In glücklichen Umständen
sagte sie, «aber im Laden haben sie gesagt, Sie würden Sue-Ellen vielleicht nehmen.»
«Kommen Sie rein», sagte ich. «Draußen ist es zu kalt.» Es hatte wieder angefangen, ziemlich stark zu schneien. Wir standen zusammen auf der Diele. Ich wollte ihr nichts Besseres bieten, weil ich die Erfahrung gemacht habe, daß viele Leute dann zu lange bleiben. «Ich will ganz aufrichtig sein», sagte sie mit einem nervösen Lachen. «Ich will durchbrennen. Aber ich kann Sue-Ellen nicht mitnehmen, weil wir nach Frankreich wollen. Doch ich kann sie auf keinen Fall zu Haus lassen, weil sie ekelhaft zu ihr sein würden und ihr nicht ihre Erdnüsse geben.» Sie holte eine große Tüte hervor und stellte sie auf den Boden.
«Ich werd’s nicht vergessen», versprach ich. Ich sah mich schon als Patin ihres Erstgeborenen. «Ich werde tun, was ich kann, um Ihnen zu helfen.» Ging mein Hang zur Romantik so weit, daß ich Beihilfe leisten würde?
«Sehr freundlich», murmelte sie. «Wir sind schrecklich verliebt, aber unsere Familien machen solche Schwierigkeiten. Sind absolut dagegen. Sagen dauernd, wir werden es bereuen. Wir werden es nie bereuen!» Ich nickte verständnisvoll. Ich erinnerte mich, wie es mit achtzehn gewesen war. Ich hatte mich seitdem nicht sehr verändert.
«Es ist nur für eine Woche, vielleicht etwas mehr.»
«Sehr gut.»
«Und sie braucht doch nicht in einen Zwinger, oder?»
«Wir haben drinnen jede Menge Platz, und wenn sie will, kann sie sogar in meinem Zimmer schlafen.» Ich konnte nicht großzügig genug sein. Diese jungen Dinger, die ganze Welt gegen sie, nur ich, um ihnen beizustehen.
Sie wandte sich zur Tür. Dann streckte sie die Hand aus. «Ich heiße Milly, und es ist fabelhaft, daß Sie genauso denken wie ich. Die anderen sind alle dagegen.»
«Mein liebes Kind», sagte ich mit meiner Beraterstimme. «Wenn ihr euch liebt und wenn ihr sicher seid, ist das genug. Liebe ist das einzige, was zählt, nicht Alter, Klasse oder Farbe. Liebe wird alle Probleme überwinden, alle Einwände der anderen, all die Feindseligkeit und die Mißverständnisse. Ihr könnt einander dabei helfen, und ich bin sicher, wenn ihr zurückkommt, werden sie euch mit offenen Armen empfangen und zugeben, daß sie unrecht hatten.» Ich hätte beinahe einen Segen und «Gott sei mit euch, meine Kinder» hinzugefügt.
Ich bin froh, daß ich es nicht tat, denn sie sagte nun: «Sie sind die einzige, die es so sieht. Ich wünschte, Sie könnten mal mit seiner Frau reden.»
Nachdem Rosie sie kurz angeknurrt und Treacle sie freundlich begrüßt und beschnuppert hatte, saß die neueste Verlassene trübsinnig beim Spülbecken und sah aus wie die typische erzürnte Ehefrau. Ich holte den Ingwerwein und gab ihnen allen ein wenig. Dann ging ich nach oben und stellte fest, daß wir bei elf angelangt waren.
* 12 *
Da Dreizehn eine Unglückszahl war, wälzte Phyllis sich auf den kleinsten Welpen, und ein weiterer starb in der Nacht. Ich schmuggelte sie in leeren Kakaodosen hinaus und begrub sie unter der Hecke am Feld. Der Boden war sehr hart, und das Spatenblatt drohte sich vom Stiel zu lösen, und ich w ar nicht sicher, wen ich beweinte, Phyllis oder die Welpen oder mich selbst, denn ich wollte zu Bett gehen und dort schluchzen, wenn ich schon schluchzen mußte. Ich hievte einen großen, hartgefrorenen Holzblock auf das Grab und blieb einen Moment stehen, um das faszinierendste Schauspiel zu genießen, an das ich mich erinnern kann. Die Sonne ging auf, und der östliche Horizont stand wie in Flammen, und Eis und Schnee gaben sich minutenlang geschlagen. Ich sah den Stausee blitzen, konnte aber keine festen Formen und Umrisse erkennen, nur verschwimmende Silhouetten und Diamanten. Auf der Schnellstraße glänzten gutmütige Scheinwerferpaare wie die Augen der Rehe, die ich einmal um Mitternacht zu den Wasserstellen in Exmoor herunterkommen sah.
Emily war in Tränen ausgebrochen, als sie den ersten toten Welpen gefunden hatte. Phyllis war natürlich vollkommen ungerührt. Adam sah verlegen drein, da der Tod etwas unanständig Persönliches war. Ich tröstete Emily, aber sie schien sich in ihrer leichten Hysterie zu gefallen, so daß ich Adam ein leichtes Blinzeln und Emily ein lautes Schluchzen schenkte, und daraufhin vergaß sie sofort ihren eigenen Kummer, um meinen zu lindern. Wenn nichts anderes hilft, braucht man Menschen nur zu zeigen, daß man selbst genauso betroffen ist.
Die Bestattung war ein bißchen improvisiert, aber
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