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In glücklichen Umständen

In glücklichen Umständen

Titel: In glücklichen Umständen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Cooper
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Internat sei. Er hatte damals wie ein ganz kleiner Junge gewirkt und uns als Gegenleistung für das Glück des Hundes sein Taschengeld angeboten. Adams Mutter war eine schöne Frau und liebte ihren Sohn, aber sie hatte keine Ahnung, wie sie diese Liebe ausdrücken sollte, ohne ihren eigenen Lebensstil ändern zu müssen, was ihr im Traum nicht einfallen würde. Er sprach sehr wenig von seinen Eltern, aber sein Schweigen sagte mir weit mehr als alles, was er mit Worten hätte preisgeben können.
    «Daddy und ich sind wieder ein bißchen Wasserski gefahren. Es war sehr schön. Großmutter fliegt nächsten Monat nach New York. Könnte ich in den Osterferien wiederkommen?»
    «Schatz, du hast hier ein Zimmer, das immer auf dich wartet. Oder möchtest du vielleicht noch mehr - eine Hypothek?» Wir lachten. «Beinahe hättest du Ben noch gesehen. Er hat einen Brief und ein Buch für dich dagelassen. Er will in den Osterferien auch kommen. Und Em ist natürlich da. Nächstesmal werden wir alle vollzählig sein.»
    Emily kam in ihrem rosa Flausch-Fliegeranzug herein, den sie mir gestern abend stolz vorgeführt hatte. Ich freute mich, daß sie für Adam hübsch sein wollte. Letztes Jahr war sie sich kaum mit dem Kamm durch die Haare gefahren, als er kam, und hatte ihn einfach mit nach draußen geschleppt, um auf Bubbles und Bramble, seinem Pony, zu reiten, das jetzt die Wintermonate bei ihm zu Haus verbrachte.
    Sie umarmte ihn, und obgleich er über ihre Begeisterung lachte, erwiderte er die Umarmung. Früher war es ihm schwergefallen, Gefühlsregungen zu zeigen, aber hier bei uns, wo fortwährend Emotionen an die Oberfläche sprudelten, konnte er sich gehenlassen. Ich mag Leute, die einander spontan in die Arme nehmen. Es ist viel netter als höfliche Begrüßungsküsse. Umarmungen halten nichts zurück; Küsse sind oft sorgsam abgestuft.
    Über Frankreich, Flüge und Essen redend, brachten die beiden sein Gepäck nach oben. Ich ging zum Telefon und rief Hosanna an.
    Sie nahm erst nach dem zehnten Klingeln ab und brabbelte etwas, das ich nicht verstand. Besorgt fragte ich: «Was ist los? Du klingst betrunken.»
    «Harry.»
    «Nein, du. Ich erkenne es am Lispeln.» Sie hatte einen winzigen Sprachfehler, den sie hemmungslos übertrieb, wenn sie down war.
    «Ich meine, es ist Harrys Schuld.»
    «Was?»
    «Alles. Angefangen beim Herd bis zur Landwirtschaftspolitik der EG. Dieser Mann bringt nur Unglück; jedesmal, wenn er in der Nähe ist, geht irgendwas schief.»
    «Eine Meile von hier wohnt jemand, der unseren Offiziersmantel anhat», sagte ich. Es bedurfte einer Schocktherapie, und ich hatte das Gefühl, es sei angebracht, nicht nur Triumphe zu teilen, sondern auch Katastrophen. Ich war heute morgen einfach nicht für eine lange Tirade gegen Harry gewappnet. Sie vergaß nun auch zu lispeln.
    «Wer?!» Ich meinte zu sehen, wie sie alle Muskeln anspannte.
    «Ich weiß nicht, wie er heißt. Seine Frau trödelt Topfpflanzen, Korsetts und Partyfummel.» Ich verschwieg die antike Bluse. Man soll nicht alle Triumphe teilen, und sie würde sowieso über den fehlenden Ärmel lachen. Die Befriedigung gönnte ich ihr nicht. Von nun an würde ich natürlich bei allen künftigen Veranstaltungen auf Ärmel achten. Es ist gut, wenn man im Leben mehr als ein Ziel hat.
    «Wir müssen uns sehen», sagte Hosanna eifrig, in ihrem normalen Ton. «Komm um zwölf auf einen Drink.»
    «Es geht nicht», sagte ich. «Du weißt doch, was hier los ist. Kannst du nicht kommen?»
    «Harry ist mit dem Auto weg. Aber vielleicht nimmt Ralph mich mit, wenn er die Bestellung bringt.» Dabei beließen wir es, aber ich war keineswegs sicher, ob unsere wöchentliche Bestellung kommen würde, denn Ralph hatte fast nie Zeit, weil der Dorfladen bis auf einen halben Tag in der Woche durchgehend geöffnet war.
    Ich legte auf und trat ans Fenster. Es wurde wieder kalt. Kälter denn je. Der Himmel war wie Blei. Ich nahm die Morgenzeitung und setzte mich, ein zusammengelegtes Frotteetuch als Kissen benutzend, an den Ofen und las Lynda Lee Potter.
    Kurz nach elf hörte ich Phyllis. Sie gab die sonderbarsten Laute von sich, die ich jemals gehört hatte, ein unheimlich ersticktes Winseln. Zuerst dachte ich, es sei eine neue Popgruppe im Radio, dann ließ ich alles fallen und stürzte nach oben. Sie saß auf dem fetzenübersäten Boden und heulte gedämpft.
    Ich ging zu ihr und legte beide Arme um sie. Sie starrte mich mißvergnügt an, steckte dann ihre große Nase in die

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