zögernd näher.
Cassies
Blick suchte seinen. »Wir machen einen Bluttest.«
Wir.
Langsam
atmete Nick aus, immer weiter, bis er keine Luft mehr in der Lunge hatte.
Wir.
Das
heißt: Jolie, Cassie und Alex.
Nicht
ich.
Wie
ich mich jetzt fühle?
Zurückgestoßen.
Mit
verschränkten Armen sah Nick zu, wie Karen Alex’ Arm abband und nach der Vene
tastete. Im Labor würde sein Blut auf sechs Proteine untersucht werden. Wenn
sie mit denen von Jolie übereinstimmten, konnte er ihr Leben retten. Aber das
würden sie ebenso wenig wie Cassies. Jolie hatte ihre HLA-Merkmale von beiden
Eltern.
Cassie
und Alex hatten diesem Kind das Leben geschenkt. Aber keiner von ihnen konnte
es vor dem Tod bewahren.
»Mommy,
Karen pikst Daddy! Sie tut ihm weh!«, rief Jolie, als würden ihr selbst
Schmerzen zugefügt.
Nick
fiel es schwer, Mitgefühl für Alex zu empfinden. Und es wurde noch schwerer,
als Alex seine Kleine nach einem langen Blick zu Nick auf ihren Beanie küsste:
»Ist nicht schlimm, Jolie.«
Karen
zog die Nadel, presste einen Tupfer auf den Einstich und klebte ein buntes
Kinderpflaster auf den Arm.
Cassie
hatte die Verbandmittel im Internet gegoogelt und bestellt. Ein ganzes Päckchen
hatte sie dem Medical Center zur Verfügung gestellt, damit Jolie nach jedem
Piksen ein niedliches Pflaster bekam.
Alex
zeigte Jolie das Pflaster. »Schau mal, da ist ja ein grinsender Delfin drauf.«
Behutsam
strich sie über das Pflaster. »Ist der süß! Und wie seine Augen funkeln.« Mit
dem Fingernagel kratzte sie darauf herum, dann betrachtete sie ihre
Fingerspitze. »Das ist ja Glitzer. Ist das nicht toll? Guck mal, Nick.«
Zögernd
trat er näher und sah sich Alex’ Pflaster an. »Der Delfin ist wirklich niedlich.«
»Du-hu,
Ni-hick?«, druckste Jolie herum. »Daddy tut bestimmt ganz doll der Arm weh,
wegen dem Piksen, und so. Kannst du nicht mal pusten? Weil, bei mir hilft das
immer.«
Cassie
hob die Augenbrauen, ihre Mundwinkel zuckten, und Nick gab nach. Er beugte sich
über den Arm, den Alex ihm entgegenstreckte, und pustete auf die Wunde, wie er
es immer bei Jolie getan hatte.
Die
Kleine kicherte und blickte ihren Daddy an. »Schon besser?«
»Es
tut gar nicht mehr weh.«
Jolie
verzog den Mund und kaute auf der Innenseite ihrer Unterlippe, während sie erst
Nick, dann Alex ansah. Offenbar dachte sie angestrengt nach. »Daddy? Wo willst
du eigentlich schlafen, auf dem Hausboot, meine ich?«
Alex
schaute Cassie an, die wiederum Nick ansah.
»Du
kannst bei Mommy schlafen, weißt du«, plapperte Jolie einfach weiter, süß und
naiv. »Und Nick kann in meinem Bett schlafen und mit meinen Stofftieren
kuscheln. Aber meinen Plüschfrosch Jumpy, den hab ich ganz lieb, den kriegst
du,
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