Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In goldenen Ketten

In goldenen Ketten

Titel: In goldenen Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
nicht, daß der Rockefeller-Witz allmählich einen Bart hat, Mr.
Fliege?«
    »Vielleicht haben Sie recht,
Mr. Holman .« Er blieb bewegungslos sitzen, wie eine
groteske Parodie auf das Leben — ein Monolith, unter dessen steinerner
Oberfläche menschliches Blut floß.
    »Erzählen Sie ihm das, was Sie
von mir gehört haben«, sagte ich. »Über Carmen, die nach einem Trip zuviel im Privatsanatorium liegt, und die den Wunsch habe,
daß er sie wenigstens einmal besuche.«
    »Das ist alles?« Die hohle
Stimme klang leicht überrascht. »Rick«, sagte Jackie eindringlich, »meinen Sie
nicht—«
    »Es hat keinen Zweck«, sagte
ich scharf. »Mitford wird entweder kommen oder nicht kommen. Eine lange,
deprimierende Geschichte über die Qualen, die Carmen ausgestanden hat, wird
seinen Entschluß so oder so nicht beeinflussen.«
    »Vermutlich haben Sie recht.«
Ihre rauchblauen Augen betrachteten mich verblüfft. »Ich hoffe es jedenfalls«,
fügte sie leise hinzu.
    Louey schob seinen Stuhl zurück und
stand auf. »Spätestens in einer halben Stunde bin ich zurück«, sagte er.
    »Was wir brauchen«, sagte Charley -Pferdchen ein paar Sekunden später, »ist noch ein
Drink.«
    »Damit wir leichter auf die
hundert Dollar warten können, die soeben aus Ihrem Leben verschwunden sind«,
sagte ich.
    »Sind Sie verrückt, Holman ? Louey würde um nichts auf
der Welt uns, seine beiden besten Freunde, hereinlegen.«
    »Er wollte sowieso nicht auf
die Sache eingehen«, sagte ich. »Er hat das starke Empfinden, daß mit mir was
nicht in Ordnung ist, und damit hat er auch recht. Aber es war keineswegs seine
Intuition, die ihm das verraten hat — er wußte bereits etwas, das ihr beide
nicht wißt .«
    »Er ist stark, sehr stark.« Chipmunk zwitscherte so schnell, daß ich Mühe hatte, ihn zu
verstehen. »Es ist gelegentlich gut, wenn man ihn bei sich hat, wo Muskeln
gebraucht werden. Aber er hat kein Herz im Leib, keine Gefühle, keine Wärme,
kein Mitleid, gar nichts.« Er blickte auf Charley ,
und Tränen quollen ihm aus den Augenwinkeln. »Und das ist der Strolch, den du
mit unseren hundert Dollar abdampfen ließest?«
    »Ihr habt keine Zeit zu weinen«,
sagte ich. » Louey ist mit eurem Geld verschwunden,
und wir können hier auf ihn warten, bis die Sonne aufgeht, ohne daß er
zurückkommt.«
    »Wie kommt es, daß Sie ihn mit unseren hundert Dollar
weggehen ließen, wenn Sie das doch die ganze Zeit über gewußt haben?« schrie
mich Charley -Pferdchen beinahe an.
    » Louey bedeutet Ärger, und wer braucht das schon?« Ich zuckte leicht die Schultern.
»So, wie die Sache lag, hättet ihr zu dritt teilen müssen und vielleicht eine
Münze in die Luft geworfen, um auszulosen, wer den übrigen Dollar kriegt. Nun
seid ihr nur noch zu zweit, und da läßt sich sauber und ordentlich genau in der
Mitte teilen, nicht?«
    »Ich höre«, zwitscherte Chipmunk mit leicht schluchzender Stimme, »aber ich kann es
nicht glauben.«
    »Wir vier gehen zusammen von
hier weg«, sagte ich. »Ihr bringt mich zu Mitford. Sobald ich sein Gesicht
gesehen habe, kriegt ihr die hundert.«
    »Weißt du was?« Charley -Pferdchen blickte auf seinen verbliebenen Partner
und lachte hysterisch, »vielleicht heißt er wirklich Rockefeller.«
    Als wir die Kellerbar verlassen
hatten, ließ ich die beiden vor uns hergehen, so daß sie sich ihren Weg
zwischen den umgekippten Mülltonnen und dem unbeschreiblichen Abfall, der auf
den Hintergassen herumlag, bahnen konnten.
    Jackie schob ihren Arm durch
den meinen und preßte meinen Ellbogen fest gegen die elastische Rundung ihrer
linken Brust. Es war eine dieser impulsiven Gesten, bei denen Mädchen, die
ordentlich Holz vor der Hütte haben, gar nicht impulsiv genug sein können.
    »Einen Augenblick lang haben
Sie mich völlig durcheinandergebracht«, sagte sie leise. »Genau besehen, bin
ich nach wie vor verwirrt.«
    » Louey hat mich, oder uns beide, von Anfang an durchschaut«, sagte ich. »Und er war
entschlossen, daß niemand uns verraten sollte, wo sich Mitford aufhält.«
    »Warum?« fragte sie.
    »Das ist eine gute Frage, und
ich wollte, ich wüßte eine vernünftige Antwort darauf«, gestand ich. »Das
einzige, was mir einfällt, ist, daß dies ihm Gelegenheit verschaffte, sich aus
der Bar zu verdrücken; hoffentlich ist es mir gelungen, ihm weiszumachen, daß
ich beglückt so lange herumsäße, bis er wiederkommt.«
    »Was mir gerade einfällt—«,
sagte sie mit erschreckter Stimme. »Bis wir schließlich dahin

Weitere Kostenlose Bücher