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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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wahrscheinlicher, daß es unrecht Gut sei, die Frucht irgendeiner Missetat. Er erklärte, der Räuber sei sicher bei einer Schießerei ums Leben gekommen und seine trauernde Witwe habe die Stiefel als Andenken aufbewahrt. Ich mußte meine Tränen zurückschniefen, aber das gleiche passiert mir auch bei gewissen Werbespots und Familienserien.
    In diesem Moment quiekte Bun plötzlich: «Wo ist Wen eigentlich?» Wir blickten uns um. In der Aufregung hatten wir die einsam Suchende, die vielleicht gerade in einer Schneewehe versank und zu ersticken drohte, glatt vergessen.
    Vom Ingwerwein gestärkt und beschwingt, sausten wir alle hinaus, und nach 10 Minuten angstvollem Rufen fand Ben sie, während Bun in gefrierende Tränen aufgelöst war und ich mich schon mit dem Schlimmsten abgefunden hatte, einschließlich einer Feuersbrunst, die das Haus als Finale dahinraffen würde.
    Wen schlief im Auto. Sie sagte später, sie sei nur deshalb eingestiegen, weil sie die Scheinwerfer einschalten wollte, um Pearl anzulocken, und dann müsse sie eingeschlafen sein. Sie sagte, sie habe gedacht, das arme kleine Ding würde zu dem Lichtstrahl laufen, wenn es sah, wie er seine Hoffnungsbotschaft über den Schnee sandte. Hunde täten das oft, stimmt’s, Bun? Die Theorie war mir neu, und selbst Bun sah ungläubig drein. Wen fügte fröhlich hinzu, sie sei aber erst wenige Sekunden im Auto gewesen und müsse vor schierer Erschöpfung eingeschlafen sein. Keiner von uns stellte es in Frage. Wir tranken einfach den Ingwerwein aus, und Emily schlug vor, die Party mit Kakao und Kuchen zu beschließen. Ben meinte, ein Schuß Rum für jeden sei zum Aufwärmen sehr empfehlenswert. Kakao mit Rum, behauptete er, sei zu allen Zeiten nach Seeschlachten gern als Stärkungsmittel getrunken worden. Wellington habe darauf geschworen. Nelson habe ausdrücklich danach verlangt. Und für peruanische Katzenbären werde es als Aphrodisiakum benutzt, fügte er hinzu. Als die Zwillinge das hörten, schienen sie ganz begierig, es zu probieren. Sie klatschten in die Hände und kicherten, als hätte man ihnen zum Frühstück Austern serviert.
    Mir war nicht ganz wohl, was die Wirkung von einem Schuß Rum betraf, egal zu welchem Getränk, doch ich muß zugeben, daß ich als erste an der Flasche war.

    Eine oder zwei Stunden danach rief Marsha an. Wir waren alle müde, und ich hatte von dem Kakao mit Rum entschieden einen Schwips bekommen. «Hallo, du Sumpfblümchen», sagte ich, und alle am Tisch kicherten.
    Marsha fragte streng: «Bist du betrunken?»
    «Kakao mit Rum», sagte ich. Sie antwortete, sie habe schon so oft versucht, mich zu erreichen, und ich sei nie dagewesen, und wenn ich endlich da sei, ticke ich nicht richtig. Was beim Himmel los sei? Marsha denkt, wer jenseits des Einzugsgebiets von Potters Bar im Norden oder Purley Park im Süden wohne, wisse nicht, was er in seiner freien Zeit anfangen solle. Sie denkt, wir sitzen alle da wie Troglodyten und warten darauf, daß unsere Freunde aus der Stadt unseren Alltag verschönern, indem sie kommen und unsere Gästezimmer in Beschlag nehmen.
    Ich erzählte etwas über den Trödelmarkt. Ich sagte nichts von dem Geld in den Bauernstiefeln oder von der einärmeligen antiken Bluse. Es ist schwer, solche Dinge in ein paar Minuten so zu verdeutlichen, daß sie den Zuhörer fesseln.
    «Wie geht es Ben?» erkundigte sie sich.
    «Sehr gut», antwortete ich überrascht und ignorierte seine wilden Gesten. «Er fährt morgen nach Haus.»
    «Ich dachte, er ist krank», warf sie mir vor. «Ich habe mich schon gewundert, daß er heute nachmittag das Telefon abnahm.»
    «Er war krank», sagte ich hastig. «Sogar ziemlich. Sehr krank, wirklich. Wir dachten, es sei eine Blinddarmentzündung, aber dann war es nur ein Ziehen in den Leisten vom Joggen. Er ist ein großer Jogger vor dem Herrn, verstehst du. Er läßt keinen Morgen aus.» Ich war richtig stolz darauf.
    «Du hast gesagt, Mumps.» Jetzt klang sie echt sauer.
    «Natürlich. Blinddarmentzündung und Mumps. Aber Mumps nur wegen der Schwellungen in der Leistengegend, verstehst du. Es war alles sehr beängstigend.»
    Ben nickte zustimmend. Die anderen sahen mich ratlos an. Bun tätschelte die Hand von Ben. Wen rückte unbehaglich ein Stück von ihm fort. Sie hatte ihre Zipfelmütze auf die Ofenplatte gelegt, die nun ein wenig dampfte. Em war gegangen, um nach Phyllis zu sehen. Demelza war herumgesaust wie eine Rakete. Sie hatte ihr ganzes Bettzeug aus dem Schrank

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